Nach dem ersten Heimsieg seiner Karriere gönnte sich Pius Paschke eine kühle Belohnung. „Ich bin zwar ein schlechter Biertrinker, aber da gibt es schon eins mit Umdrehung“, sagte der derzeit beste Skispringer der Welt nach seinem Triumph in Titisee-Neustadt. Das erste Bierchen vom Samstag schien Paschke nicht geschadet zu haben.
Denn: Nach dem dominanten Sieg im Superteam am Freitag sowie dem klaren Sieg im Einzel am Samstag machte Paschke zum Abschluss des Wochenendes im Schwarzwald sein Sieg-Triple perfekt. Der 34-Jährige ist überragend auf Kurs in Richtung Vierschanzentournee.
Die Gesamtführung im Weltcup verteidigte Paschke mit Leichtigkeit. Nach dem kommenden Wochenende in Engelberg wird er auch beim Start der Tournee am 29. Dezember das Gelbe Trikot tragen. „Es ist so wenig Arbeit, wie ich es noch nie gehabt habe“, beschreibt Paschke. Bundestrainer Stefan Horngacher urteilt mit großer Zufriedenheit: „Wir freuen uns natürlich. Tolles Wochenende, dreimal gewonnen. Besser geht es nicht.“
Fünf Siege aus acht Einzelspringen, insgesamt siebenmal auf dem Podium: Konstanz war zwar schon immer eine Stärke des Bayers, allerdings noch nie auf diesem hohen Niveau. „Er ist ein sehr reflektierter Mensch, er musste sich sehr viel erarbeiten. Das war keine Karriere, die nur bergauf gegangen ist“, sagt Teamkollege Andreas Wellinger.
Gäbe es Paschke nicht, wäre der Olympiasieger selbst derzeit die deutsche Hoffnung. So wird auch sein vierter Platz vom Samstag beinahe zur Nebensache im Schatten von Tournee-Hoffnung Paschke, dem in diesem Winter alles zu gelingen scheint.
In der schwer erklärbaren Instinkt-Sportart, in der Weltklasse und Ausscheiden oft ganz eng beisammen liegen, zeigt Paschke derzeit Sprünge wie in früheren Jahren Skisprung-Ästhetiker wie Kamil Stoch oder Stefan Kraft - und zwar in Serie. „Momentan schwebt er einfach“, lobt der ehemalige Topspringer Severin Freund den Gesamtführenden. „Pius macht Pius-Dinge. Das ist gerade unerreicht und absolute Weltklasse.“
Die Träume vom ersten deutschen Tournee-Gesamtsieg seit Sven Hannawald 2002 sind groß wie selten in den vergangenen Jahren. Zwar gingen auch Richard Freitag im Dezember 2017 und Karl Geiger vier Jahre später schon mit dem Gelben Trikot in das Großereignis um den Jahreswechsel. Ihre Vorleistungen waren aber bei weitem nicht so wie die von Paschke, der derzeit Sieg an Sieg reiht. Chefcoach Horngacher gab dem Routinier „eine Eins mit Sternchen“.
Am kommenden Wochenende wartet Engelberg, wo Paschke vor knapp einem Jahr mit 33 seinen ersten Weltcup-Sieg im Einzel gefeiert hat. „Der Pius macht vorn den Weg frei und dann ist das auch für die anderen leichter“, beschreibt Cheftrainer Horngacher die Dynamik bei seinen Springern.
Selbst wenn Paschke in Engelberg erneut glänzt, dürfte über Weihnachten ein Stück Unsicherheit bleiben. Denn im Vorjahr erfolgte der sportliche Einbruch genau zwischen Engelberg und Oberstdorf. Auf zwei Podestplätze in der Schweiz folgten die Tournee-Ränge elf, zehn, 36 und acht. Von solchen Platzierungen ist Paschke in diesem Winter weit weg. „Es läuft einfach“, sagt der Bayer zufrieden.
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