War Mord in Bad Windsheim an dreifacher Mutter angekündigt? | FLZ.de

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Veröffentlicht am 25.11.2022 09:21

War Mord in Bad Windsheim an dreifacher Mutter angekündigt?

Als die Polizei am 28. November 2021 eintraf, versammelten sich schnell Angehörige und Freunde von Opfer und Täter vor dem Wohnhaus in Bad Windsheim.  (Foto: Bastian Lauer)
Als die Polizei am 28. November 2021 eintraf, versammelten sich schnell Angehörige und Freunde von Opfer und Täter vor dem Wohnhaus in Bad Windsheim. (Foto: Bastian Lauer)
Als die Polizei am 28. November 2021 eintraf, versammelten sich schnell Angehörige und Freunde von Opfer und Täter vor dem Wohnhaus in Bad Windsheim. (Foto: Bastian Lauer)

Am 28. November 2021 starb eine dreifache Mutter durch die Hand ihres Ex-Mannes. Die Tat hatte nach der Einschätzung mehrerer Zeuginnen eine lange Vorgeschichte mit Drohungen, Schlägen und sexueller Gewalt. „Sie hatte Angst, dass er sie umbringt“, berichtete eine ihrer engsten Freundinnen am Donnerstagnachmittag vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

„Ich habe ihr gesagt: Wenn du nicht gehst, tragen sie dich irgendwann tot hier raus“, so die Zeugin. „Da haben Sie leider Recht behalten“, sagte Richter Markus Bader, der Vorsitzende der 5. Strafkammer.

Sie muss über eine Anklage entscheiden, in der die Staatsanwaltschaft einem 43-jährigen Mann aus Bad Windsheim geplanten Mord vorwirft. Dieser erklärte dagegen, die Tötung seiner Ex-Frau sei keine Absicht gewesen, sondern durch den tragischen Verlauf eines Handgemenges nach einem Streit passiert.

Totschlag statt Mord bedeutet mildere Strafe

Dies wäre juristisch nicht als Mord, sondern als Totschlag zu werten, was eine mildere Strafe nach sich ziehen würde. Neben dem rechtsmedizinischen Gutachten zum Tatablauf spielt die Vorgeschichte deshalb eine wichtige Rolle.

Ihre Freundin habe keine Chance gesehen, ihren Ex-Mann, mit dem sie nach einer Scheidung und Trennungsphasen wieder zusammenlebte, zu verlassen, sagte die Zeugin. „Er hat ihr gesagt, dass er sie finden wird, egal wohin sie geht. Sie wollte ihre Kinder schützen. Die Kinder waren das einzige, was ihr wichtig war.“

Die dreifache Mutter habe nicht nur Angst um ihr eigenes Leben gehabt, sondern auch, dass ihr Ex-Mann einem der drei Söhne etwas antut, so die Zeugin. Den ältesten Sohn hatte sie mit in die Ehe gebracht. Nach der Hochzeit hatte sie mit ihrem Mann einen zweiten, wenige Monate vor der Tat einen dritten Sohn bekommen. Für die Kinder habe sie ein langes Martyrium in Kauf genommen, sagte die Zeugin.

Zeugin: „Hochschwanger die Treppe hinabgestoßen“

Hochschwanger habe sie der Angeklagte absichtlich eine Treppe hinabgestoßen. Er habe vermutet, das Kind sei nicht von ihm. Er habe sie regelmäßig geschlagen, ihre Freundin habe ihr mehrfach blaue Flecken davon gezeigt. Ihr sei klar gewesen, dass sie keine Chance hatte wegzugehen. Sie habe ihr nicht wörtlich, aber „durch die Blume“ gesagt, dass sie mit ihrer Ermordung rechnen müsse, wenn sie sich den Wünschen des Mannes nicht füge.

Eine andere Freundin berichtete, dass die dreifache Mutter vom Angeklagten wenige Tage nach der Geburt des dritten Kindes zum Sex genötigt worden sein soll. Sie habe weinend vergeblich darum gebeten, dass er von ihr ablasse. Der Angeklagte habe ihre Freundin nach deren Angaben regelmäßig an den Füßen aus dem Bett gezogen und sexuell genötigt.

Damit dies nicht noch öfter passiere, habe sie nach ihren Angaben versucht, dass der kleinste Sohn mit im Schlafzimmer sei. „Sie hat die Kinder als Schutzschilder für sich gesehen.“ Das gewalttätige Wesen des Angeklagten sei im Kreis der Freundinnen von den Erzählungen der später Getöteten bekannt gewesen. „Wir haben alle gewusst, dass Gefahr von ihm ausgeht. Ich habe ihr geraten, einen Selbstverteidigungskurs zu machen“, sagte die Zeugin.

Drohung: „Dann schlitze ich deine Kehle auf“

Sie sei auch selbst einmal bei einer zufälligen Begegnung mit dem Mann im Bad Windsheimer Stadtzentrum Opfer seiner Drohungen geworden. „Du kannst froh sein, dass die Kinder dabei sind, sonst würde ich dir jetzt die Fresse einschlagen“, habe der Mann zu ihr gesagt.

Eine dritte Zeugin berichtete am Nachmittag von einem Streit des Paars, bei dem sie dabei war. Wenn die Frau ihr Verhalten nicht ändere, habe der Angeklagte zur Mutter seines Kinder wörtlich gesagt, „dann schlitze ich deine Kehle auf“. Dabei sei er mit der Hand quer über seine Kehle gefahren, um seine Drohung zu untermauern.

Der Bruder des Angeklagten hatte am Mittwochnachmittag die Aussage verweigert, was für enge Verwandte möglich ist. Was er von dem Angeklagten hält, machte er beim Verlassen des Gerichtssaals deutlich. „Du Schuft! Du Zuhälter!“, schrie er seinen Bruder auf Türkisch an. Seine Worte wurden auf Bitten von Richter Markus Bader von der Dolmetscherin übersetzt.

Der Prozess wird am Mittwoch, 30. November, um 9 Uhr fortgesetzt. Dann soll der psychiatrische Sachverständige Dr. Dieter Härtl (Ansbach) sein Gutachten erstatten. Seine Einschätzung der psychischen Verfassung des Angeklagten wird ebenso mit Spannung erwartet wie am Donnerstag, 1. Dezember, die Analyse des Rechtsmediziners Professor Dr. Peter Betz (Erlangen).


Von Manfred Blendinger
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