Corona-Boom vorbei, Gegenwind im Geschäft mit Halbleitermaterialien für Elektrogeräte: Nach einem deutlichen Gewinnrückgang 2023 setzt der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck auf die Wende in diesem Jahr. Das Dax-Unternehmen fokussiere sich auf die „schrittweise Rückkehr zu Wachstum im Laufe des Geschäftsjahrs 2024“, sagte Vorstandschefin Belen Garijo bei der Bilanzvorlage am Donnerstag.
2023 bezeichnete sie als Übergangsjahr: Merck kämpfte mit einem Nachfrageeinbruch im Laborgeschäft, das in der Corona-Pandemie noch dank großer Nachfrage von Impfstoffherstellern floriert hatte. Zuletzt aber bauten viele Kunden in der Pandemie aufgestockte Lager ab. Die Corona-bedingten Umsätze fielen von rund 800 Millionen Euro 2022 auf 250 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Daneben schwächelte auch die Elektroniksparte länger als gedacht, dort stellt der Konzern unter anderem Halbleitermaterialien für elektronische Geräte und Flüssigkristalle her - hier wirkt sich ein Abschwung in der Elektronikindustrie aus. Zudem leidet Merck bei Flüssigkristallen etwa für Smartphone- und TV-Bildschirme schon länger unter harter Konkurrenz aus Asien.
Einzig die Pharmasparte legte 2023 zu, weil sich Kassenschlager gegen Krebs und Multiple Sklerose gut verkauften. Wichtige Hoffnungsträger floppten zuletzt aber. So wurde die Entwicklung des Mittels Evobrutinib gegen Multiple Sklerose, von dem sich einen Merck Milliarden-Umsatz erhofft hatte, gestoppt.
Insgesamt fiel der Umsatz 2023 gemessen am Vorjahr um fast sechs Prozent auf knapp 21 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis sank gar um gut 14 Prozent auf knapp 5,9 Milliarden Euro. Damit traf Merck seine zuvor gesenkten Prognosen. Unter dem Strich verdienten die Darmstädter rund 2,8 Milliarden Euro, gut 15 Prozent weniger als im Vorjahr.
Dieses Jahr soll es wieder aufwärts gehen: Der Umsatz und das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen sollen aus eigener Kraft „leicht bis moderat“ steigen. Unter anderem setzt Merck darauf, dass die Aufträge im Laborgeschäft schrittweise wieder anziehen. Am Ziel von 25 Milliarden Euro Umsatz bis 2025 hält der Vorstand fest - das werde aber ein „Kampf“, sagte Finanzchefin Helene von Roeder.
Die raueren Zeiten bekommen die Merck-Beschäftigten zu spüren. So wurden 200 Stellen in der Pharmasparte gestrichen, rund 550 Jobs fallen in Zentralfunktionen wie IT, Einkauf, Personal und Recht bis Jahresende weg. Ein Sparpaket aus dem Herbst sieht zudem den Abbau von bis zu 230 Stellen in der Elektroniksparte vor.
Betriebsbedingte Kündigungen am Hauptsitz Darmstadt, wo Merck rund 12.500 der über 64.000 Mitarbeiter beschäftigt, sind per Beschäftigungsgarantie bis Ende 2025 ausgeschlossen. Garijo bekräftigte, weiter in das Stammwerk zu investieren. 2025 werde die Beschäftigung dort größer sein als vor der Corona-Pandemie.
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