Bei der Kündigung diskret vorgehen: Darauf hat die Generation Z keine Lust mehr. Der Eindruck entsteht zumindest, wenn man sich auf Tiktok umschaut. Unter dem Stichwort „Quittok“ teilen junge Menschen Videos von sich während ihrer Kündigungsgespräche oder erzählen im Anschluss vom Gesprächsverlauf. Die Clips, vornehmlich aus den USA, haben zum Teil Millionen Aufrufe. Aber was haben Arbeitnehmer am Ende davon? Und ist das wirklich ein schlauer Schachzug?
Till Bender, Experte bei der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), kennt den gelegentlich auftretenden Drang von Beschäftigten, Gespräche mit dem Arbeitgeber aufzuzeichnen. Besonders dann, wenn sie allein zum Chef zitiert würden, kämen manche auf die Idee, die bestehende Unterlegenheit durch heimliche Handymitschnitte zu kompensieren, so Bender.
Er warnt aus rechtlicher Sicht aber dringend davor, heimlich Ton- oder Bildaufnahmen von anderen Menschen zu machen. Solche Handlungen können mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe belegt werden. „Nun wird natürlich nicht beim ersten Verstoß eine Haftstrafe fällig“, so Bender. Aber die Veröffentlichung in einem Massenmedium dürfte sich strafverschärfend auswirken, so dass mit einer empfindlichen Geldstrafe zu rechnen ist.
Auch arbeitsrechtliche Konsequenzen sind nicht ausgeschlossen. Denkbar ist zudem, dass der gegen seinen Willen aufgezeichnete Arbeitgeber Schadenersatz wegen Verstoßes gegen das Persönlichkeitsrecht geltend macht.
Letztendlich schadet man mit einer öffentlichkeitswirksamen Kündigung womöglich der eigenen Karriere: „Ein Kündigungsgespräch als Videocall mit der eigenen Führungskraft ohne dessen Wissen und Einverständnis zu veröffentlichen, dürfte auch bei potenziellen neuen Arbeitgebern zu einem Vertrauensverlust führen“, sagt Karriereberater Bernd Slaghuis. Nach dem Motto: „Was, wenn wir die nächsten sind, die öffentlich vorgeführt werden?“
Slaghuis zufolge können solche Clips zwar andere motivieren, auch ihre Kündigung auszusprechen. Er findet es wichtig, öffentlich auf Arbeitsbedingungen oder die Führungskultur bei Arbeitgebern aufmerksam zu machen. „Doch eine Kündigung sollte weder ein Trend auf der Jagd nach neuen Followern, noch mal eben so daher gesagt, sondern immer eine gut überlegte und persönliche Entscheidung sein.“
Hier unterscheiden sich der deutsche und der „US-amerikanische Hire-and-fire-Arbeitsmarkt“. Slaghuis sieht in Deutschland deutlich mehr Respekt vor dem großen Schritt der Eigenkündigung - „auch in der Generation Z“. Schließlich sei vielen von ihnen auch im Beruf Sicherheit, Halt und Beständigkeit wichtig.
Wer lediglich Details über die Kündigung im Internet oder in sozialen Netzwerken verbreitet - ohne aufgezeichnete Gespräche zu teilen - muss sich aus rechtlicher Sicht weniger Sorgen machen. „Hier hat der Arbeitgeber grundsätzlich wenig Möglichkeiten, den Arbeitnehmer daran zu hindern, der breiten Öffentlichkeit zu schildern, wie es zu einer Kündigung gekommen und was danach passiert ist“, sagt Till Bender.
Arbeitnehmer dürfen natürlich keine Unwahrheiten verbreiten oder den Arbeitgeber beleidigen. Das wäre ebenfalls strafbar. Und wer vertrauliche Informationen über ein Unternehmen preisgibt, handelt laut Bernd Slaghuis nicht nur unethisch, sondern muss ebenfalls mit rechtlichen Folgen rechnen.
Schließen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einer Kündigung in einem Rechtsstreit einen Vergleich, kann ein Arbeitgeber öffentliche Aussagen über die Kündigung ganz unterbinden - sofern die Vereinbarung einen Passus zum Stillschweigen über den Inhalt enthält.
Im Übrigen gilt: Eine wirksame Kündigung müssen Beschäftigte in Deutschland ohnehin schriftlich einreichen. Das gibt ihnen die Möglichkeit, das Kündigungsvorhaben länger zu überdenken. Slaghuis warnt, dass spontane Kündigungen ohne Plan zu „bedauernswerten Situationen“ führen können.
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