Kamala Harris hat ihre Niederlage bei der US-Präsidentenwahl eingestanden und zum Einsatz für die Demokratie aufgerufen. Jetzt sei nicht die Zeit, zu verzweifeln, sondern Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen, sagte Harris in Washington.
Der Republikaner Donald Trump gewann die US-Präsidentenwahl am Dienstag und fügte der heutigen demokratischen Vizepräsidentin Harris eine verheerende Niederlage zu. Sie habe Trump angerufen und ihm zum Sieg gratuliert, berichtete sie. Zugleich sagte sie: „Während ich die Niederlage bei dieser Wahl einräume, gebe ich nicht den Kampf verloren, der diese Wahlkampagne befeuert hat.“
Mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus droht den USA eine zunehmend autoritäre Staatsführung und den internationalen Verbündeten außenpolitische Unsicherheit. Trump gewann in bislang allen ausgezählten „Swing States“, also den besonders umkämpften Bundesstaaten, und erreichte die nötige Mehrheit von mehr als 270 Wahlleuten, um sich das Präsidentenamt erneut zu sichern.
Zudem gelang es Trump auch erstmals, sich eine deutliche Mehrheit der landesweit abgegebenen Stimmen zu sichern. Die Republikaner konnten den Demokraten auch die Mehrheit im US-Senat abnehmen. In der zweiten Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus, war zunächst noch unklar, ob die Republikaner ihre Mehrheit dort verteidigen können.
Trump hatte im Wahlkampf die „größte Deportation der Geschichte“ von Migranten aus den USA, ein schnelles Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen angekündigt. Auch leugnet der Republikaner die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an.
In der Außenpolitik - wo Vizepräsidentin Harris für Kontinuität des Kurses von Amtsinhaber und Transatlantiker Joe Biden stand - gilt Trump als unberechenbar, auch mit Blick auf die wichtige US-Unterstützung für die Ukraine. Es gibt Befürchtungen, dass Trump die Hilfe einstellen könnte.
„Wir müssen das Ergebnis dieser Wahl akzeptieren“, sagte Harris. Sie räumte ein, dass viele Menschen nun den Beginn einer dunklen Zeit befürchteten. Sie hoffe, das werde nicht passieren. Aber auch dann müsse Amerika den dunklen Himmel mit dem Licht der Sterne füllen, suchte sie eine Metapher.
Auch Präsident Biden gratulierte Trump zum Wahlsieg und lud ihn ins Weiße Haus ein. Trump hatte 2020 die Machtübergabe an Biden weitgehend boykottiert und wollte das Ergebnis umkehren.
Trumps zweite Präsidentschaft dürfte die internationalen Machtverhältnisse und bestehende Bündnisse auf eine Belastungsprobe stellen. Erste Reaktionen betonten die Bereitschaft zur Zusammenarbeit: „Gemeinsam können wir viel mehr durchsetzen als gegeneinander“, sagte etwa Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin.
Das Angebot einer verlässlichen Zusammenarbeit gelte auch „mit Blick auf die Bedrohung, die Russland nach Auffassung aller Nato-Alliierten für die Sicherheit im europäischen Raum darstellt“, sagte er. Die USA sind - vor Deutschland - der wichtigste Waffenlieferant der Ukraine.
Autoritäre Staats- und Regierungschefs dürften nun Hoffnung auf einen Kurswechsel der USA haben. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban forderte eine neue Strategie der EU für die von Russland angegriffene Ukraine. Da Trump die amerikanische Hilfe für Kiew einstellen könnte, stelle sich die Frage, ob Europa die finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine allein werde schultern können.
Kremlsprecher Dmitri Peskow teilte derweil mit, die „Vereinigten Staaten sind in der Lage, zur Beendigung des Konflikts beizutragen“. Freudig reagierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie schrieb bei Telegram „Halleluja“. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gratulierte Trump derweil „zum größten Comeback der Geschichte“.
Trump war in der Wahlnacht aufgetreten, nachdem zunächst der Sender Fox News als einziger seinen Sieg ausgerufen hatte. In seinem Heimatstaat Florida herrschte Jubelstimmung: „Es ist ein politischer Sieg, wie ihn unser Land noch nie erlebt hat“, sagte er bei einem Auftritt vor Anhängern. Er versprach ein „goldenes Zeitalter“ Amerikas und bedankte sich bei seinen Wählerinnen und Wählern für die Unterstützung.
Mit der Senats-Mehrheit könnten die Republikaner auch die konservative Mehrheit im Obersten Gericht weiter ausbauen, die die USA auf Jahrzehnte prägen wird. Die Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit drei Richter ernannt und für die Mehrheit der Konservativen gesorgt. Sie kippten unter anderem das landesweite Recht auf Abtreibungen.
Im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten ein Gegengewicht bilden - falls sie es schaffen, sich die zweite Kongress-Kammer zurückzuholen. Falls diese auch an die Republikaner fallen sollte, kann Trump praktisch ungehindert durchregieren.
Umfragen hatten ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt. Doch die Demokratin Harris erlebte ein Debakel. Für Trump ist es ein historisches Comeback. Bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus vor vier Jahren schien er politisch erledigt, nachdem seine Anhänger das Kapitol in Washington erstürmten und er das Wahlergebnis nicht anerkennen wollte.
Der Ex-Präsident punktete im Wahlkampf mit Versprechen wie einer Halbierung der Energiekosten angesichts hoher Lebenshaltungskosten, die viele Menschen in den USA belasten. Er schürte die Angst vor einer angeblichen Invasion krimineller Migranten. Er schnitt im Vergleich zur Niederlage gegen Biden vor vier Jahren besser bei Schwarzen und Latinos ab, auf deren Stimmen die Demokraten traditionell zählen konnten.
Hinter den USA liegt ein aufwühlender, hitziger Wahlkampf. Im Juli war Trump bei einem Attentat während eines Wahlkampfauftritts leicht verletzt worden. Danach sagte er, Gott habe ihn behütet, damit er Amerika zu neuer Größe führen könne.
In seiner ersten Amtszeit setzte Trump an der Südgrenze der USA harte Maßnahmen wie den Bau eines meterhohen Zauns und die Trennung der Kinder von Migranten von ihren Eltern durch. Die Amerikaner waren 2020 mit seiner Corona-Politik unzufrieden. Aus Sicht der Demokraten disqualifizierte er sich mit der Weigerung, die Niederlage bei der Wahl 2020 anzuerkennen. Gegen Trump laufen mehrere Prozesse. Die meisten davon dürften mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus schnell kein Thema mehr sein.
Die Vereidigung des neuen Präsidenten wird am 20. Januar stattfinden.
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