Ex-007 Craig glänzt in Guadagninos Liebesdrama „Queer“ | FLZ.de

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Veröffentlicht am 02.01.2025 07:02

Ex-007 Craig glänzt in Guadagninos Liebesdrama „Queer“

Daniel Craig (l.) als Lee und Drew Starkey als Allerton in „Queer“. (Foto: Yannis Drakoulidis/MUBI/dpa)
Daniel Craig (l.) als Lee und Drew Starkey als Allerton in „Queer“. (Foto: Yannis Drakoulidis/MUBI/dpa)
Daniel Craig (l.) als Lee und Drew Starkey als Allerton in „Queer“. (Foto: Yannis Drakoulidis/MUBI/dpa)

Sein Tennis-Drama „Challengers“ ist für vier Golden Globes nominiert und dürfte auch bei den Oscars eine Rolle spielen. Auch wenn Luca Guadagnino selbst keine Nominierung erhielt, gilt der Italiener zweifellos als einer der angesagtesten Regisseure der Gegenwart. In seinem neuen Drama „Queer“ lässt er Daniel Craig als schwulen, trinkenden Schriftsteller durch das Mexiko der 50er Jahre lustwandeln, bevor er ihn in den Urwald schickt.

Ex-007 in einer Paraderolle

Der ehemalige James-Bond-Darsteller Craig glänzt in „Queer“ als unsicherer, frustrierter und verletzlicher Mann, dessen einstiger Charme nur noch selten aufblitzt. Für seine großartige Performance wurde der 56-Jährige bei den anstehenden Golden Globes als Bester Hauptdarsteller nominiert. „Das ist einfach herrlich“, sagte Craig der Deutschen Presse-Agentur in London. „Während meiner Bond-Zeit hätte ich diesen Film nicht machen können. Es hätte sich irgendwie gezwungen angefühlt, wie eine Reaktion auf Bond, und das hätte einfach nicht gepasst.“

„Queer“ basiert auf dem gleichnamigen Roman des US-Schriftstellers William S. Burroughs und ist eine fiktionalisierte und überzeichnete Darstellung dessen eigener Erlebnisse. In der Verfilmung spielt Craig die Hauptrolle als dessen Alter Ego. William Lee lebt in den 50er Jahren in Mexiko-Stadt ein zügelloses Leben. Er trinkt in ungesunden Mengen, nimmt Drogen und ist immer auf der Suche nach zwanglosen Affären.

Guadagnino schwärmt von Craig

Der Ex-007 war laut Guadagnino von Anfang an sein Wunschkandidat für die Rolle. „Ich habe eine Abneigung gegen Theatralik“, sagte der Regisseur der Deutschen Presse-Agentur in London. „Was ich jedoch liebe, ist eine tiefgründige, intelligente Art des Spiels. (...) Und wer wäre dafür besser geeignet als Mr. Craig, der selbst eine Ikone ist und als Darsteller diese wunderbare, humorvolle Weisheit mitbringt?“

Der Film besteht aus drei Kapiteln und einem Epilog. Im ersten Kapitel gibt es eine grandiose Szene, die vielleicht zu den erinnerungswürdigsten in Craigs Karriere zählt. Im Leinenanzug und mit Trilby-Hut, einem Revolver am Gürtel, zieht er angetrunken und schwankend von Bar zu Bar. Dazu läuft Nirvanas „Come As You Are“. Eine geniale Kombination von Bild und Ton.

Eine Geschichte von Intimität, Begierde und Exzess

Lee vertreibt sich die Zeit beim Plausch mit anderen amerikanischen Lebemännern und Schriftstellern, darunter sein Kumpel Joe (Jason Schwartzman). Während er Mengen von Tequila trinkt, hält er Ausschau nach Männern, die ihn auf sein Zimmer begleiten könnten. Als er dem jungen, attraktiven Fotografen Eugene (Drew Starkey) begegnet, ist er sofort fasziniert. Dass er sich unsicher ist, ob Eugene homosexuell ist oder nicht, macht den Fremden für Lee umso interessanter.

Wie in vielen Filmen Guadagninos, darunter „A Bigger Splash“ und „Call Me By Your Name“, dreht sich auch in „Queer“ alles um Intimität und Begehren. Hier wird das Begehren zur Begierde. Guadagninos Oscar-prämierter Film „Call Me By Your Name“ wurde seinerzeit dafür kritisiert, dass die Sexszenen zu vorsichtig, zu zurückhaltend sind. Davon kann in „Queer“ keine Rede sein. Ganz im Gegenteil. Lees Affäre mit Eugene wird in sehr expliziten Bildern gezeigt.

Craigs Rückkehr zu alter Rollenvielfalt

Nicht nur mit Blick auf Craigs faszinierende Performance in „Queer“ wurde ihm in britischen Medien nachgesagt, er habe sich neu erfunden, um sich vom Image als James Bond zu lösen. Das allerdings zeugt von Unkenntnis seiner Filmografie vor 007. „Ich habe früher Filme in diesem Stil gemacht. Ich liebe es, dass ich jetzt wieder solche Filme machen kann“, sagte der 56-Jährige im dpa-Gespräch. Nach eigener Aussage hatte er weder eine Abkehr von Bond noch eine Neuerfindung im Sinn. „Ich wüsste gar nicht, wie das ginge. Ich improvisiere einfach.“

Während Lees Zuneigung obsessiv wird, geht Eugene auf Abstand. Trotzdem gelingt es Lee, seinen jungen Lover zu überreden, ihn in den südamerikanischen Dschungel zu begleiten. Dort will er die sagenumwobene Pflanze Yagé finden, die angeblich telepathische Fähigkeiten verleiht. Im Urwald trifft das Duo auf die exzentrische Dr. Cotter - die kaum wiederzuerkennende Lesley Manville mit einem herrlichen Gastauftritt. Der Konsum der ersehnten Droge führt bei Lee und Eugene zu extremen Halluzinationen. Schließlich verschmelzen Wirklichkeit und Vision für die Protagonisten - und für das Publikum.

Einige Längen und eine erinnerungswürdige Performance

„Queer“ ist wahrscheinlich der bislang verrückteste Film von Luca Guadagnino. Folgt er anfangs noch einer linearen Handlung, so wird die Geschichte spätestens im Dschungel zum abgefahrenen Drogentrip, die ihrem Publikum einiges abverlangt. Im dritten Kapitel wirkt „Queer“ zunehmend schleppend und zäh. Mit einer Laufzeit von 137 Minuten ist der Film schlicht zu lang geraten.

Hingegen begeistert Luca Guadagnino einmal mehr mit seinem üppigen visuellen Stil und atmosphärischen Schauplätze. Das im Studio und mit optischen Tricks erzeugte Mexiko-Stadt der 50er Jahre, das mitunter surreal wie die Kulissen eines Wes-Anderson-Films wirkt, sieht toll aus. Mit der Musik von Trent Reznor und Atticus Ross entsteht eine faszinierende Atmosphäre.

Über allem steht der charismatische Daniel Craig, der seinen Co-Stars die Schau stiehlt. Seine Darstellung ist ein filmisches Erlebnis und macht „Queer“ - trotz aller Längen - sehenswert.

© dpa-infocom, dpa:250102-930-332674/1


Von dpa
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