„Tue viel und erwarte wenig.“ So lautet das Motto von Lothar Stanke. Ganz unerwartet kam für ihn der FLZ-Ehrenamtspreis für den Monat Dezember. Die Jury hat den 58-jährigen Vorsitzenden der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Neustadt/Aisch ausgewählt, um sein jahrzehntelanges Engagement zu würdigen.
„Schwimmen konnte ich schon“, erinnert sich Lothar Stanke. Im Alter von neun Jahren trat er 1975 der DLRG bei. „Wir waren eine Clique von Klassenkameraden, die dort aktiv waren.“ Mit etwa 14 Jahren absolvierte er dann seine ersten Wachdienste. Der Neustädter Ortsverband ist für die Becken im Waldbad und im Hallenbad zuständig.
Unter den aktuell rund 360 Mitgliedern bei der DLRG Neustadt sind etwa 200 Aktive. „Es gibt Kameraden, die schon 70 Jahre dabei sind“, berichtet der Neustädter. Wie schafft man es, Mitglieder zu gewinnen und – vor allem – so lange bei der Stange zu halten? „Der Einstieg ist ganz klar der Schwimmkurs“, stellt er fest. Danach müsse man fördern, unterstützen und immer wieder motivieren. „Man muss den Spaß und die Begeisterung rüberbringen.“ Wichtig sei, als Vorsitzender Interesse und Präsenz zu zeigen, zum Beispiel auch mal bei der Trainerbesprechung dabei zu sein.
Im Ortsverband war Lothar Stanke unter anderem Jugendressortleiter und Jugendleiter, Schatzmeister, stellvertretender Vorsitzender sowie seit 2012 Vorsitzender. Beim DLRG-Bezirk Mittelfranken engagierte er sich ebenfalls als Jugendressortleiter. Über die Jahre schulte er Nachwuchs-Rettungsschwimmer, trainierte Wettkämpfer, half bei der Organisation der Bezirksmeisterschaften – und brachte Buben und Mädchen in Kursen das Schwimmen bei.
„Früher ist man rausgegangen und hat die Stadt unsicher gemacht.“ Heute spielten viele Jugendliche lieber mit dem Handy oder zockten an der Konsole. Auch das Konzept der Ganztagsschulen sei ein Grund. „Die Kinder kommen erst spät nach Hause und haben keine große Lust, noch wegzugehen. Früher war man im Waldbad, bis es dunkel geworden ist.“
Dass Kinder heute schlechter schwimmen, bestätigt er. Früher habe ein Kurs zehn Stunden umfasst, denkt er zurück. „Dann haben wir auf zwölf Stunden erweitert und notfalls noch eine 13. drangehängt, inzwischen sind wir bei 15 Stunden.“ Es liege daran, dass die Kinder in ihrer Freizeit viel seltener ins Schwimmbad gehen, glaubt er.
Seit 1998 ist Stanke Ausbilder für Kampfrichter im Landesverband Bayern sowie im Bezirksverband Mittelfranken. Schon vor rund zwei Jahrzehnten war er im Organisationsteam des ResQ-Cups der bayerischen DLRG-Jugend am Großen Brombachsee. Bei dem Spaßwettkampf messen sich die Teilnehmer in Disziplinen wie Run-Swim-Run, Kombiniertes Retten, Kleiderschwimmen, Paddelboot fahren, Rettungsleine oder Beachflags.
Vor 22 Jahren wurde der Wettkampf zum ersten Mal veranstaltet. „Mein Bereich war der Wettkampfaufbau, die Wettkampfabwicklung“, sagt Stanke. Die Idee sei damals gewesen, Wasserrettungsorganisationen in Mittelfranken, die hauptsächlich in Schwimmbädern zuständig sind, die Gelegenheit zu geben, in einem Naturgewässer Erfahrung zu sammeln. Inzwischen melden sich jedes Jahr bis zu 450 Teilnehmer aus ganz Bayern an.
Ein besonderes Steckenpferd Stankes ist der Aischgrund Triathlon der DLRG-Ortsgruppe, den er seit 36 Jahren mit Markus Leng organisiert. Immer am letzten Wochenende im August schwimmen Sportbegeisterte 400 Meter, fahren 20 Kilometer Rad und laufen fünf Kilometer. Der Wettkampf wurde ein Jahr nach der Challenge in Roth ins Leben gerufen. Ausgesetzt haben die Neustädter nur während der Pandemie und einmal wegen einer Baustelle. In diesem Jahr steht die 37. Auflage an.
2024 waren 220 Teilnehmer dabei. Für den reibungslosen Ablauf sorgten rund 60 Helferinnen und Helfer. Der Helfer-Stamm sei über Jahrzehnte aufgebaut worden. „Das finde ich etwas Wunderbares“, schwärmt Lothar Stanke.
Auch nach mehr als drei Jahrzehnten ist seine Leidenschaft für den Triathlon ungebrochen. Damit die Veranstaltung attraktiv bleibt, wird das Konzept jedes Jahr auf den Prüfstand gestellt. „Wir versuchen immer wieder, an kleineren Stellschrauben zu drehen“, ob es nun um eine Streckenänderung, eine Fotoleinwand oder einen Feedback-Bogen geht.
Stanke selbst hat ebenfalls schon an Triathlons teilgenommen, bei seinem eigenen hat er es allerdings noch nicht geschafft. Ob es ihn manchmal juckt, wenn die anderen an den Start gehen? „Nur kurz“, sagt er und lacht. Dafür tritt er regelmäßig bei anderen Wettkämpfen an. So erreichte er beispielsweise im vergangenen Sommer mit der Herrenstaffel der Altersklasse über 200 Meter bei den Landesmeisterschaften im Rettungsschwimmen den dritten Platz.
Neben dem Triathlon will Lothar Stanke in diesem Jahr im Mai noch etwas Neues anbieten: „Ich möchte im Waldbad einen 100-Bahnen-Wettkampf veranstalten.“ Die Teilnahme soll nicht nur einzelnen Sportlern, sondern auch Teams offenstehen. So können sich die Schwimmer abwechseln, um die 100 Bahnen zu meistern.
Heute führt Lothar Stanke nicht nur den Ortsverband als Vorsitzender, sondern engagiert sich außerdem als Revisor im Kreisjugendring sowie im Sportbeirat von Neustadt. Welche seiner Aufgaben ihm am meisten Spaß macht, kann er gar nicht so genau sagen. Vielleicht sind es Wettkämpfe wie der ResQ-Cup, „weil man da Menschen sieht, die man ein ganzes Jahr nicht gesehen hat“. Vielleicht sind es auch die Sanitätsdienste bei Veranstaltungen, die er für die DLRG in Nürnberg übernimmt. In Neustadt ist dafür das Rote Kreuz zuständig.
Zu den prägendsten Eindrücken gehörte für Stanke die Begleitung von Sonderzügen der Bahn mit syrischen Geflüchteten im Jahr 2015 – einmal von Freilassing und einmal von Salzburg aus nach Berlin. Die Fahrten mussten jeweils von einem medizinischen Ersthilfeteam begleitet werden. Dieses wurde von unterschiedlichen Hilfsorganisationen gestellt, so auch von der DLRG, erinnert sich Stanke. Bereits vor dem Einsteigen in die Züge sei bei den Menschen ein Gesundheitscheck durchgeführt worden – während der Fahrt verteilte das Helfer-Team auch Speisen und Getränke.
Über eine App erfährt Stanke, wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird, zum Beispiel für einen Wach- oder Sanitätsdienst. Er kann auch für eine andere Orts- oder Kreisgruppe tätig werden. „Wir sind eine Rettungsorganisation. Wenn jemand bei der DLRG ist, kann er überall mithelfen.“
Planung, Organisation, das Austüfteln von neuen Konzepten – das sind auch im Ehrenamt die Stärken des hauptberuflichen Informatikers Lothar Stanke. „Man muss immer wieder schauen, wo man optimieren kann.“ Und andere mitreißen. Natürlich brauche auch er selbst manchmal etwas Abstand vom Ehrenamt, „aber in der Regel bin ich begeistert und versuche, Ideen einzubringen“. Zugleich freut er sich auch, wenn jemand anderes einen guten Einfall hat: „Wenn neue Ideen kommen, wäre es schade, in seinem ältesten Stiefel zu bleiben – das macht uns alt und langweilig.“
2024 bekam Lothar Stanke vom Bezirk Mittelfranken der DLRG für seine außergewöhnlichen Verdienste und sein langjähriges Engagement das Ehrenabzeichen „Gold mit Brillant“ verliehen. „Das ist die höchste Auszeichnung, die die DLRG hat“, erzählt er stolz. Warum ist ehrenamtliches Engagement so wichtig? „Weil es unsere Gesellschaft zusammenhält“, ist er überzeugt. „Ohne Ehrenamt würde das ganze soziale Gefüge nicht mehr funktionieren.“ Und es sei wichtig, etwas Sinnvolles im Leben zu tun.
Aktion „Mein Ehrenamt”: Sie kennen auch eine Person aus der Region, deren ehrenamtliches Engagement einen Preis verdient hätte? Dann schlagen Sie sie über unser Bewerbungsformular vor. Hier finden Sie alles zur Aktion.