Die Bewerbung ist abgeschickt, viel Arbeit steckt darin und viel Hoffnung auf einen neuen Job. Und schon eine Stunde später liegt die Absage im E-Mail-Postfach. Das ist frustrierend, nagt am Selbstvertrauen – und ist ein ziemlich sicheres Zeichen, dass kein Mensch Anschreiben und Lebenslauf geprüft hat. Sondern eine Maschine.
„Künstliche Intelligenz spielt im Bewerbungs- und Auswahlverfahren eine zunehmend wichtigere Rolle“, beobachtet Emine Yilmaz vom Personaldienstleister Robert Half. Die Systeme prüfen Lebenslauf und Anschreiben. Dann erstellen sie Rankings und priorisieren automatisch diejenigen, die den vorab definierten Kriterien und Anforderungen entsprechen.
Bewerberinnen und Bewerber müssen deshalb doppelt überzeugen – nicht nur die Menschen in der Personalabteilung, sondern auch deren digitale Helfer. Aber wer die Systeme versteht, kann sie auch für sich nutzen: So wird die Bewerbung in fünf Schritten KI-sicher.
Eine Stellenanzeige hat mehrere Funktionen: Sie sollte möglichst präzise die Tätigkeit sowie die Anforderungen beschreiben. Und Lust auf das Unternehmen machen, das den Job zu vergeben hat. Diese Botschaft gilt es, möglichst passgenau bei der gewünschten Zielgruppe zu platzieren. Auch dafür wird mittlerweile Kollegin KI eingesetzt.
Die Tools können beispielsweise mit Informationen aus internen Datenbanken über besonders erfolgversprechende Karrierewege gefüttert werden. Zugleich identifizieren sie Schlüsselwörter, die von Bewerbern häufig gesucht oder von Konkurrenzunternehmen verwendet werden, mit dem Ziel, eine möglichst präzise und gut auffindbare Ausschreibung zu formulieren.
Das bedeutet für Bewerberinnen und Bewerber: Sie müssen aus der Ausschreibung herausfiltern, was dem Unternehmen wichtig ist. Welche Qualifikationen, Kompetenzen und Jobtitel werden genannt, vielleicht sogar mehrfach? Auf exakt diese Begriffe wird es im Bewerbungsprozess ankommen. „Sie sind die Basis für das erste automatisierte Ranking der hochgeladenen Bewerbungen“, sagt Dirk Aßmann-Staudt, Jobcoach und Autor des Buchs „KI in Bewerbung und Karriere“.
Die Maschine mag es klar strukturiert. Ungewöhnliche Layouts – früher ein durchaus probates Mittel, um sich von der Masse der Bewerber abzuheben – schätzt sie nicht. Im Gegenteil: Das erschwert den Systemen die Auswertung des Geschriebenen. Hilfreich sind stattdessen strukturierende Zwischenüberschriften im Lebenslauf wie „Berufserfahrung“ und „Fähigkeiten“.
Die einzelnen Stationen des bisherigen Berufslebens werden nicht als Fließtext aneinandergereiht, sondern übersichtlich mit Aufzählungszeichen aufgelistet. Auf Tabellen, eingebettete Bilder und Grafiken sollte man verzichten, so Emine Yilmaz. Sie rät zu klassischen Standardschriftarten. Gespeichert und verschickt werden die Dokumente am besten als PDF.
Die Schlüsselbegriffe, die man in der Stellenanzeige identifiziert hat, müssen auf jeden Fall in der Bewerbung vorkommen. „Die KI bewertet nicht die Schönheit eines Lebenslaufs, sondern Keywords, Skills und Formulierungen“, sagt Dirk Aßmann-Staudt.
Als Bewerberin oder Bewerber kann man sich dabei durchaus ebenfalls von einem KI-Tool helfen lassen - also etwa einem Chatbot. „Man lädt die Ausschreibung hoch, dazu den eigenen Lebenslauf, eventuell ergänzt um Zusatzinformationen über die eigenen Erwartungen an den neuen Job, und bittet das Tool zu prüfen, ob der Lebenslauf zur Stellenanzeige passt“, empfiehlt der Jobcoach.
Überall dort, wo sich Lücken auftun, wo der Test zu dem Ergebnis kommt, dass es möglicherweise an Qualifikationen fehlt, sollte man nacharbeiten: Sind sie tatsächlich nicht vorhanden? Oder hat man möglicherweise nur den falschen Wortlaut gewählt. Denn gefunden wird nur exakt dieselbe Formulierung, Kreativität in der Wortfindung kann man sich größtenteils sparen.
Laut Ausschreibung werden Kenntnisse in Buchhaltung verlangt? Dann muss dieser Begriff im Lebenslauf vorkommen, „und kein Synonym wie etwa Expertise in Finanzverwaltung“, sagt Personalberaterin Yilmaz. Sie rät außerdem dazu, Fähigkeiten möglichst detailliert aufzulisten, also beispielsweise sämtliche technischen Tools zu nennen, die man beherrscht.
Die Versuchung ist groß, einen Chatbot auch die mühsame Arbeit des Anschreibens erledigen zu lassen: „Bitte schreibe eine Bewerbung auf die Stelle XYZ“ – und Sekunden später steht der Text auf dem Monitor, auf den ersten Blick durchaus wohlformuliert. Auf den zweiten Blick wird man feststellen, dass er vor allem aus austauschbaren Floskeln besteht.
„Für ein gutes Ergebnis muss man die KI mit sehr guten Informationen füttern“, sagt Jobcoach Aßmann-Staudt. Und das erfordert eine Vorarbeit, die einem kein Tool abnehmen kann: „Zusätzlich zum Lebenslauf sollte man seine sämtlichen Erfolge und Stärken im Berufsleben aufschreiben, dazu priorisiert die Wünsche an eine neue Arbeitsstelle.“ Wenn man diese Informationen jedes Mal wieder hochlade, werde das Ergebnis, das einem ein Chatbot liefert, zunehmend individueller ausfallen.
Trotzdem sollte es nur das Grundgerüst sein, die Basis für den Feinschliff, mit dem man herausarbeitet, warum man der Mensch ist, der am besten geeignet ist für den ausgeschriebenen Job. „Reine KI-Bewerbungen sagen nichts über die Persönlichkeit aus“, sagt Aßmann-Staudt.
Die KI-System der Personalabteilungen suchen nicht nur nach Keywords, sie bevorzugen auch fehlerfreie Bewerbungen. Im letzten Schritt prüft man deshalb die Dokumente noch einmal auf korrekte Rechtschreibung und Grammatik. Auch hier kann man sich von KI-Assistenten mit einer Sprach- und Stil-Prüfung helfen lassen.
Wenn das Ergebnis dann zunächst von einer Maschine gelesen und bewertet wird, hat das nach Ansicht von Personalberaterin Emine Yilmaz nicht nur für die Personalabteilungen, sondern auch für die Bewerber Vorteile: Den HR-Managern nehme es repetitive Arbeiten ab und beschleunige dadurch die Bewerbungsverfahren. Zugleich könnten die Systeme – wenn sie gut programmiert sind – „unbewusste Vorurteile reduzieren und Skills und Talente entdecken, die sonst möglicherweise nicht gesehen worden wären“.
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