Im autoritär geführten Aserbaidschan ist Amtsinhaber Ilham Aliyev erwartungsgemäß als haushoher Sieger der vorgezogenen Präsidentenwahl präsentiert worden. Aserbaidschanische Staatsmedien veröffentlichten nach Schließung der mehr als 6500 Wahllokale im Land angebliche Wahltagsbefragungen, denen zufolge auf Aliyev zwischen 92,4 und 93,9 Prozent der Stimmen entfallen sein sollen.
Die Abstimmung vom Mittwoch, an der sich laut Wahlkommission knapp 77 Prozent der Wahlberechtigten beteiligten, sichert Aliyev weitere sieben Jahre an der Spitze der ölreichen Südkaukasus-Republik am Kaspischen Meer. Kritischen Beobachtern zufolge war der Urnengang angesichts von starken Repressionen allerdings weder frei noch fair.
So wurde etwa kritisiert, dass der 62 Jahre alte Aliyev, der das Präsidentenamt im Jahr 2003 von seinem Vater Heydar Aliyev übernommen hatte, bei dieser Abstimmung keinen ernstzunehmenden Konkurrenten hatte. Alle sechs Gegenkandidaten galten nicht nur von vornherein als komplett chancenlos, sondern unterstützen Aliyev sogar öffentlich.
Aus Protest boykottierten die beiden wichtigsten Oppositionsparteien die Wahl, zu der mehr als sechs Millionen Menschen aufgerufen waren und die Aliyev nun weitere sieben Jahre an der Spitze des Landes sichert. Menschenrechtler kritisierten zudem, dass in den vergangenen Monaten zahlreiche unabhängige Journalisten und ein bekannter Oppositionspolitiker festgenommen worden waren.
Aliyev hatte die Wahl, die eigentlich erst für 2025 geplant war, für viele überraschend vorgezogen. Offiziell begründete er den Schritt damit, dass der Präsident nach der Eroberung der Konfliktregion Berg-Karabach im vergangenen Herbst eine neue Legitimierung brauche. Politische Beobachter gehen jedoch eher davon aus, dass der autoritäre Präsident mit dem Karabach-Triumph im Rücken jetzt vor allem schnell seine Macht absichern wolle, bevor die Unzufriedenheit in der Gesellschaft über Probleme wie die hohe soziale Ungleichheit und grassierende Korruption weiter zunehmen.
Berg-Karabach liegt zwar auf aserbaidschanischem Staatsgebiet, wurde aber bis vor einigen Monaten mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnt. Jahrzehntelang war Karabach zwischen den beiden benachbarten Ex-Sowjetrepubliken umkämpft. Durch die Angriffe der aserbaidschanischen Armee flohen mehr als 100.000 Karabach-Armenier. Armenien warf Aserbaidschan Vertreibung und „ethnische Säuberung“ vor.
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