Nach Berichten über die Verlegung von zahlreichen politischen Gefangenen in Russland fehlt nun nach Angaben von Anwälten auch der Kontakt zu dem bekanntesten inhaftierten Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa. Sein Rechtsbeistand sei schon den zweiten Tag nicht zu dem Politiker in einem Krankenhaus in der sibirischen Stadt Omsk vorgelassen worden, teilte der Anwalt Wadim Prochorow bei Facebook mit. Kara-Mursas Aufenthaltsort sei nicht bekannt.
Prochorow kritisierte, dass das sogar nach geltendem russischem Gesetz ein klarer Rechtsbruch sei. Zugleich verwies er darauf, dass ein Sonderflugzeug der staatlichen Regierungslinie Rossija des Typs Tu-214 am Nachmittag aus Omsk abgeflogen sei - mit Zielort Moskau. Es sei unklar, ob Kara-Mursa an Bord sei. Der 42-Jährige, der gesundheitlich schwer angeschlagen ist nach Giftattacken, war zu 25 Jahren Haft verurteilt worden.
Seit Tagen mehren sich Spekulation über einen möglichen Gefangenenaustausch einer Vielzahl von Inhaftierten, darunter mehrere Kremlgegner. Russland will unter anderem den in Deutschland inhaftierten sogenannten Tiergarten-Mörder freipressen.
Kara-Mursa sollte eigentlich an diesem Donnerstag zu einer Gerichtsverhandlung in einem Rechtsstreit mit der Gefängnisverwaltung zugeschaltet werden, sagte Prochorow. Das Gericht habe aber mitgeteilt, dass wohl kaum mit seiner Anwesenheit zu rechnen sein werde. Eine Verlegung hätten sie aber nicht bestätigt.
Alle Inhaftierten sind Gegner des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und erhielten langjährige Strafen. Der Westen hatte die Urteile als Justizwillkür kritisiert und die Freilassung der Gefangenen gefordert.
Kremlchef Wladimir Putin, der in der Kritik steht, politische Gefangene als Geiseln zu nutzen, um Russen aus westlichen Gefängnissen freizupressen, hatte zuletzt wiederholt die Bereitschaft zu einem Austausch erklärt. Die USA wollen etwa die Freilassung ihrer wegen Spionage verurteilten Bürger Paul Whelan und Evan Gershkovich, der Journalist vom „Wall Street Journal“, erreichen.
Putin hat besonders großes Interesse an dem in Deutschland inhaftierten Russen Wadim K., der wegen eines Mordes an einem Exil-Tschetschenen im Kleinen Tiergarten in Berlin verurteilt worden war. K. soll die Tat im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt haben.
In Belarus hob Machthaber Alexander Lukaschenko am Dienstag die Todesstrafe gegen den Deutschen Rico K. aufgehoben. Zuvor hatte es Spekulationen gegeben, dass der Deutsche gegen den „Tiergarten-Mörder“ ausgetauscht werden könnte.
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