In den weltweit hohen Schäden wegen Naturkatastrophen sieht der Rückversicherer Munich Re gute Geschäftschancen. „Es gibt erhebliche Versicherungslücken“, sagte Vorstandschef Joachim Wenning bei der Vorstellung der Jahresbilanz in München.
Das Dax-Unternehmen beobachte eine steigende Nachfrage aufgrund der wachsenden Unsicherheit - nicht zuletzt wegen des Klimawandels. „Die Versicherung von Naturkatastrophen ist eines unserer profitabelsten Geschäfte, und hier gilt es meines Erachtens, die Kapazität jetzt zu sehen, um die Margen zu ernten“, sagte Wenning.
Naturkatastrophen sind für Versicherer ein zweischneidiges Schwert. In Jahren mit besonders vielen oder schweren Stürmen, Erdbeben und anderen Naturereignissen fallen sehr hohe Kosten an, die die Gewinne einbrechen lassen. Davon will sich Wenning nicht schrecken lassen: „Was ich besonders hervorheben möchte, sind die Chancen, die das Naturkatastrophengeschäft bietet.“
Auch das vergangene Jahr war in dieser Hinsicht teuer: Am tiefsten musste die Munich Re im abgelaufenen Jahr für die Zerstörungen durch Hurrikan „Ida“ und die verheerende Flutkatastrophe in Europa in die Tasche greifen. Die Belastungen summierten sich auf rund 1,7 Milliarden Euro.
Die Kunden der Munich Re in diesem Bereich sind andere Versicherungen, die ihrerseits unkalkulierbare Risiken vermeiden wollen. Die weltweiten Schäden durch Naturkatastrophen nehmen seit Jahrzehnten zu, allerdings nicht linear von Jahr zu Jahr. Deswegen wird Versicherungsschutz gegen Naturkatastrophen teurer, die Preise ziehen nach Wennings Worten in diesem Jahr an.
Das gilt in noch weit höherem Maße für offenbar rasant steigende Preise für die Versicherung gegen eine menschengemachte Gefahr: Cyberkriminalität. Die Beitragseinnahmen der Munich Re in diesem Geschäft sind 2021 um 70 Prozent gewachsen - von 855 Millionen auf knapp 1,5 Milliarden Dollar. „Der Prämienanstieg resultiert überwiegend aus Ratenerhöhungen, was gut ist“, sagte Wenning.
Da die Schäden durch Hackerangriffe Jahr um Jahr stark zunehmen, haben sich manche Versicherer wegen vieler teurer Schadenfälle aus dem Geschäft bereits wieder zurückgezogen. „Das Kapazitätsangebot auf dem Markt ist zurückgegangen, unseres nicht“, sagte Wenning.
Die Corona-Pandemie zählt weder als Naturkatastrophe noch als von Menschen verursacht, ist für die Munich Re aber ebenfalls kostspielig: Die vielen coronabedingten Sterbefälle in den USA und mehreren anderen Ländern kosteten den Konzern 785 Millionen Euro und fast viermal so viel wie ursprünglich erwartet.
Quasi nicht betroffen ist der Konzern dagegen vom Ukraine-Konflikt: „Wir sind direkt in der Ukraine mit Versicherungsrisiken nur sehr geringfügig vertreten, Sie können sagen, vernachlässigbar“, sagte Wenning. „Das gilt im Übrigen auch für Russland.“
Um die Risiken auszugleichen, will der Konzern in den nächsten Jahren auch die Geschäftsfelder ausbauen, deren Entwicklung mit weniger Unwägbarkeiten verbunden ist. Dazu zählt insbesondere die Erstversicherungstochter Ergo mit ihrem starken Lebensversicherungsgeschäft.
Ungeachtet der hohen Belastungen durch Naturkatastrophen und Corona-Pandemie übertraf die Munich Re 2021 ihr Ziel um gut 100 Millionen Euro und erwirtschaftete am einen Nettogewinn von gut 2,9 Milliarden Euro. Für 2022 peilt der Konzern eine weitere Gewinnsteigerung auf 3,3 Milliarden Euro.
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