Vorhang auf für Moo Deng: Schon am frühen Morgen, noch bevor der Khao Kheow Open Zoo in der thailändischen Provinz Chonburi um 8.00 Uhr öffnet, drängeln sich Dutzende Fahrzeuge vor dem Eingang. Alle sind gekommen, um einen Blick auf ein zwei Monate altes pausbäckiges Zwergflusspferd zu erhaschen, das mit seinen Kulleraugen und seiner niedlichen Mimik zur Internet-Sensation geworden ist.
Das Hippo-Mädchen begeistert nicht nur Menschen in Asien und inzwischen auch anderen Teilen der Welt, sondern wohl besonders den Zoo: Seit Moo Deng am 10. Juli das Licht der Welt erblickte, haben sich die Besucherzahlen verdoppelt. Fotos, Videos und vor allem Memes mit den witzigsten Gesichtsausdrücken gehen seit Wochen viral.
Jede Bewegung des Zwerghippos wird von der verzückten Menge im Zoo mit einem Raunen begleitet, Kameras klicken, Smartphones werden in die Höhe gestreckt. Moo Deng hoppelt mit ihren kurzen Beinchen munter hinter Mutter Jona her, der sie nicht von der Seite weicht.
Als ihr Pfleger mit dem Futter kommt, geht der Spaß für die Besucher richtig los: Er bespritzt das Hippo-Kind mit Wasser und nimmt die niedliche Schnute in die Hände, was Moo Deng mit lustigen Grimassen beantwortet.
Dennoch bleibt das Gefühl, dass der Hype allen mehr Freude bereitet als dem Tierbaby selbst. Immer wieder scheint es sich unter dem massigen Körper der Mutter verstecken zu wollen. „Hippos gehören in die Wildnis, aber Moo Deng wird nie außerhalb eines Käfigs leben“, sagt Jason Baker, Vize-Präsident der Tierschutzorganisation Peta Asien. „Tiere sind nicht zu unserer Unterhaltung da.“ Ihre Zucht zur öffentlichen Zurschaustellung führe zu anhaltendem Leid.
Die Thais aber sind vernarrt in das pummelige Flusspferdchen. „Ich bin zum ersten Mal in diesem Zoo, dabei wohne ich nur zehn Minuten weg von hier“, erzählt eine etwa 40 Jahre alte Frau. „Aber für Moo Deng war es das wert, sie ist ja dermaßen süß!“ Mönche in safranfarbenen Roben lassen sich ebenso verzaubern wie Schulklassen. „Moo Deng! Moo Deng!“, rufen einige Schüler aufgeregt. Die Kleine ist ein tierisches It-Girl.
Nicht alle haben sich in den vergangenen Wochen vorbildlich verhalten: Manche Gäste hatten Gegenstände in das Gehege geworfen, um das schlafende Tierbaby aufzuwecken. Das gab Ärger. Mittlerweile wurden Sicherheitskameras installiert, während Besuchern juristische Folgen wegen Tierquälerei angedroht werden. Das zeigt offenbar Wirkung.
Zu sehen ist Moo Deng frühmorgens, danach darf sie sich ausruhen, bevor es am Nachmittag eine zweite Besucherrunde gibt. Ihr Name bedeutet so viel wie „hüpfendes Schwein“ und bezeichnet gleichzeitig ein bekanntes thailändisches Street-Food-Gericht: gerösteten Schweinebauch auf Reis mit einer dicken roten Sauce.
Rund 20.000 Facebook-User stimmten im August darüber ab, wie der drollige Neuzugang des Zoos heißen soll - und obwohl die kugelrunde und grau-rosa glänzende Moo Deng kein Schweinchen ist, scheint ihr der Name doch wie auf den Leib geschneidert.
Seit Wochen reisen Reporter und Kamerateams aus aller Welt an. Selbst das „Time“-Magazin hat Moo Deng eine Hommage gewidmet und bejubelt sie als „Ikone“ und „Legende“. Moo Deng sei zwar kein typischer A-Promi, „aber sie wird definitiv wie einer behandelt“, schreibt das US-Nachrichtenmagazin. Einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat das Tierkind auch schon.
Das 2.000 Hektar große Zoo-Gelände liegt etwa zwei Autostunden südöstlich von Bangkok und 35 Kilometer nördlich der Touristenhochburg Pattaya. An den Wochenenden wird es besonders voll: Zuletzt hatten 12.000 Moo-Deng-Fans den Tierpark an einem einzigen Tag überrannt, die Betreiber haben die Besuchszeit an solchen Tagen pro Person inzwischen auf fünf Minuten an Moo Dengs Gehege begrenzt.
Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Wochen, dass Nachwuchs der seltenen und nur in Westafrika in freier Wildbahn lebenden Zwergflusspferde (Choeropsis liberiensis) Euphorie auslöst: Kurz vor Moo Deng war die Anfang Juni im Berliner Zoo geborene Toni - benannt nach dem Berliner Fußballer Antonio „Toni“ Rüdiger - zum Star avanciert. Unvergessen in Berlin ist bis heute auch der Ende 2006 geborene und 2011 plötzlich gestorbene Eisbär-Junge Knut, der schnell zum internationalen Medienliebling wurde.
Die Deutsche Botschaft in Bangkok fragte sich in einem Facebook-Post schon, ob Toni und Moo Deng irgendwann Freundinnen werden könnten und fügte hinzu: „Obwohl es aufgrund der Gefangenschaft in Zoos unwahrscheinlich ist, dass sie sich treffen, könnten sie gemeinsame Verwandte in der Elfenbeinküste, Guinea, Liberia oder Sierra Leone haben - den letzten Ländern, in denen das gefährdete Zwergflusspferd noch in freier Wildbahn lebt.“ Eine kleine Gemeinsamkeit haben die beiden aber: Moo Dengs Papa heißt Tony.
Sogar der FC Bayern München ließ es sich nach dem 9:2-Sieg gegen Dinamo Zagreb in der Champions League nicht nehmen, Moo Dengs expressive Mimik auf X zu posten. „So haben wir gestern auch geschaut, Moo Deng!“, schreibt das Team dazu mit lachenden Smileys.
In Japan, Südkorea und China ist das zauberhafte Hippo-Mädchen ebenfalls schon längst eine Berühmtheit. In der Volksrepublik heißt sie Tan Tiao Zhu - Chinesisch für hüpfendes Schwein. Der Hashtag wurde auf der Social-Media-Plattform Xiaohongshu bereits rund 2,3 Millionen Mal geklickt.
Um die Nachfrage der Fans aus aller Welt zu befriedigen, soll bald ein 24-Stunden-Livestream in dem Gehege eingerichtet werden. Zudem sind bunte Moo-Deng-Souvenirs in Vorbereitung, darunter T-Shirts und Stofftiere. Die Einnahmen sollen in dringend nötige Arbeiten in dem Zoo mit seinen 3000 Tieren fließen.
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