In den Spannungen um Taiwan hat Chinas Regierung scharf gegen einen Transitaufenthalt der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA protestiert. Außenamtssprecherin Mao Ning sagte am Donnerstag vor der Presse in Peking, China lehne „jeden Besuch eines Führers der Region Taiwan in den USA“ und jede offizielle Interaktion zwischen den USA und Taiwan entschieden ab. Taiwans Präsidentin war am Vortag auf dem Weg zu diplomatischen Verbündeten in Mittelamerika zu einem Zwischenstopp in New York eingetroffen und hatte zum Auftakt die demokratische Partnerschaft mit den USA bekräftigt.
Chinas Außenamtssprecherin beklagte, die Behörden beider Seiten hätten Vorbereitungen für Tsai getroffen, sich in den USA politisch zu betätigen. Auch stellten sie den Zwischenstopp als Aufwertung des offiziellen Austausches und der Beziehungen zwischen den USA und Taiwan dar. Damit verstießen sie ernsthaft gegen den „Ein-China-Grundsatz“ und frühere Vereinbarungen mit China. Taiwan stehe im Zentrum der Kerninteressen Chinas und sei „die erste rote Linie“, die die USA nicht überschreiten dürften.
Der Kommunikationsdirektors des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, betonte in Washington, solche Transitreisen seien keine offiziellen Besuche, sondern privat. Seit ihrem Amtsantritt 2016 sei Präsidentin Tsai bereits sechsmal durch die USA gereist - habe jedes Mal auch Mitglieder des Kongresses und andere Offizielle getroffen. Auch andere Präsidenten Taiwans seien derart durch die USA gereist. Die Volksrepublik solle den Transit nicht als Vorwand benutzen, „um aggressive Aktivitäten in der Taiwanstraße zu verstärken“. Die USA und China hätten Differenzen über Taiwan, die aber schon mehr als 40 Jahre bewältigt worden seien, hob Kirby hervor.
Peking betrachtet das unabhängig regierte und demokratische Taiwan nur als Teil der Volksrepublik und bemüht sich, die 23 Millionen Einwohner zählende Insel international zu isolieren. Erst am Sonntag hatte Honduras die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan zugunsten Pekings abgebrochen. Tsai will Guatemala und Belize besuchen, zwei der weltweit 13 Staaten, die Taiwan offiziell anerkennen. Auf der Rückreise will die taiwanische Präsidentin auch noch einen Zwischenstopp in Los Angeles einlegen.
Aus Sicht von Präsidentin Tsai fußt die gute Zusammenarbeit zwischen der demokratischen Inselrepublik und den USA auf gemeinsamen Werten und Interessen. Vor dem Hintergrund der Drohungen aus China sagte Tsai in einer Rede vor mehr als 700 in den USA lebenden Taiwanern in New York, ihr Land habe seine Entschlossenheit demonstriert, sich selbst zu verteidigen und zu helfen, den Frieden in der Region zu schützen. Taiwan wolle weiter mit Partnern im demokratischen Lager zusammenarbeiten, „um entschieden auf dem Pfad der Demokratie und Freiheit voranzugehen“, zitierte Taiwans Nachrichtenagentur CNA.
Medienberichte, wonach Tsai in den USA mit Kevin McCarthy, dem neuen Sprecher des US-Repräsentantenhauses, zusammentreffen könnte, wurden von der taiwanischen Regierung bislang nicht bestätigt. Auf einen Besuch von dessen Vorgängerin Nancy Pelosi in Taiwan im August hatte die Volksrepublik mit großangelegten Militärmanövern reagiert. Am Donnerstag reist die Präsidentin nach Zentralamerika weiter. Taiwans Präsidentin war zuletzt 2019 - vor Beginn der Corona-Pandemie - in die Region gereist und hatte dabei auch einen Zwischenstopp in den USA eingelegt.
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