Siemens hat für das dritte Quartal seines Geschäftsjahres solide Zahlen vorgelegt, in denen sich aber leichte Bremsspuren finden. Unter dem Strich verdiente der Münchner Konzern trotz erneuter Belastungen aus seiner Beteiligung an der kriselnden früheren Energiesparte Siemens Energy nach eigenen Angaben 1,4 Milliarden Euro. Der Umsatz legte auf 18,9 Milliarden zu. Dennoch wird Siemens in der Prognose für seine größte Sparte Digital Industries (DI) etwas vorsichtiger.
DI beschäftigt sich vor allem mit der Automatisierung und Digitalisierung von Fabriken und Fertigung. Dort sank der Auftragseingang nun um mehr als ein Drittel. Bei der zweitgrößten Sparte Smart Infrastructure (SI) stagnierte er. Konzernchef Roland Busch erklärte die beiden Entwicklungen mit einer Normalisierung des Bestellverhaltens.
In den vergangenen Jahren hatte die Industrie als Reaktion auf unsichere Lieferketten ihre Lagerbestände aufgestockt - wovon auch Siemens als Lieferant profitiert hatte. Nun passten die Unternehmen ihre Lagerbestände an die „entspanntere Situation bei den Lieferketten“ an, sagte Busch. Zusammen mit Lieferverschiebungen durch die Kunden habe das ein stärkeres Umsatzwachstum bei DI verhindert.
Schnelle Änderung ist nicht in Sicht: „In China erholt sich der Markt für die industrielle Produktion langsamer als erwartet“, sagte Busch. „Wir gehen daher von einer weiter abgeflachten Entwicklung aus.“ In der Prognose für die Sparte DI wird Siemens dementsprechend zurückhaltender: Die Umsätze sollen dort nun nicht mehr ganz so schnell wachsen wie ursprünglich vorhergesagt und auch die Vorhersagen für die Marge sind einen Hauch zurückhaltender.
Die im laufenden Jahr schon zweimal angehobene Prognose auf Konzernebene bekräftigte Siemens dagegen. Grundsätzlich seien die langfristigen Wachstumstrends „voll intakt“, betonte Busch.
Erneut spielte auch die inzwischen auf gut ein Viertel abgeschmolzene Beteiligung an der vor knapp drei Jahren an die Börse gebrachten ehemaligen Energiesparte Siemens Energy eine Rolle. Der hohe Verlust des Unternehmens belastete auch Siemens. Die „wiederholten massiven Verluste und Qualitätsmängel“ im Windgeschäft seien „eine schwere Enttäuschung“, sagte Busch und kritisierte das Krisenmanagement. Er kündigte an: „Wir werden unseren Anteil weiter zurückfahren“, nannte aber keine weiteren Details.
Dafür dass der Auftragseingang auf Konzernebene trotz der Schwächen bei DI und SI dennoch auf 24,2 Milliarden stieg, sorgte die kleinste Konzernsparte Mobility, bei der einige Großaufträge erfasst wurden. Der Konzern-Auftragsbestand kletterte auf den Rekordwert von 110 Milliarden Euro.
Insgesamt äußerte sich Busch positiv über das abgelaufene Quartal. „Wir sind erneut profitabel gewachsen und haben unsere Wettbewerbsstärke in allen unseren Geschäften unter Beweis gestellt“, sagte er. Die Börse konnte er damit allerdings nicht überzeugen: Am Morgen war Siemens der größte Verlierer im Aktienindex Dax.
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