Auf den ersten Blick hat Brock Purdy im Quarterback-Duell mit Patrick Mahomes im Super Bowl keine Chance. Für den 24 Jahre alten Spielmacher der San Francisco 49ers ist es der erste Auftritt im wichtigsten Football-Spiel der Welt, er hat zudem noch keine zwei volle Spielzeiten in der NFL hinter sich. Mahomes dagegen steht nicht nur im vierten Super Bowl seiner Karriere, sondern hat die Vince-Lombardy-Trophy auch schon zwei Mal gewonnen. Der 28-Jährige ist zudem das Gesicht der Liga und hat bereits mehrfach nachgewiesen, dass er auch in den größten Momenten dem Druck standhalten und abliefern kann.
„Er ist der Katalysator, er ist der Grund, dass wir zurückkommen und er gibt dem Team eine Ruhe und Gewissheit, dass wir gewinnen können und das bedeutet sehr viel“, sagte Chiefs-Profi Travis Kelce zuletzt über Mahomes.
Und dennoch gehen die San Francisco 49ers in der deutschen Nacht zu Montag (0.30 Uhr MEZ/RTL und DAZN) als leichter Favorit in den Super Bowl LVIII - wie in jedem anderen Spiel der bisherigen Saison auch. „Das ist ein Team, über das in den vergangenen Jahren eigentlich zu wenig berichtet wurde, wie konstant gut die 49ers sind“, sagte der deutsche NFL-Profi Jakob Johnson der Deutschen Presse-Agentur. Die Chiefs als Titelverteidiger, mit Mahomes und Taylor-Swift-Partner Kelce bekommen über die USA hinaus viel Aufmerksamkeit.
Dabei haben die 49ers den stärkeren Kader. Auch Johnson, der für die Las Vegas Raiders spielt, glaubt an einen Sieg der 49ers im Allegiant Stadium am südlichen Ende des legendären Strips. „Weil sie einfach eine starke, erfahrene Defense haben“, meint der Stuttgarter. Dazu kämen „Playmaker in der Offense und offensive Spielzüge, die du bei sonst keiner anderen Mannschaft siehst“.
Es wirkt, als wollten die zahlreichen NFL-Experten noch immer nicht so richtig akzeptieren, dass jemand an letzter Stelle des Drafts ausgewählt werden kann, deswegen den Titel „Mr. Irrelevant“ („Herr Unwichtig“) bekommt und nun als Stammkraft im Super Bowl spielt. Purdy muss sich teilweise absurde Kritik gefallen lassen - obwohl er in seiner ersten kompletten NFL-Saison ablieferte. Nach überstandener schwerer Ellenbogen-Verletzung hatte er die beste Bewertung aller Quarterbacks und mit 9,6 Yards je Versuch ebenfalls den Spitzenplatz. Seine 4280 Yards durch Pässe sind zudem 49ers-Rekord.
Im Gegensatz zu Mahomes schaffte er es auch in die Top 5 bei der Wahl zum wertvollsten Spieler der Saison. Dennoch wird Purdy unterschwellig unterstellt, sein Team sei nicht wegen, sondern trotz ihm so gut. Dabei drängt sich Purdy einfach nicht unnötig in den Mittelpunkt, trifft überwiegend gute Entscheidungen und sorgt dafür, dass das Offensiv-System der 49ers wunderbar zur Entfaltung kommt - und seine extrem talentierten Mitspieler ihre Stärken ausspielen können.
Ebenfalls in den Top 5 bei der Wahl zum wertvollsten Spieler der Saison ist McCaffrey einer der Unterschiedsspieler im durchweg stark besetzten Kader der 49ers. Auch er hat seine erste komplette Saison für San Francisco hinter sich und dabei gezeigt, wieso ihn Abwehrspieler in der Liga so fürchten. McCaffrey ist auf dem Papier ein Runningback und trägt den Ball durch die Verteidigungsreihen - genauso gut kann er aber auch als Passempfänger für Gefahr sorgen. In seinen 31 Spielen in der Startaufstellung seit dem Wechsel von den Carolina Panthers kommt er auf 38 Touchdowns für die 49ers.
George Kittle oder Travis Kelce - seit fünf Jahren, seit Kittle sein Debüt gab, war immer einer der beiden die Nummer eins in den wichtigsten Statistik-Kategorien der NFL und der andere landete auf Rang zwei. Kittle blockt, wenn er soll, fängt Bälle, wenn sie zu ihm geworfen werden, und ist für die 49ers insgesamt einer der wichtigsten Profis. Seine positive Art hat auch für die Stimmung in der Kabine enormen Wert.
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