Mick Schumacher schiebt die Sorgen beiseite. Nach seinem Totalschaden von Monte Carlo lässt sich der Formel-1-Jungstar auch von der Aussicht auf die nächste Raserei durch enge Stadtmauern nicht bange machen.
„Baku wird sich im Vergleich zu Monaco groß anfühlen, das ist sicher“, sagte der Haas-Pilot vor dem Grand Prix in Aserbaidschan am Sonntag (13.00 Uhr/Sky). Doch der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher wird nach einer Unfallserie von wachsender Kritik und Zweifeln begleitet. In den Häuserschluchten von Baku darf er sich nicht noch einen Patzer erlauben.
Teamchef Günther Steiner warnte mit Blick auf das nur eine Woche später angesetzte Kanada-Gastspiel: „Das wird noch schwieriger, wenn es irgendwelche Schäden am Auto gibt. Also hoffen wir, dass in Baku nichts kaputt geht.“ Vor allem Mick Schumacher darf das als klare Dienstanweisung verstehen. In Saudi-Arabien und Monaco zerstörte er sein Auto jeweils komplett. Hinzu kamen Unfälle in Bahrain und Miami.
Weit mehr als eine Million Euro kosteten die Missgeschicke des 23-Jährigen sein Team in diesem Jahr bereits, rechneten Fachmagazine aus. Neue Chassis, neue Getriebeteile, viele Arbeitsstunden - das tut besonders dem klammen Haas-Rennstall weh. Im schlimmsten Fall bleibt weniger Geld für die technische Weiterentwicklung der Autos übrig. „Mick muss lernen, dass solche Fehler nicht passieren dürfen, gar keine Frage“, schrieb Onkel Ralf Schumacher in seiner Sky-Kolumne.
Neben Williams-Fahrer Nicholas Latifi ist Mick Schumacher der einzige Pilot, der in diesem Jahr noch punktlos ist. Das schmerzt umso mehr, weil sein neuer Teamgefährte Kevin Magnussen bereits 15 Zähler erobert hat. „In der Formel 1 gibt es kein Verstecken. Es zählen nur Ergebnisse. Auch Mick weiß das ganz genau“, sagte Teamchef Steiner dem Fachportal „motorsport.com“.
Das Lehrjahr 2021 im damals hoffnungslos unterlegenen Auto ist für Schumacher definitiv vorbei, jetzt fährt er mehr denn je auf Bewährung. „Mit unserem Auto sind wir in einer guten Position für Baku“, sagte Schumacher. Vor allem die lange Zielgerade am Kaspischen Meer sollte dem starken Ferrari-Motor liegen. Knifflig wird es in den knallengen Passagen der Altstadt, bislang oft ein Unfall-Schwerpunkt.
Schumacher hat an den Baku City Circuit gemischte Erinnerungen. Im Hauptrennen der Formel 2 schied er 2019 nach einem Dreher aus. Im Vorjahr kollidierte er kurz vor Schluss fast bei Vollgas mit seinem ungestümen Teamgefährten Nikita Masepin.
Nichts wünscht sich Schumacher diesmal mehr als ein problemfreies Wochenende, um die Kritiker verstummen zu lassen. So mancher Experte unkte bereits, weitere Patzer könnten Schumacher vorzeitig den Job bei Haas kosten. „Grundsätzlich halte ich das für unmöglich, und ich glaube auch nicht, dass das angedacht wird“, sagte Ralf Schumacher.
Die kritischen Aussagen von Teamchef Steiner seien „überflüssig“ gewesen, weil sie „einfach zu viel Interpretationsspielraum“ ließen. Neffe Mick sei in seiner Karriere stets an seinen Aufgaben gewachsen. „Da mache ich mir gar keine Gedanken“, sagte Ralf Schumacher.
Ähnlich sieht es Landsmann Sebastian Vettel. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass Mick mehr kann, als er gerade zeigt“, beteuerte der viermalige Weltmeister - und nahm die medialen Beobachter in die Pflicht: „Ich finde, Ihr müsst ihn mal ein bisschen in Ruhe lassen.“
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