Nach der Geiselnahme am Hamburger Flughafen werden die Sicherheitsvorkehrungen am Airport verstärkt - auch bundesweit sollen die Standards überprüft werden. Hamburgs Staatsrat Thomas Schuster zufolge hat die Innenministerkonferenz den Bund nach dem Vorfall aufgefordert, bundeseinheitliche Regelungen zu prüfen, mit denen ein Eindringen auf Flughafengelände künftig verhindert werden könne, und eine Anpassung der Rechtslage erbeten.
In Hamburg sollen etwa massive Falttore und hydraulisch versenkbare Poller an den Zu- und Ausfahrten ein unberechtigtes Eindringen auf das Flugfeld verhindern, sagte Flughafenchef Michael Eggenschwiler bei einer gemeinsamen Anhörung des Innen- und Wirtschaftsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft. Notfalltore würden mit Betonpollern verstärkt, die mit Stahlseilen verbunden würden.
Der Flughafen hatte zuvor über neue bauliche Sicherheitsvorkehrungen an den Zufahrten als Sofortmaßnahmen informiert. Dazu zählen Betonbarrieren und mobile Rammschutzanlagen, wie eine Flughafensprecherin erklärte. Einige Ausfahrten seien auch verlegt worden. Diese Maßnahmen sollen in den kommenden Wochen durch dauerhafte Verstärkungen abgelöst werden.
Am 4. November hatte ein 35-Jähriger mit einem Mietwagen eine aus drei Schranken bestehende Absperrung durchbrochen und war auf das Flugfeld gerast. Im Auto saß auch seine vierjährige Tochter. Laut Matthias Tresp, Chef der Hamburger Schutzpolizei, gab der Mann drei Schüsse aus einer Pistole ab, warf zwei Brandsätze und drohte mit einer Bombe, die sich als Attrappe herausstellte. „Jede Zugriffsoption wird schwierig, wenn man von Bomben spricht“, sagte er.
Der Täter habe dann über Handy „sehr viel und sehr offen“ mit der Polizei kommuniziert. „Unser oberstes Ziel war es, die Lage durch permanente Verhandlungen zu beruhigen“, schilderte der Einsatzführer die Situation. Nach 19-stündigen Verhandlungen sei das Konzept aufgegangen. „Um 14.30 Uhr konnten wir ihn endlich dazu bringen, dass er mit seiner Tochter ausgestiegen ist.“ Der Mann wollte vorher die gemeinsame Ausreise mit seiner entführten Tochter in die Türkei erzwingen. Seit der Tat sitzt er in Untersuchungshaft.
Der Flughafen sei „gesetzlich verpflichtet, sich gegen unberechtigtes Eindringen zu schützen“, sagte Staatsrat Andreas Rieckhof aus der für den Flughafen zuständigen Wirtschaftsbehörde. Die Einhaltung werde durch die Nationale Qualitätskontrollstelle überwacht - zuletzt „genau vier Wochen vor dem erfolgten Durchbruch“. „Obwohl die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten worden sind, vollumfänglich, war es trotzdem möglich.“ Durch die Tat sei deutlich geworden, dass die Sicherheitsstandards immer wieder neu bewertet werden müssten, sagte Flughafenchef Eggenschwiler.
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