Der Blick auf den Medaillenspiegel stimmte die deutsche Olympia-Delegation zufrieden, eine große Schwäche konnte die Ausbeute aber nicht überdecken.
„Das Ergebnis ist gut für das Team D. Es hat sich gut präsentiert und wir haben für Begeisterung in Sportdeutschland gesorgt“, sagte Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig bei einer Bilanz-Pressekonferenz der Winterspiele in Peking zwar. Die Botschaft aus Sicht des Deutschen Olympischen Sportbundes: Die Wintersportnation Deutschland habe sich gut geschlagen, offenbarte in den vergangenen Wochen aber auch ein Dilemma. Denn nur zwei Sportverbände lieferten die Peking-Medaillen.
Im Medaillenspiegel liegt Deutschland nach Gold und Silber im Zweierbob der Frauen vor dem letzten Wettkampftag weiter auf Platz zwei hinter Norwegen. Insgesamt sammelte das deutsche Team bisher 24 Medaillen, die Zahl der 31 Edelplaketten bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang wird der DOSB in China aber nicht mehr erreichen. Deutlich übertroffen wurde jedoch die Ausbeute der Winterspiele 2014 von Sotschi, wo 19 Medaillen nur Platz sechs in der Bilanz bedeuteten.
Größten Anteil am deutschen Erfolg hatten in diesem Jahr die Rodler, Skeletonpiloten und Bobfahrer, die mehr als die Hälfte der deutschen Medaillen im Eiskanal von Yanqing holten. Alle weiteren Gold-, Silber- und Bronzemedaillen sind den Athleten des Deutschen Skiverbandes zu verdanken. „Sicherlich sind wir weniger breit aufgestellt als vor vier Jahren in Südkorea, wo sich fünf Verbände an der Medaillenbilanz beteiligen konnten“, sagte Schimmelpfennig.
Dem Vorstand Leistungssport im DOSB muss dieses Leistungsgefälle zwischen den Verbänden und ihren Sportarten Sorgen bereiten. Zumal die Spitzensportreform in Peking erstmals mehr Ertrag bringen sollte. Stattdessen zeigte sich, dass eine zu große Zahl von Sportarten nicht mehr zur Weltspitze zählt. Dazu gehören Curling, Shorttrack, Eiskunst- und Eisschnelllauf. Hinter den Erwartungen blieben die Eishockey-Herren mit Platz zehn (das Frauenteam hatte sich nicht qualifiziert) und die alpinen Skirennfahrer.
„Wir sollten kritisch in unser Spitzenkonzept schauen und es fortschreiben“, sagte Schimmelpfennig vage. Ohne die Kufen-Asse im Eiskanal und die Athleten in der Loipe, am Schießstand und auf der Schanze wären die Sorgen größer. Angeführt von Rekord-Olympiasiegerin Natalie Geisenberger im Rodeln, Bob-Ass Francesco Friedrich oder den Skeleton-Goldgewinnern Hannah Neise und Christopher Grotheer wurde im Eiskanal das beste Ergebnis seit der Wiedervereinigung eingefahren. „Diese Dominanz haben wir von den Athleten des Deutschen Bob- und Schlittenverbandes nicht erwartet“, sagte Schimmelpfennig.
Zu den Überraschungen zählten zudem die Olympiasiege von Biathletin Denise Herrmann, dem Nordischen Kombinierer Vinzenz Geiger und im Teamsprint der Langläuferinnen mit Katharina Hennig und Victoria Carl oder Bronze im Skicross durch Daniela Maier.
Zum Fazit dieser Spiele in einem Land, das unter anderem wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Uiguren und Tibetern in der Kritik steht, sagte Schimmelpfennig aber auch: „Dies waren funktionale Spiele.“ Und mit Blick auf die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie: „Viele Dinge haben gefehlt. Zuschauer, das Deutsche Haus oder mitreisende Familienangehörige.“
Deshalb freut sich der DOSB auch darauf, dass es bei den Winterspielen eine Zäsur geben wird und sie in die Alpen und nach Europa zurückehren: In vier Jahren wird Italien das Austragungsland sein. „Die Zukunft der Olympischen Spiele sieht hoffnungsfroh aus, weil die nächsten Spiele in demokratische Länder vergeben sind“, sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. Nämlich an Paris 2024, Mailand/Cortina d'Ampezzo 2026, Los Angeles 2028 und Brisbane 2032. Diese Reihe der Olympia-Städte würde der DOSB gerne mit einer Bewerbung ergänzen. „Es ist sicher realistisch, sich zu bewerben, aber wir müssen unsere Hausaufgaben machen“, sagte Weikert.
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