Deutschlands Handballerinnen verließen trotz des ausgebliebenen EM-Wunders erhobenen Hauptes das Parkett. Nach der 27:32 (13:19)-Niederlage gegen Norwegen müssen die DHB-Frauen zwar weiter auf die erste EM-Medaille seit 1994 warten. Doch der insgesamt beherzte Auftritt im Duell mit dem Olympiasieger und Rekord-Europameister machte Mut für die Zukunft.
„Wenn du gegen Norwegen so schnell klar zurückliegst, ist die Gefahr einer zweistelligen Niederlage immer da. Deshalb bin ich zufrieden, wie die Mannschaft ihren Weg gefunden hat, gegen diese Wucht zu agieren. Sie hat nach dem Wechsel mutig, kreativ und flexibel gespielt“, sagte Bundestrainer Markus Gaugisch.
Durch die dritte Turnierpleite büßte die DHB-Auswahl jedoch die letzte theoretische Chance auf den Einzug ins Halbfinale ein und läuft nun sogar Gefahr, das Minimalziel Top 8 zu verfehlen. „Da wollen wir hin“, gab Gaugisch das Ziel für den EM-Abschluss vor.
Das DHB-Team weist 2:6 Punkte auf und kann damit in der Gruppe II nicht mehr einen der ersten zwei Plätze erreichen. Norwegen (8:0) und die Niederlande (6:2) liegen uneinholbar vor der deutschen Mannschaft, die bei einer weiteren Niederlage gegen Slowenien am Mittwoch sogar auf Rang fünf abrutschen würde und damit im besten Fall EM-Neunter werden könnte. „Wir wollen das Spiel unbedingt gewinnen“, sagte Gaugisch.
Vor 2677 Zuschauern in Wien waren Alina Grijseels, Annika Lott, Viola Leuchter und Alexia Hauf mit jeweils vier Toren beste Werferinnen für die DHB-Auswahl, die bei der Premiere vor 30 Jahren im eigenen Land mit Silber das bisher einzige EM-Edelmetall holte. Die bisher letzte Medaille bei einem großen Turnier gab es bei der WM 2007 mit Bronze.
Die deutsche Mannschaft, die kurzfristig auf die erkrankte Linksaußen Antje Döll verzichten musste, konnte dem Turnierfavoriten nur in den ersten fünf Minuten Paroli bieten. Dann zog Norwegen mit einem 5:0-Lauf von 2:2 auf 7:2 davon.
Gaugisch verfolgte den nervösen und fehlerhaften Auftritt seiner Schützlinge wild gestikulierend am Spielfeldrand. Doch das half ebenso wenig wie der Tausch der kompletten Rückraum-Reihe nach etwa 15 Minuten. Gegen die physisch starke Abwehr der Skandinavierinnen fanden die DHB-Frauen im Angriff kaum Lösungen.
Auch in der Abwehr bekam die deutsche Mannschaft nur selten Zugriff. Die Folge war ein Sieben-Tore-Rückstand (5:12) Mitte der ersten Hälfte. Zwar ließ sich die DHB-Auswahl nicht hängen kam dank eines 3:0-Laufs wieder etwas näher heran. Doch mehr ließ der heiße Gold-Anwärter nicht zu. Bis zur Pause zog Norwegen wieder auf sechs Tore davon.
Für das Highlight aus deutscher Sicht sorgte Rückraumspielerin Viola Leuchter, die nach Ablauf der ersten 30 Minuten mit einem direkten Freiwurf zum Halbzeitstand traf. Nach dem Wechsel blieb Deutschland bemüht und hielt zumindest kämpferisch dagegen. „Wir haben reagiert, das ist wichtig“, stellte Rückraumspielerin Xenia Smits fest. „Ich glaube nicht, dass die locker flockig gespielt haben.“
Ernsthaft gefährden konnte die DHB-Auswahl den neunmaligen Europameister jedoch nicht mehr. Zu groß war die Hypothek aus der schwachen ersten Halbzeit. Zwar kam Deutschland in der Schlussphase noch mal auf, am Ende stand aber wie schon gegen die Niederlande (22:29) und Dänemark (22:30) eine Niederlage. „Ich denke, wir konnten sie ein wenig ärgern“, resümierte Torfrau Katharina Filter.
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