Die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund dbb verlangen acht Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen - mindestens aber 350 Euro pro Monat. Dies ist die zentrale Forderung für die anstehenden Tarifverhandlungen, wie die Gewerkschaften mitteilten. Die Arbeitgeberseite hatte deutlich weniger in Aussicht gestellt.
„Das werden sicher wieder lange Nächte“, sagte dbb-Chef Ulrich Silberbach. Die Forderungen seien ambitioniert, aber keineswegs zu hoch. Im öffentlichen Dienst fehlten eine halbe Million Menschen. Viele Kolleginnen und Kollegen litten deshalb an Überlastung. Wenn man nicht für wettbewerbsfähige Arbeits- und Einkommensbedingungen sorge, bestehe zudem die Gefahr, in Konkurrenz zur Privatwirtschaft abzuschmieren.
Verdi-Chef Frank Werneke betonte: „Wir sind als Gewerkschaften der festen Überzeugung, dass es notwendig ist, über alle Tarifbereiche hinweg die Binnennachfrage zu stabilisieren. Und der öffentliche Dienst ist Teil dieser Aufgabe.“ Es müsse alles dafür getan werden, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen. „Dazu gehören neben mehr Geld vor allem mehr Zeitsouveränität und mehr Entlastung.“
Zu den weiteren Forderungen der Gewerkschaften gehören unter anderem drei zusätzliche freie Tage für alle sowie ein weiterer freier Tag für Gewerkschaftsmitglieder. Über ein Arbeitszeitkonto sollen Beschäftigte entscheiden können, ob sie etwa Überstunden ausgezahlt bekommen wollen oder diese auf das Konto gebucht werden sollen. Auszubildende und Praktikanten sollen den Gewerkschaften zufolge 200 Euro mehr im Monat bekommen. In besonders belastenden Jobs etwa im Gesundheitsbereich soll es höhere Zuschläge geben.
Die Gewerkschaften verhandeln für etliche Berufszweige - unter anderem für Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster oder Ärzte arbeiten. Betroffen sind rund 2,5 Millionen Tarifbeschäftigte, von denen der überwiegende Teil in den Kommunen arbeitet. Der aktuelle Tarifvertrag läuft nach zwei Jahren zum Jahresende aus.
Nach einer Laufzeit von zwölf Monaten soll nach dem Willen der Gewerkschaften neu verhandelt werden. Auf Beamtinnen und Beamte soll der angestrebte Abschluss - so die Forderung - zeit- und inhaltsgleich übertragen werden. Für die Beschäftigten der Länder wird separat verhandelt.
Mit ihrer Forderung liegen Verdi und dbb etwas über der Forderung für die Lohnrunde der Metall- und Elektroindustrie. Die IG Metall hatte sieben Prozent mehr Geld verlangt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte, die Forderungen der Gewerkschaften seien sehr hoch. „Die Haushaltslage ist und bleibt angespannt, insbesondere auch in den Kommunen. Jetzt geht es darum, dass wir ab Ende Januar 2025 am Verhandlungstisch gemeinsam mit den Gewerkschaften am Ende zu einer fairen Einigung kommen“, betonte die SPD-Politikerin. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sorgten dafür, dass der Staat stark und handlungsfähig sei.
Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge, wies darauf hin, dass Inflation zuletzt 1,6 Prozent betragen habe. Allein die Entgeltforderungen und die drei zusätzlichen freien Tage würden für die kommunalen Arbeitgeber Zusatzkosten von insgesamt 14,88 Milliarden Euro bedeuten. „Das ist schlicht nicht zu stemmen und passt nicht in diese Zeit“, so Welge. Im „Tagesspiegel“ hatte sie bereits eine Orientierungsgröße von zwei Prozent mehr ins Gespräch gebracht.
Einem Tarifabschluss in diesem Bereich erteilte Werneke eine Absage: „Zu glauben, man könnte ein Tarifergebnis in der Größenordnung von zwei Prozent tätigen, ist jenseits von Gut und Böse.“ Weitere Interviews dieser Art führten dazu, dass die Bereitschaft für Arbeitskampfmaßnahmen steigen werde, sagte Silberbach.
Bei den Verhandlungen über den nun auslaufenden Tarifabschluss hatten die Gewerkschaften im Frühjahr 2023 die größte Tariferhöhung im öffentlichen Dienst seit Jahrzehnten erzielt. Damit sollte der damals drastische Anstieg der Verbraucher- und Energiepreise abgefedert werden.
In die Verhandlungen waren die Gewerkschaften vor zwei Jahren unter anderem mit der Forderung nach einem Einkommensplus von 10,5 Prozent gegangen. Letztlich einigten sie sich mit Bund und Kommunen etwa auf steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3.000 Euro, einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend 5,5 Prozent mehr. Während der Verhandlungen hatte Verdi regelmäßig Stadtverwaltungen, öffentliche Bäder, Müllabfuhren oder Krankenhäuser mit Warnstreiks lahmgelegt.
Verhandelt wird ab 24. Januar in Potsdam. Der Abschluss ist für Mitte März vorgesehen.
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