Die Rettungsschwimmer der DLRG haben im vergangenen Jahr besonders viele Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Mindestens 378 Menschen konnten sie allerdings nicht mehr helfen - sie ertranken.
2023 seien 870 Menschen aus dem Wasser gerettet worden - nach 836 ein Jahr zuvor, teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft mit Sitz im niedersächsischen Bad Nenndorf in Potsdam mit. Mehr Menschen wurden zuletzt 1983 vor dem Ertrinken bewahrt, damals waren es 1100.
„Wir haben deutlich mehr Menschen gerettet als es Ertrunkene gab“, sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Insgesamt retteten die Helfer sogar 1120 Menschen das Leben - einschließlich der Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Herzinfarkten am Strand oder auch abseits des Strandes. Ein Jahr zuvor waren es 1307.
Im Februar hatte die DLRG bekannt gegeben, dass im vergangenen Jahr 378 Menschen ertrunken waren - 2022 wurden noch 355 tödliche Badeunfälle gezählt. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft ist nach eigenen Angaben die größte Wasserrettungsorganisation der Welt - und die Nummer eins in der Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Die Lebensretter zählen über 607.000 Mitglieder. Knapp die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.
Die meisten Lebensrettungen gab es im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg - 185 Menschen wurde dort das Leben gerettet. Dahinter lag Schleswig-Holstein mit 146 Lebensrettungen vor Bayern (132) und Niedersachsen (125). Die meisten Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer wiederum waren in Nordrhein-Westfalen (9828) im Einsatz, gefolgt von Niedersachsen (9438) und Baden-Württemberg (8017).
Gefragt waren die Wasserretter in vielen schwierigen Lagen - sie kamen bundesweit auf rund 61.000 Hilfeleistungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. In weiteren knapp 4000 Fällen sicherten sie etwa gekenterte Segelboote oder halfen Tieren in Not. Im Einsatz waren die Lebensretter in mehr als 1200 Schwimmbädern und an über 1100 Freigewässern, darunter auch viele Strände an Nord- und Ostsee.
„Zur Wahrheit gehört aber auch, dass etliche Schwimmbäder über Personalmangel klagen, zahlreiche Gewässer weiter unbewacht sind und die Freiwilligen inzwischen weniger Zeit für ihr Ehrenamt aufbringen können“, mahnte Vogt.
Allein an den deutschen Küsten achteten zwischen Anfang Mai und Ende September 2023 rund 6000 DLRG-Rettungsschwimmer darauf, dass die Menschen sicher baden konnten. „Die Küste an sich ist sicher“, sagte Achim Wiese vom DLRG-Bundesverband. Bundesweit waren fast 49.000 Rettungsschwimmer im Einsatz - gut 15 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
„Auch für die anstehende Badesaison stehen die Vorzeichen gut“, betonte Vogt. Denn: Viele Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer wurden im vergangenen Jahr ausgebildet. Beim Rettungsschwimmabzeichen in Silber gab es demnach 45.525 erfolgreiche Prüfungen, 2022 waren es nur 43.304. Damit hätten so viele Menschen die für die Badeaufsicht erforderliche Qualifikation erworben wie seit zehn Jahren nicht, sagte Vogt. Ein langjähriges Hoch gab es auch bei den Kindern, die mit dem Abzeichen Juniorretter in die Ausbildung zum Rettungsschwimmer einstiegen - es waren im vergangenen Jahr 8459.
Für ihre Arbeit forderte die DLRG mehr Unterstützung: „Unsere Einsatzkräfte haben über den Jahreswechsel im Hochwassereinsatz wieder einmal gezeigt, dass auf sie in Katastrophenlagen Verlass ist“, sagte Vogt. „Ihr Wert wird seitens der öffentlichen Hand aber weiterhin nicht ausreichend anerkannt.“ Allein in Niedersachsen hätten sich landesweit mehr als 1500 Wasserretter der DLRG beteiligt, sie hätten Deiche an Aller, Leine und anderen Flüssen gesichert.
Der Verband hatte zuvor schon die ungleiche Behandlung von staatlichen und privaten Helfern beklagt: Demnach haben ehrenamtliche Kräfte von Hilfsorganisationen anders als Freiwillige von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk nicht immer den nötigen Versicherungsschutz und kein Recht auf Freistellung durch den Arbeitgeber.
Mehr Einsatz auf allen politischen Ebenen mahnte der Verband zudem beim Erhalt der Bäder in Deutschland an. Mindestens jede fünfte Grundschule könne mangels eines erreichbaren Schwimmbades keinen Schwimmunterricht anbieten, kritisierte Vogt. „Gut jedes zweite Bad ist sanierungsbedürftig. Da kann man sich leicht ausmalen, wie schnell das Problem noch größer werden kann“, sagte sie.
Die Mehrheit der Kinder dürfte denn auch am Ende der Grundschulzeit nicht sicher schwimmen können, urteilte die DLRG. Immerhin: In der Schwimmausbildung seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht mehr spürbar, im vergangenen Jahr hätten die Prüfer fast 95.000 Schwimmabzeichen abgenommen - 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
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