Israel hat der islamistischen Hamas einem Medienbericht zufolge eine Woche Zeit gegeben, um einem Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zuzustimmen. Andernfalls werde man zur angekündigten Militäroffensive auf die Stadt Rafah übergehen, berichtete das „Wall Street Journal“ am späten Freitagabend unter Berufung auf ägyptische Beamte, die mit der Angelegenheit vertraut seien. Die indirekten Verhandlungen über eine Freilassung von Geiseln und eine Waffenruhe sollen an diesem Wochenende in Kairo weitergeführt werden, hieß es. Die Hamas bestätigte am Freitagabend, dass ihre Delegation am Samstag eintreffen werde. Aus Hamas-Kreisen hieß es, es gebe zwar noch Punkte zu besprechen und klarzustellen, aber die Antwort werde „positiv“ ausfallen.
Laut „Wall Street Journal“ hatte Ägypten gemeinsam mit Israel einen überarbeiteten Vorschlag für eine Waffenruhe ausgearbeitet, den es der Hamas am vergangenen Wochenende vorgelegt habe. Von der im Exil lebenden politischen Führung der Hamas sei erwartet worden, dass sie sich mit ihrem militärischen Flügel im Gazastreifen unter Führung von Jihia al-Sinwar berät und darauf reagiert. Doch Sinwar, von dem vermutet wird, dass er sich in Tunneln unter dem Küstengebiet versteckt hält und die endgültigen Entscheidungen trifft, habe nicht geantwortet, hieß es. Daraufhin hätten ägyptische Beamte der Hamas am Donnerstag die Botschaft aus Israel überbracht. Israel hatte einen raschen Beginn der Offensive in Rafah im Süden Gazas angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen.
Ein Opfer des Hamas-Massakers wurde Monate nach dem Überfall tot auf israelischem Gebiet gefunden. Dies teilten die israelischen Streitkräfte mit. Der Mann sei bei dem aus dem Gazastreifen heraus geführten Terrorangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober des Vorjahres ermordet worden, hieß es in der Mitteilung. Da seine Leiche erst jetzt gefunden wurde, war man bislang davon ausgegangen, dass ihn die Terroristen als Geisel in den Gazastreifen verschleppt hatten.
Die Armee habe die Angehörigen des Opfers verständigt. Die Identifizierung der sterblichen Überreste sei durch ausführliche gerichtsmedizinische Untersuchungen erfolgt. Das Forum der Geiselangehörigen teilte am Freitag mit, dass der Mann als Sicherheitsmitarbeiter für das Nova-Musikfestival tätig war, das nahe an der Grenze zum Gazastreifen stattgefunden hatte. In dieser Funktion habe er zahlreiche Festivalgäste vor den Terroristen der Hamas und anderer extremistischer palästinensischer Gruppen gerettet, ehe er selbst ermordet wurde.
Die Huthi-Miliz im Jemen kündigte eine Ausweitung ihrer Angriffe auf Handelsschiffe im Mittelmeer an. Ein Sprecher der Gruppe sagte vor Anhängern in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, ab sofort sollten auch Schiffe angegriffen werden, die im Mittelmeer unterwegs zu israelischen Häfen seien. Die Huthi verfügen nach Einschätzung von Experten über Raketen mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern und könnten ihre Drohung somit theoretisch wahr machen.
Die mit dem Iran und der Hisbollah im Libanon verbündete Huthi-Miliz greift seit Monaten Handelsschiffe an, die an seiner Küste im Roten Meer und dem Arabischen Meer sowie dem weiteren Indischen Ozean vorbeifahren. Der Jemen liegt an einer der wichtigsten Handelsrouten weltweit, die Europa mit Asien verbindet. Auch an dem iranischen Angriff auf Israel mit Raketen und Drohnen Mitte April sollen sich die Huthi beteiligt haben. Der Angriff wurde jedoch weitgehend von Israel und seinen Verbündeten abgewehrt.
Die Huthi wollen nach eigenen Angaben ein Ende der israelischen Militäroperation im Gazastreifen erzwingen. Für den Fall einer Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Küstenstreifens kündigte der Huthi-Sprecher an, die Angriffe auf alle Schiffe auszuweiten, deren Betreiber mit Israel Geschäftskontakte unterhielten. Bisher wurden Schiffe ins Visier genommen, die von oder nach Israel unterwegs waren oder israelischen, britischen oder US-amerikanischen Unternehmen gehören.
Die israelische Regierung hat bei der Industriestaatenorganisation OECD eine Beschwerde gegen Ankara eingereicht, nachdem die Türkei den Handel mit Israel wegen des Krieges im Gazastreifen vorübergehend eingestellt hatte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sei ein „antisemitischer Diktator“, der mit dem Handelsboykott gegen internationales Seerecht verstoße und globale Lieferketten unterbreche, schrieb der israelische Wirtschaftsminister Nir Barkat auf der Plattform X, vormals Twitter. „Wir erwarten, dass die OECD wegen der wahnhaften Entscheidung Erdogans, die der gesamten europäischen Wirtschaft schadet, gegen die Türkei vorgeht“, fügte er hinzu.
Die Türkei hat wegen der israelischen Angriffe im Gazastreifen die Aus- und die Einfuhr aller Produkte mit Bezug zu Israel ausgesetzt. Der Handelsboykott bleibe so lange aufrecht, bis die israelische Regierung den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe nach Gaza erlaube, hatte es in Ankara geheißen. Erdogan hatte den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen wiederholt scharf kritisiert und Israel „Völkermord“ an den Palästinensern vorgeworfen.
Eine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg hänge nun von den beiden Hardlinern Netanjahu und Jihia al-Sinwar ab - letzterer ist der Anführer der Hamas in Gaza. Beider Zukunft stehe in diesem Krieg auf dem Spiel und ihr Kalkül lasse wenig Spielraum für einen Kompromiss, schrieb das „Wall Street Journal“.
Netanjahu, gegen den seit Längerem ein Korruptionsprozess läuft, ist für sein politisches Überleben auf seine rechtsextremen Koalitionspartner angewiesen. Diese hatten jüngst mit einem Ende der Regierung gedroht, sollte der auf dem Tisch liegende Geisel-Deal umgesetzt und ein Einsatz in Rafah abgeblasen werden. Selbst wenn die Hamas ein Abkommen bedingungslos akzeptieren würde, sei denn auch nicht klar, ob Israel dem zustimmen werde, schrieb dazu die „Times of Israel“.
Sinwar wiederum glaube, dass er auch einen Angriff auf Rafah überleben könne, zitierte das „Wall Street Journal“ arabische Unterhändler, die mit ihm verhandelten. Der Hamas-Anführer wird in den Tunneln der Hamas unterhalb des Gazastreifens vermutet. Arabischen Vermittlern zufolge sei Sinwar der Auffassung, dass er den Krieg mit Israel bereits gewonnen habe, unabhängig davon, ob er ihn überlebt oder nicht.
Denn er habe das Leiden der Palästinenser und den Konflikt mit Israel ins Zentrum der Weltöffentlichkeit gerückt. Sinwars Ziel sei es, die Freilassung von Hunderten, wenn nicht Tausenden von palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen im Austausch gegen Geiseln im Gazastreifen zu erreichen und ein Abkommen zu schließen, das den Krieg beendet und das Überleben der Hamas sichert.
In Bezug auf das aktuelle Verhandlungsangebot verlange Sinwar ein garantiertes Ende des Kriegs, sagte eine dem Hamas-Anführer nahestehende Quelle dem israelischen Fernsehsender Channel 12. Israel lehnt dies bislang ab. Sinwar will den Angaben zufolge eine schriftliche Verpflichtung für ein „bedingungsloses Ende der Kämpfe“.
Er fordere außerdem, dass den palästinensischen Häftlingen, die Israel im Austausch für israelische Geiseln aus Gefängnissen entlassen müsste, nicht die Rückkehr ins Westjordanland verwehrt werde. Israel will diejenigen, die lebenslange Haftstrafen absitzen, laut dem jüngsten Entwurf für einen Deal in den Gazastreifen oder ins Ausland schicken.
Weiterhin verlangt Sinwar demnach nähere Informationen zu Materialien, die Israel für den Wiederaufbau nicht in das abgeriegelte Küstengebiet liefern lassen will. Der Sender Channel 12 mutmaßt, das Sinwar somit sicherstellen wolle, dass die Hamas ihre Tunnel wiederaufbauen kann.
Der 1962 im Gazastreifen geborene Sinwar gehört zur Gründergeneration der Hamas. Er war in den Anfangsjahren der islamistischen Bewegung für den Kampf gegen mutmaßliche Kollaborateure mit Israel in den eigenen Reihen zuständig und am Aufbau des militärischen Hamas-Arms beteiligt. Wegen Mordes unter anderem an zwei israelischen Soldaten verbrachte Sinwar mehr als zwei Jahrzehnte in israelischer Haft. Diese Zeit nutzte er, um Hebräisch zu lernen und den Feind zu studieren. 2011 kam er frei - als einer von mehr als 1000 palästinensischen Häftlingen im Gegenzug für den israelischen Soldaten Gilad Schalit.
In Mitteilungen, die der militärische Flügel der Hamas an die arabischen Vermittler weitergeleitet habe, habe Sinwar angedeutet, dass die Zeit auf seiner Seite sei, schrieb das „Wall Street Journal“ weiter. Denn der internationale Druck auf Israel nehme zu, je länger er warte. Sinwars Terrororganisation hatte gestern mitgeteilt, noch einmal eine Delegation nach Ägypten zu schicken, um die indirekten Verhandlungen über einen Geisel-Deal fortzusetzen.
Dem staatsnahen ägyptischen Fernsehsender Al-Kahira News zufolge soll eine Hamas-Delegation innerhalb der nächsten zwei Tage in der Hauptstadt Kairo eintreffen. Die ägyptischen Vermittler versuchten nun mit US-Unterstützung, die Uneinigkeiten zwischen Israel und der Hamas zu überwinden, berichtete der TV-Sender Channel 12.
Die israelische Regierung hat einen raschen Beginn der Offensive in Rafah angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen. Verbündete wie die USA haben Israel wiederholt vor einem großangelegten Angriff auf Rafah gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge aufhalten.
Die Stadt ganz im Süden Gazas gilt nach rund sieben Monaten Krieg als einzige in dem Küstengebiet, die noch vergleichsweise intakt ist. Der örtliche Direktor der UN-Entwicklungsagentur UNDP sprach von den schwersten Zerstörungen einer Region seit dem Zweiten Weltkrieg. Auslöser des Krieges war das Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübten.
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