Außenministerin Annalena Baerbock hat sich beim Treffen der G20-Außenminister der führenden Wirtschaftsmächte direkt an ihren russischen Kollegen Sergej Lawrow gewandt und ein Ende des Krieges in der Ukraine verlangt.
„Wenn Ihnen Menschenleben am Herzen liegen, wenn Ihnen Ihr eigenes Volk am Herzen liegt, russische Kinder und Jugendliche, müssen Sie diesen Krieg jetzt beenden“, sagte die Grünen-Politikerin im brasilianischen Rio de Janeiro direkt an Lawrow gewandt, der drei Plätze links von ihr saß. „Wenn Russland diesen Krieg jetzt beenden würde, wäre morgen der Weg zum Frieden und zur Gerechtigkeit weit offen“, fügte sie hinzu.
An die anderen Mitglieder der Runde gerichtet appellierte Baerbock: „Wenn wir eine „gerechte Welt“ aufbauen wollen, müssen wir Kriege und Krisen gemeinsam angehen. Entschlossen, respektvoll und mit der Bereitschaft zur Selbstreflexion.“ Sie respektiere die unterschiedlichen Perspektiven zum Krieg in der Ukraine. Ein Land, das 10.000 Kilometer von Kiew entfernt sei, empfinde eine andere Bedrohung der Sicherheit als ein Land in Europa.
Aber „Russlands Aggression ist mehr als ein regionaler Konflikt“, mahnte Baerbock. Der russische Angriffskrieg „fordert uns alle auf, die Grundprinzipien, die uns alle schützen, entschlossen zu verteidigen: die Charta der Vereinten Nationen, das Völkerrecht und die Menschenrechte. Diese Prinzipien schützen alle Nationen, egal wie groß oder klein.“
Der G20-Runde gehören neben Deutschland, Frankreich und den USA unter anderem auch Russland und China an. Die G20-Gruppe steht für etwa 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft und 60 Prozent der Weltbevölkerung. Brasilien hat aktuell den Vorsitz.
In Kiew lobte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Luftwaffe für den Abschuss von sieben russischen Kampfjets. Innerhalb einer Woche seien die Suchoi-Kampfflugzeuge abgeschossen worden, sagte der Staatschef in seiner abendlichen Videobotschaft. „Ich bin unserer Luftwaffe und allen, die unseren Luftraum schützen, dankbar“, sagte Selenskyj. Zu den wichtigsten Aufgaben in dem Krieg gehöre der Schutz des Luftraums und der Positionen an der Front vor russischen Luft- und Raketenangriffen.
Vor dem zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns kündigte Selenskyj auch neue bedeutende Sicherheitsabkommen mit den Verbündeten der Ukraine an. Es gehe unter anderem um Verteidigungshilfen für die Soldaten und sehr konkrete finanzielle Garantien für den Staat, sagte Selenskyj. Details nannte er zunächst nicht. Zuletzt hatte die Ukraine mit Großbritannien, Deutschland und Frankreich Sicherheitsabkommen geschlossen. Weitere sollten in den kommenden Wochen folgen, kündigte der Präsident an.
Die Ukraine gedenkt an diesem Samstag des zweiten Jahrestages des Beginns des russischen Angriffskrieges. Kremlchef Wladimir Putin hatte die Invasion am 24. Februar 2022 befohlen und damit Tod und Zerstörung über das Nachbarland gebracht. Die Ukraine verteidigt sich mit militärischer, finanzieller und militärischer Hilfe des Westens gegen den Überfall.
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat sich für die Annexion der ukrainischen Hafenstadt Odessa und später womöglich auch die Einnahme der Hauptstadt Kiew ausgesprochen. „Odessa, komm nach Hause zurück“, sagte der Vizechef des russischen Sicherheitsrates in einem Interview mit Medienvertretern, das er am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichte. Die Stadt sei ihrer Sprache und Geschichte nach sowie in Bezug auf die Menschen, die dort wohnten, russisch, behauptete er. „Das ist unsere russische Stadt“, betonte er. Wahrscheinlich müsse irgendwann auch Kiew erobert werden, fügte er später hinzu.
Wo Russland seinen Vormarsch stoppen solle, wisse er nicht, sagte Medwedew, der nach wie vor als Vertrauter von Präsident Wladimir Putin gilt. Putin selbst hatte Odessa auch schon mehrfach als russische Stadt bezeichnet, antwortete auf Fragen zu einer möglichen Einnahme der Schwarzmeer-Metropole aber nicht so klar wie Medwedew.
Die russische Armee erobert eigenen Angaben nach ein weiteres Dorf im Gebiet Donezk in der Ostukraine. Der Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums bei Telegram zufolge handelt es sich dabei um den Ort Pobjeda, etwa 20 Kilometer südwestlich der Gebietshauptstadt Donezk. Ukrainische Militärblogger bestätigten das russische Vorrücken auf ihren Karten. Vor dem Krieg lebten nur ein paar Dutzend Menschen in dem Dorf.
Deutschland und Tschechien führen Gespräche über einen weiteren sogenannten Ringtausch, um die Ukraine mit schweren Waffen zu beliefern. Über ein entsprechendes Angebot aus Berlin berichtete der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala nach einer Kabinettssitzung am Mittwochabend. „Das wird es uns ermöglichen, unsere Abhängigkeit von russischer Technik zu reduzieren und unsere Armee zu modernisieren“, sagte der liberalkonservative Politiker.
Deutschland könnte Tschechien demnach weitere Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 zur Verfügung stellen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich dabei um aus der Schweiz beschaffte Panzer, die vertraglich vereinbart nicht in die Ukraine geliefert werden dürfen. Im Gegenzug würde Tschechien aus seinen Beständen weitere Panzer der sowjetischen Bauart T-72 an die Ukraine abgeben.
Wie nun bekannt wurde, hat Prag dem von Russland angegriffenen Land seit Beginn der russischen Invasion 62 Kampfpanzer, 131 Schützenpanzer, sechs Hubschrauber und 16 Luftabwehrsysteme übergeben. In einem ersten Ringtausch hatte Tschechien bereits 14 Leopard-2A4-Kampfpanzer aus deutschen Industriebeständen als Ausgleich entgegengenommen. Ein Bergepanzer Büffel soll noch folgen.
Großbritannien sagt der Ukraine die Lieferung von weiteren 200 Panzerabwehrlenkwaffen zu. „Diese Raketen haben bereits erhebliche Auswirkungen auf dem Schlachtfeld gehabt und in einem Fall russische Streitkräfte gezwungen, ihren Versuch, einen Fluss zu überqueren, aufzugeben und sich zurückzuziehen“, sagte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps im Parlament in London. Großbritannien übergab bereits zuvor Hunderte Brimstones an die Ukraine.
Shapps kündigte zudem an, dass Großbritannien gemeinsam mit seinen Verbündeten im ersten Halbjahr 2024 weitere 10.000 ukrainische Soldaten ausbilden werde. Großbritannien werde seine Unterstützung für die Ukraine verstärken, sagte der Minister.
Während einer Sondersitzung sagt Lettlands Parlament der Ukraine Unterstützung bis zu deren Sieg zu. „Wir müssen so viel wie möglich tun, und noch mehr“, sagte Staatspräsident Edgars Rinkevics in seiner Rede vor den Abgeordneten des baltischen EU- und Nato-Landes in Riga. Zugleich warnte er vor Kriegsmüdigkeit: „Lasst uns ohne Illusionen leben. Leider könnte Russlands Aggression gegen die Ukraine noch Jahre andauern“.
Auch Regierungschefin Evika Silina rief zur anhaltenden politischen, militärischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine auf. Nach ihren Angaben hat Lettland seit Kriegsbeginn mit Hilfen im Wert von mindestens 650 Millionen Euro unterstützt.
In diesem Jahr sollten sie bei über 200 Millionen Euro liegen, sagte die Ministerpräsidentin des an Russland grenzenden Ostseestaats mit 1,9 Millionen Einwohnern. Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk dankte in einer Videoansprache dem lettischen Volk für die „unerschütterliche Unterstützung und Hilfe“.
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