Intendantin Katharina Wagner hat sich rundum zufrieden mit dem Start der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele gezeigt. „Ich stehe hier ziemlich glücklich“, sagte sie auf dem traditionellen Staatsempfang nach der Premiere am späten Montagabend. Zuvor war im Festspielhaus eine Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“ gezeigt worden. „Wir haben innerhalb von sehr, sehr kurzer Zeit diese Produktion auf die Bühne gebracht, dafür möchte ich allen Mitwirkenden danken.“ Das Musikdrama war kurzfristig auf den Spielplan gerückt - für den Fall, dass eine der großen Chor-Opern „Lohengrin“, „Tannhäuser“ oder „Der fliegende Holländer“ dem Coronavirus zum Opfer fallen.
Regisseur Roland Schwab sei eine „ästhetische und berührende Inszenierung“ gelungen, sagte Wagner. Sie dankte auch dem „wunderbaren Dirigenten“ Markus Poschner, der nur zwei Proben mit dem Festspielorchester hatte. Poschner war kurzfristig eingesprungen, weil der für „Tristan“ vorgesehene Dirigent Cornelius Meister den vierteiligen „Ring des Nibelungen“ übernimmt.
Die frühere Regierungschefin Angela Merkel (CDU) und ihr Mann Joachim Sauer waren nach der Vorstellung nicht zum Staatsempfang in das Neue Schloss gekommen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fand die Inszenierung „beeindruckend“. Er sei kein „geborener Wagnerianer“, räumte er ein, er nähere sich dem Thema immer mehr an. „Aber heute hat es mir sehr gut gefallen.
Erstmals besuchte Grünen-Chefin Ricarda Lang das Festival. Sie sagte: „Ich fand es sehr beeindruckend, aber auch ein wenig überwältigend: Das erste Mal bei den Festspielen, das erste Mal Wagner. Da muss man sich erst einmal darauf einlassen.“
Ihre Parteikollegin Kulturstaatsministerin Claudia Roth wollte den Krieg in der Ukraine nicht ausblenden. Sie vergesse nicht, „dass ein Krieg stattfindet, der ein Krieg gegen die Kultur ist“, sagte sie. Russland greife in der Ukraine auch Kultureinrichtungen an. Über die Neuproduktion sagte sie: „Mein Herz ist schwer berührt von diesem Abend.“ Die Hitze - am Nachmittag waren es 35 Grad in Bayreuth - störte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) nicht. Sie habe stattdessen Gänsehaut von der Musik.
Der bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU) bescheinigte den Festspielen einen „Auftakt nach Maß“. Die Inszenierung habe er „sehr stark, ebenso stimmgewaltig wie bildgewaltig“ gefunden.
Während am Abend im Festspielhaus noch „Tristan und Isolde“ gegeben wurde, waren vor Richard Wagners früherem Wohnhaus ganz andere Töne zu hören: Der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband Bayreuth (SDS) hatte zu einer Demo gegen Wagner und gegen die Festspiele aufgerufen. Laute Techno-Beats sollten dabei einen Kontrast zu Wagners Musik bilden. Die Initiatoren kritisierten Wagner als „Vordenker des Antisemitismus“. Die Festspiele seien ein „Klassenfest für die Reichen und Mächtigen im Land“. Zugleich verwiesen sie auf die Verstrickungen der Familie Wagner in das NS-Regime.
Die nächste große Neuinszenierung bei den Festspielen gibt es am 31. Juli zu sehen - dann beginnt das vierteilige Mammutwerk „Ring des Nibelungen“
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