Feuer und Dolce Vita auf den Liparischen Inseln | FLZ.de

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Veröffentlicht am 07.08.2023 04:16

Feuer und Dolce Vita auf den Liparischen Inseln

Schon die schwarzen Strände machen deutlich, dass Stromboli eine Vulkaninsel ist. (Foto: Carola Frentzen/dpa-tmn)
Schon die schwarzen Strände machen deutlich, dass Stromboli eine Vulkaninsel ist. (Foto: Carola Frentzen/dpa-tmn)
Schon die schwarzen Strände machen deutlich, dass Stromboli eine Vulkaninsel ist. (Foto: Carola Frentzen/dpa-tmn)

In Sizilien ist vieles anders. Selbst Feuer und Wasser. Anderswo mögen die beiden Elemente unüberbrückbare Gegensätze darstellen. Im Nordosten der größten Insel Italiens verschmelzen sie in faszinierender Einheit zu einer einzigartigen Landschaft. Lava speiende Vulkane erheben sich aus blau schimmernden Fluten.

Für den deutschen Vulkanologen Boris Behncke ist die Region vom Ätna bis zu den Liparischen Inseln ein Paradies auf Erden. „Ich lebe hier jeden Tag meinen Kindheitstraum“, sagt der Wissenschaftler.

Behncke arbeitet am Italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV), das alle Vulkane des Landes überwacht. Behnckes Fokus liegt auf dem Ätna und den Vulkanen auf den Liparischen Inseln, die vor der sizilianischen Küste im Tyrrhenischen Meer liegen und Touristen aus der ganzen Welt anziehen.

„Showmaker“ Stromboli

Vor allem der 900 Meter hohe Stromboli ist ein echter „Showmaker“. „Mit schöner Regelmäßigkeit gibt es dort Eruptionen“, sagt Behncke.

Mal steigen nur kleine Aschewolken aus dem Krater am Gipfel empor, als wolle der Stromboli seiner ebenfalls brodelnden Schwesterinsel Vulcano und dem Ätna auf Sizilien Rauchzeichen geben. Dann schießen wieder Lava-Fontänen in den Himmel.

Nach einem ungewöhnlich heftigen Ausbruch im Sommer 2019 wurden die Exkursionen für Touristen am Stromboli zeitweise ausgesetzt. Ein Mensch war ums Leben gekommen, mehrere wurden im Gesteinsregen verletzt.

Oft fließen Lavaströme am Stromboli die Sciara del Fuoco an der Nordflanke hinunter. Bei heftigen Ausbrüchen - wie im Sommer 2014 - erreichen sie die Küste, wo sie zischend im Meer verschwinden.

„Vor allem in der Abenddämmerung sind Eruptionen und Lavaströme von See aus ein unvergessliches Schauspiel“, so schwärmt Gianni Arena. Er begleitet Urlauber, die in der Basis des Segelurlaubanbieters Sunsail in Portorosa eine Segeljacht chartern, sich den Törn allerdings nicht allein zutrauen oder nicht die nötigen Bootsführerscheine haben.

Der in einem Fischerdorf bei Messina geborene Skipper kennt den Archipel mit den sieben Inseln Vulcano, Lipari, Salina, Stromboli, Panarea, Filicudi und Alicudi wie seine Westentasche - geht es um die abgelegensten Badestrände, die schönsten Wanderrouten, die ruhigsten Ankerbuchten oder die schönsten Häfen? Arena weiß Rat.

Im Hochsommer kommt der Jetset

Wenn im Hochsommer der Jetset aus Rom und Mailand Kurs auf die Inseln nimmt, herrscht hier Hochbetrieb. Der Bulgari-Clan etwa genießt dann das Dolce Vita in seiner Villa im Stromboli-Dörfchen Ginostra.

Modezar Giorgio Armani und die meisten anderen Promis fallen auf der Nachbarinsel Panarea ein, auf der im Winter gerade mal gut 200 Menschen leben.

„Wenn es vor und nach dem Hochsommer ruhiger und trotzdem schön warm ist, sind die Inseln eigentlich am schönsten“, sagt Arena.

Selbst längere Fahrten wie von Stromboli im Nordosten des Archipels über Panarea bis Salina im Zentrum der Inselgruppe - immerhin rund 50 Kilometer auf See - sind für den Profi nur entspannte Tagestörns.

Bläst eine steife Brise in die weißen Segel, pflügt die sich scharf vom blauen Himmel und den graubraunen Vulkaninseln absetzende Jacht mit beachtlicher Geschwindigkeit durch das Tyrrhenische Meer.

Benannt nach dem Windgott

Salina ist die zweitgrößte und zugleich die grünste Insel der „Isole Eolie“, wie die Italiener die Liparischen Inseln nennen - benannt nach Äolus, dem griechischen Gott des Windes.

Ein passender Name, schließlich fegt der Wind zuweilen heftig. Manchmal müssen die Fährverbindungen gekappt werden. Meist aber sind die zwischen 30 bis 80 Kilometer vom sizilianischen Küstenort Milazzo entfernt liegenden Inseln mehrmals täglich mit Fähren erreichbar.

Schöner aber ist Insel-Hopping im Segelboot. „Und dieses Erlebnis ist gar nicht so teuer, wie viele denken“, sagt Segelprofi Arena. Eine neun Meter lange Jacht für zwei Personen kostet beispielsweise Anfang September rund 2200 Euro pro Woche, wenn man das Boot selbst steuern kann. Ein Skipper schlägt mit zusätzlich rund 1600 Euro zu Buche.

„Oft chartern mehrere Paare oder Freunde gemeinsam eine größere Jacht und teilen die Kosten“, erzählt Arena.

Genuss mit Ausblick in Salina

Tatsächlich liegen etwa in der Marina von Salina viele größere Boote mit vier, sechs oder mehr Personen an Bord. Nach gelungenen Anlegemanövern herrscht Partystimmung. An Deck klirren Weingläser, unter Deck klappern Pfannen und Töpfe.

Einige Crews kochen an Bord, die meisten aber ziehen los, um in einem der vielen Lokale im Ort Santa Marina Salina essen zu gehen. Enge Gassen führen zwischen weißen und in Pastelltönen getünchten Häusern vorbei, an denen üppige Bougainvilleas emporklettern.

Am Hafen werden Autos und Vespas vermietet. Damit sind alle Sehenswürdigkeiten der nur gut sieben Kilometer langen und rund fünf Kilometer breiten Insel schnell erreicht.

Empfehlenswert ist ein Stopp beim Weingut Capofaro Locanda & Malvasia an der Nordostspitze Salinas. Die sizilianische Weindynastie Tasca d'Almerita baut dort rund um einen alten Leuchtturm ihre berühmten Malvasia-Weine an - neben Kapern der Exportschlager der Insel.

Die knorrigen Weinstöcke wachsen hier auf zum Meer abfallenden Terrassen, die wie in einem antiken Theater gewölbt sind. Absteigen können in dem Resort nur Gutbetuchte, ein Essen mit Weindegustation in Capofaro aber können sich die meisten leisten. Allein der Blick über Weinreben und Leuchtturm hinweg bis Stromboli ist das wert.

Salina gilt als Perle der Liparischen Inseln - nicht nur wegen des Panoramas von Capofaro. Die Insel lockt mit hochklassigen Resorts und Restaurants und den Fischerorten Santa Marina und Malfa. Weil sie nicht so schnell erreichbar ist wie Lipari, die größte Insel des Archipels, geht es auf Salina im Vergleich ruhiger zu.

Schauplatz einer oscargekrönten Romanze

Insbesondere auch Filmfans lieben die Insel, auf der die mit einem Oscar prämierte Romanze „Il Postino“ (Der Postbote) gedreht wurde. Die charmant erzählte Geschichte und die poetisch gefilmten Landschaften machten Salina 1994 weltbekannt.

In vielen Orten erinnern geschmückte Fahrräder an den „Postino“. Natürlich auch in Pollara an der Westküste, wo in der Bar L'Oasi jeden Abend nach Sonnentergang der Film gezeigt wird. „Für Romantiker gibt es keine schönere Insel“, sagt Skipper Arena.

Die Hauptinsel Lipari dagegen ist trubeliger - vor allem in der Altstadt unterhalb der Festung. Tagesausflügler, die mit den Fähren von Milazzo kommen, besuchen fast immer auch die unmittelbar im Süden angrenzende Insel Vulcano. Durch deren Mondlandschaft stapfen sie zum beeindruckenden Krater des nach faulen Eiern stinkenden Vulkans. Die geführte Kraterwanderung machen fast alle, Zeit für ein Fangobad im heißen Schlamm am Strand von Vulcano nehmen sich die wenigsten.

Abstecher zum Ätna

Wer im Nordosten Siziliens ist, sollte sich auch Zeit für einen Abstecher ins herausgeputzte Städtchen Taormina und zum nahen Ätna nehmen. Kein Vulkan sei so genial wie dieser, schwärmt Fachmann Boris Behncke. 3357 Meter ragt Europas höchster aktiver Vulkan empor. Seine häufigen Ausbrüche verliefen in jüngster Zeit relativ glimpflich.

Dabei ist der von den Sizilianern „Vulcano buono“, also gutmütiger Vulkan, genannte Ätna durchaus zu verheerenden Ausbrüchen im Stande, warnt Behncke. Auch pyroklastische Ströme seien denkbar, wenn gewisse Faktoren zusammenkämen.

Dann könnten Eruptionen explosionsartig erfolgen, während es in der jüngeren Vergangenheit so aussah, als würde der Ätna mit seinen inzwischen vier Gipfelkratern lediglich von Zeit zu Zeit Überdruck ablassen. Die dann langsam fließenden Lavaströme gaben den Menschen bislang Zeit genug, um sich in Sicherheit zu bringen.

„Aber so gut wie manche meinen ist der Vulkan gar nicht. Gut ist vielmehr, dass die Menschen relativ weit von ihm entfernt wohnen und der Ätna so gut überwacht wird“, sagt der Vulkanologe. So haben sich die Menschen hier an den Vulkan gewöhnt. Man lebt gut mit und von ihm. Verglichen mit dem ansonsten kargen Sizilien sind seine fruchtbaren Flanken ein Garten Eden.

Info-Kasten: Liparische Inseln

Reiseziel: Die Inselgruppe im Tyrrhenischen Meer vor Siziliens Nordküste ist ein Paradies für Vulkanfans, Badeurlauber, Wanderer, Genießer und Segler. Der Archipel lässt sich bequem per Fähre oder Segelboot erkunden.

Anreise: Vom Flughafen Catania mit Bahn oder Mietwagen via Taormina nach Milazzo, von wo die meisten Fähren zu den Inseln starten. Viele Segler chartern ab Portorosa.

Informationen: www.visitsicily.info

© dpa-infocom, dpa:230804-99-698222/2


Von dpa
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