An den Weihnachtsfeiertagen gibt es in vielen Familien und Beziehungen Streit, andere fühlen sich in dieser Zeit besonders einsam: Die Anonymen Alkoholiker (AA) sowie die Angehörigengruppe Al-Anon wollen über Weihnachten, Silvester und Neujahr bundesweit mit Zusatzveranstaltungen eine Anlaufstelle sein - von Regensburg über Karlsruhe bis Berlin.
Gerade für Menschen mit Alkoholproblemen seien diese Tage eine besondere Herausforderung, sagte in München Philipp von den Anonymen Alkoholikern. In der Gruppe könnten sie „gemeinsam nüchtern bleiben“.
Betroffene sollen zu Weihnachten wissen, sie könnten in Konfliktsituationen „auf alle Fälle abhauen von zu Hause“, ergänzte Thomas. „Keiner muss alleine sein, es gibt einen Plan B.“
In den regionalen AA-Gruppen sowie auf der Homepage könnten Interessierte demnach erfahren, wann Treffen angeboten werden, sagte AA-Vorsitzender Jürgen Höß. In München sei das zum Beispiel an Heiligabend von 19.00 bis 23.00 Uhr, an den beiden Weihnachtsfeiertagen von 11.00 bis 23.00 Uhr sowie an Silvester von 19.00 bis 02.30 Uhr. An den Treffen kann zum Teil auch online teilgenommen werden.
Die Treffen sollen Halt geben und Austausch bieten in einer Zeit, in der die gewohnte Alltagsstruktur durch die Feiertage unterbrochen ist und vielen Menschen vielleicht der Austausch mit Kollegen oder Angehörigen fehlt.
Christoph Hiendl, Mediziner und Professor für Gesundheitswissenschaften in Augsburg, unterstrich die Bedeutung der Selbsthilfegruppe als wichtig und wertvoll. In der Gesellschaft werde das jedoch oft unterschätzt. An den Feiertagen fehle vielen Menschen die tägliche Routine und gesellschaftliche Erwartungen sorgten für Druck. „Das kann sehr schnell eskalieren.“
Thomas berichtete aus seiner Kindheit, in der Familienweihnachten immer „mit Saufen verbunden“ gewesen sei. Im Laufe der Jahre sei für ihn an den Feiertagen aus Spaßtrinkerei Frusttrinkerei geworden. Die Anonymen Alkoholiker hätten ihm geholfen.
Der ebenfalls trockene Alkoholiker Totti erzählte, dass er als 14-Jähriger seinen ersten Vollrausch gehabt habe, weil er „das Leben scheiße fand“. Weihnachten habe früher wütend und aggressiv gemacht. Heute freue er sich auf die Feiertage mit der Familie und könne auch „diese Weihnachtslieder erdulden“, sagte Totti. Seiner Frau sei er dankbar, dass sie bei ihm geblieben sei. Heute könne er sagen: „Das Leben ist schön.“
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