Trainer Nuri Sahin, Sportdirektor Sebastian Kehl und der halbe Betreuerstab: Sie alle bildeten nach dem turbulenten letzten Spiel des Jahres in der Fußball-Bundesliga eine große Jubeltraube. Durch einen 3:1 (3:0)-Sieg beim VfL Wolfsburg hat Borussia Dortmund die befürchtete Weihnachtskrise auf beeindruckende Weise verhindert.
„Schmeckt sehr gut“, sagte BVB-Torschütze Maximilian Beier bei DAZN zum ersten Dortmunder Auswärtssieg dieser Bundesliga-Saison vor 28.917 Zuschauern in der ausverkauften Volkswagen Arena. „Wir haben sehr gut den Ball laufen lassen, waren sehr effizient vor dem Tor - und das hat gereicht in der ersten Halbzeit“, meinte Beier.
Viel Frust herrschte dagegen beim VfL. „Innerhalb von fünf Minuten das Spiel aus der Hand gegeben“, klagte Maximilian Arnold. „Wir waren irgendwie in der ersten Halbzeit überhaupt nicht drin im Spiel, offensiv wie defensiv viel zu langsam agiert.“ Wie „im falschen Film“ habe man sich zur Pause gefühlt gegen effektive Dortmunder.
Statt auf Platz elf abzurutschen und die schlechteste Halbjahresbilanz seit dem Abschied von Jürgen Klopp vor zehn Jahren zu beklagen, geht der BVB nun als Tabellensechster in die dreiwöchige Winterpause. Der Rückstand auf einen Champions-League-Platz beträgt nur zwei Punkte.
Donyell Malen (25. Minute), Beier (28.) und Julian Brandt (30.) schossen in der ersten Halbzeit drei Tore binnen fünf Minuten für Sahins Team. Nach dem 1:3 durch Denis Vavro (58.) und einer Roten Karte für Pascal Groß (62.) drohte das Spiel in der zweiten Halbzeit noch einmal zu kippen.
BVB-Trainer Sahin hatte auf die Sieglos-Serie im Dezember schon vor dem Anpfiff sehr forsch reagiert. Am Freitag wurde seine emotionale Kabinenansprache nach dem enttäuschenden 1:1 gegen 1899 Hoffenheim publik („Seid ihr Gewinner-Typen?“). Am Sonntagabend setzte er auf eine bedingungslos offensive Ausrichtung mit zwei Stürmern (Beier, Guirassy), drei offensiven Mittelfeldspielern (Malen, Brandt, Gittens) und nur einer Absicherung (Felix Nmecha) dahinter.
Dass VfL-Trainer Ralph Hasenhüttl gleichzeitig von seinem Erfolgssystem der vergangenen Wochen abrückte und deutlich vorsichtiger agieren ließ, war ein Signal an beide Teams: Dortmund spielte sehr mutig und dominant, Wolfsburg dagegen gehemmt.
Schon in der zweiten Minute vergab Brandt die erste Großchance für die Gäste. Am Ende der ersten Halbzeit hatte der BVB bereits drei Tore geschossen und drei weitere Möglichkeiten versiebt, ehe der VfL überhaupt zu seiner ersten Torchance kam: Dortmunds Torwart Gregor Kobel parierte einen Kopfball von Mattias Svanberg aus kurzer Distanz (35.).
Hasenhüttl wechselte zur Pause zwei neue Stürmer ein und gab dem Abend damit noch eine familiäre Note. Denn nun spielte der Wolfsburger Lukas Nmecha gegen seinen Bruder Felix, der 2023 für 30 Millionen Euro vom Volkswagen-Club zur Borussia gegangen war.
Der lange verletzte Stürmer vergab in der 48. Minute auch gleich die erste Chance, den VfL wieder heranzubringen. Völlig freistehend scheiterte Nmecha an Kobel.
Später holte der 26-Jährige auch noch die Rote Karte für Groß heraus, als er den Dortmunder Nationalspieler zu einer Notbremse zwang. Der folgende Freistoß durch Vavro war kurz nach dem Anschlusstreffer durch den Slowaken die große Chance zum 2:3 (65.).
Wolfsburg hatte nun seinerseits vier Angreifer auf dem Platz und war dadurch in der zweiten Halbzeit drückend überlegen. Für den BVB sprach aber, dass die knapp halbstündige Unterzahl eher die Sinne schärfte als Verunsicherung schuf. Brandt (65.) und Guirassy (69.) vergaben sogar noch gute Konterchancen zu einem vierten Tor.
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