Die EU hat den russischen Angriff auf ein Frachtschiff im Schwarzen Meer verurteilt. Ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell bezeichnete ihn als „weitere Eskalation“ und Beweis dafür, dass Russland auch den zivilen Seeverkehr terrorisiere. „Indem Russland Häfen und Exportanlagen ins Visier nimmt, verschärft es absichtlich die globale Ernährungskrise“, sagte er.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte unterdessen in seiner abendlichen Videoansprache, es sei „einer der größten ukrainischen Erfolge“, dass es zunehmend gelinge, das Schwarze Meer von russischen Kriegsschiffen zu säubern. Er spielte damit offenbar auf wiederholt erfolgreiche Angriffe seiner Armee gegen die Schwarzmeerflotte der russischen Besatzer an.
Russland hatte bei einem Raketenangriff am Mittwoch in der südukrainischen Region Odessa erstmals ein ziviles Frachtschiff getroffen. Dabei wurde örtlichen Militärangaben zufolge ein ukrainischer Lotse an Bord getötet. Das mit Eisenerz beladene Schiff unter der Flagge Liberias lief demnach gerade in den Hafen ein, nachdem es den Seekorridor passiert hatte, den die Ukraine vor einigen Monaten für zivile Frachter eingerichtet hatte. Schiffe befahren diesen Korridor allerdings auf eigenes Risiko, da Russland im vergangenen Sommer unter großem internationalem Protest ein gemeinsames Exportabkommen aufgekündigt und den Seeweg unter anderem nach Odessa für unsicher erklärt hat.
In der umkämpften südukrainischen Region Cherson wurden mehrere Menschen getötet und verletzt. Im ukrainisch kontrollierten Teil starb laut Angaben von Militärgouverneur Olexander Prokudin ein 72-jähriger Mann durch russischen Beschuss von Wohngebieten in der gleichnamigen Gebietshauptstadt Cherson. Zwei weitere Menschen wurden demnach verletzt. Auch die russischen Besatzer auf der anderen Seite der Front meldeten mehrere Tote und mindestens elf Verletzte in der Hafenstadt Skadowsk. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg setzt weiter auf einen Vormarsch der ukrainischen Streitkräfte gegen die russischen Angreifer. „Wir müssen auf die Langstrecke vorbereitet sein. Kriege sind ihrem Wesen nach nicht vorhersagbar“, sagte Stoltenberg der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Was wir aber wissen, ist, dass die Geschehnisse rund um einen Verhandlungstisch untrennbar verbunden sind mit der Situation auf dem Gefechtsfeld“, sagte er.
Nur militärische Unterstützung könne erreichen, dass die Ukraine als souveräner und demokratischer Staat erhalten bleibe. Nur diese werde den russischen Präsidenten Wladimir Putin überzeugen, dass er nicht auf dem Schlachtfeld gewinnen könne.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich nach Kremlangaben erneut in Rostow am Don im Führungskommando für den Krieg gegen die Ukraine ein Bild über die Gefechtslage verschafft. Im Beisein von Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschefs Waleri Gerassimow habe sich Putin über neue Modelle eingesetzter Militärtechnik und über den Gang der „militärischen Spezialoperation“ informiert, teilte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag mit. Details nannte er nicht. Russland nennt den Angriffskrieg weiter offiziell „militärische Spezialoperation“.
Der Kremlchef besuchte den Stab im südlichen Militärbezirk damit nach offiziellen Angaben zum fünften Mal. Der letzte Besuch war am 20. Oktober. Auch im Kriegsgebiet selbst war der 71-Jährige laut Kreml bereits.
Die Bundesregierung tauscht sich am Freitag auf der Bundeswehrtagung in Berlin mit der militärischen Führung über den weiteren Kurs der Streitkräfte aus. Unter den Themen des Treffens ist auch die Verlegung einer Brigade nach Litauen.
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