Sie sollen Anleger mit der Aussicht auf hohe Renditen gelockt haben, in den Anbau von medizinischen Cannabis-Pflanzen zu investieren, und boten über virtuelle Gewächshäuser die Beteiligung an. Tatsächlich handelte es sich nach Überzeugung der Berliner Staatsanwaltschaft jedoch um ein groß angelegtes „Schneeballsystem“, mit dem bewusst auch Kleinanleger angesprochen werden sollten.
Abgewickelt worden sein sollen die Geschäfte über eine Internetplattform. Die Ermittler gehen davon aus, dass rund 186.500 Anleger insgesamt etwa 645 Millionen Euro zahlten, davon etwa 190 Millionen in Kryptowährungen. Mit Durchsuchungen und Festnahmen in Deutschland sowie Polen, Lettland und Estland sind die Fahnder gegen die Verantwortlichen vorgegangen, wie die Staatsanwaltschaft gemeinsam mit der Polizei mitteilte.
Dabei wurde laut Staatsanwaltschaft ein 60-Jähriger in Berlin als mutmaßlicher Drahtzieher festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Er gilt als Chef eines Unternehmens, das dem Firmengeflecht angehören soll, wie es hieß. Ein weiterer Beschuldigter im Alter von 55 Jahren wurde demnach in Baden-Württemberg verhaftet. Laut Staatsanwaltschaft hatte er als Geschäftsführer und Gesellschaft des Unternehmens als einziger Zugriff auf die Konten. Es seien Vermögenswerte von etwa 500.000 Euro sichergestellt und zahlreiche Unterlagen sowie Datenträger beschlagnahmt worden.
Gegen die Hauptverantwortlichen der Internetplattform, über die die Geschäfte abgewickelt worden sein sollen, wird wegen des Verdachts des banden- und gewerbsmäßigen Betruges ermittelt, wie es hieß. Sie solle von Russland aus agiert haben. Gegen weitere Beschuldigte komme auch der Vorwurf der Geldwäsche in Betracht.
Dem Einsatz gingen nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft umfangreiche Ermittlungen voraus. Das Landeskriminalamt in der Hauptstadt habe bereits im August 2022 zahlreiche Unterlagen ausgewertet. Zunächst waren 12 mutmaßliche Beteiligte im Visier der Ermittler, inzwischen seien es 31, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Anfangs hätten 230 Anzeigen von mutmaßlichen Geschädigten vorgelegen, inzwischen seien es allein in Berlin mehr als 3000.
Nach den Ermittlungen sei davon auszugehen, dass es in mehr als 35 Ländern Geschädigte geben könnte. Um ein grenzüberschreitendes Vorgehen zu ermöglichen, sei eine länderübergreifende Ermittlungsgruppe gegründet worden.
Aus Sicht von Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) hat sich die Zusammenarbeit ausgezahlt. „Straftäter machen selten an Ländergrenzen halt. Dies gilt erst Recht im Zeitalter der Digitalisierung. Deshalb bedarf es auch auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden einer länderübergreifenden Vernetzung und Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität“, sagte Badenberg.
An der Aktion waren nach Behördenangaben allein 264 deutsche Beamte im Einsatz. Dazu gehörten auch spezialisierte Krypto- sowie Finanz- und Wirtschaftsermittler, zwei auf die Suche von Geld beziehungsweise Daten abgerichtete Hunde und IT-Forensiker der Bundespolizei sowie Beamte von Europol und Eurojust.
Durchsucht wurden nach den Angaben 17 Wohnungen in Deutschland, Polen, Lettland und Estland. Berlin bildete bei den Aktionen in Deutschland mit 10 Adressen den Schwerpunkt. Weitere Durchsuchungen gab es in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen.
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