Hosentaschenschätze: Warum sammelt mein Kind tausend Dinge? | FLZ.de

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Veröffentlicht am 01.10.2024 00:07

Hosentaschenschätze: Warum sammelt mein Kind tausend Dinge?

So viele Kastanien: Gerade der Herbst löst bei manchen Kindern eine Sammelleidenschaft aus. (Foto: picture alliance / Mascha Brichta/dpa-tmn)
So viele Kastanien: Gerade der Herbst löst bei manchen Kindern eine Sammelleidenschaft aus. (Foto: picture alliance / Mascha Brichta/dpa-tmn)
So viele Kastanien: Gerade der Herbst löst bei manchen Kindern eine Sammelleidenschaft aus. (Foto: picture alliance / Mascha Brichta/dpa-tmn)

Kleine Kinder lieben Stöcke. Und Steine. Und Kronkorken von der Straße. Und erst die Kastanien im Herbst. Sie alle werden gerade von Drei- und Vierjährigen schon mal im Dutzend, Tag für Tag, nach Hause geschleppt und dort wie ein Goldschatz gehütet. 

Diese Hosentaschenschätze gehen zurück auf Urinstinkte des Menschen, sagt Erziehungsexpertin und Bestsellerautorin Nicola Schmidt („Erziehen ohne Schimpfen“). Aber sie hat im Interview auch Tipps für Eltern, um dem Horten Grenzen zu setzen. 

Frage: Warum sind Kleinkindern Ihrer Meinung nach diese Schätze so wichtig?

Nicola Schmidt: Wir sind ja alle Jäger und Sammler, waren wir über zwei Millionen Jahre lang. Das heißt, wir sammeln alles. Und das, was die Kinder mit diesen Dingen verbinden, das können wir uns oft gar nicht vorstellen. 

Wenn wir sie mal fragen, bekommen wir ganz große Geschichten, warum das ein wichtiger Stein ist und der andere aber auch. Ich glaube, das ist einfach menschlich.

Frage: Müssen sich Eltern sorgen, dass dem Kind etwas mangelt, wenn es Dinge derart horten muss?

Schmidt: Nein. Das Einzige, was unseren Kindern ja oft fehlt, ist, dass sie sich nicht mehr wie die Jäger- und Sammlerkinder verhalten können. Sie wollen sammeln, jagen und töten, besonders so zwischen drei und vier. Und das Einzige, was ihnen oft bleibt bei uns, ist das Sammeln, weil unsere Kinder nicht mehr jagen und auch nicht mehr Feuer machen können. Insofern sollten wir ihnen das auf jeden Fall lassen.

Frage: Trotzdem haben Eltern ja dann mal die 150. Kastanie zu Hause. Oder die Steinsammlung ist zu groß geworden. Wie setzt man dem gut Grenzen?

Schmidt: Bringen Sie Ihrem Kind bei, dass man die Dinge auch wieder in die Natur zurückgibt. Wenn sie nomadisch leben würden, könnten sie sie gar nicht herumschleppen. Wir können das nur, weil wir sesshaft sind. 

Also bringen Sie Ihrem Kind bei: „Diese ganzen Kastanien werden jetzt schon trocken, die müssen zurück in den Wald. Die dürfen wieder zurück dahin, woher sie kommen, und wir holen sie uns wieder, wenn wir sie wieder brauchen. Die Steine dürfen zurück an ihren Platz, die Stöcke dürfen wieder dorthin zurück, wo wir sie hergeholt haben.“ Ein schöner Nebeneffekt: Die Kinder lernen dabei auch etwas über den Kreislauf der Natur, über Nehmen und Geben, über Ressourcen rausholen und Ressourcen zurückgeben.

© dpa-infocom, dpa:240930-930-248232/1


Von dpa
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