Die Union hakt ihre Pleite bei der Landtagswahl in Brandenburg schnell ab und nimmt nun die Bundestagswahl in einem Jahr ins Visier. Die Führungsgremien von CDU und CSU bestätigten in Berlin und München Friedrich Merz einhellig als gemeinsamen Kanzlerkandidaten. Darauf hatte sich der CDU-Vorsitzende zuvor schon mit CSU-Chef Markus Söder geeinigt. Heute in einem Jahr und einer Woche werde man voraussichtlich wieder hier stehen, sagte Merz im Konrad-Adenauer-Haus. „Und dann möchte ich, dass wir feststellen können, dass wir die Bundestagswahl 2025 gewonnen haben.“
Langer Beifall in einer Pressekonferenz ist absolut ungewöhnlich. Es waren aber nicht die Journalistinnen und Journalisten, sondern die Mitarbeiter im Konrad-Adenauer-Haus, die applaudierten, als CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verkündete, CDU-Präsidium und Bundesvorstand hätten Merz einstimmig als Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt. Fast zeitgleich tat dies auch der CSU-Vorstand in München.
„Friedrich Merz ist der richtige Mann zur richtigen Zeit“, sagte Linnemann. Deutschland erlebe einen wirtschaftlichen Abschwung par excellence, der Zusammenhalt in der Gesellschaft bröckele. „Und deshalb braucht es jetzt einen Mann, der Führung zeigt und Kompetenz mitbringt.“ Deutschland habe eigentlich die besten Voraussetzungen für die Zukunft. „Es muss nur vernünftig regiert werden.“ Merz betonte, die Union und er trauten sich diese Aufgabe zu.
Die CDU-Führung hielt sich mit dem Wahldesaster in Brandenburg am Vortag nicht lange auf. Ja, die 12,1 Prozent und damit der vierte Platz bei der Landtagswahl seien „schmerzhaft“ für die CDU, räumte Merz ein. Das sei aber das Ergebnis „äußerer Umstände“, die die CDU nicht zu verantworten habe. „Die CDU ist zerrieben worden zwischen AfD und SPD.“ Wer weiter Ministerpräsident Dietmar Woidke gewollt habe, habe nur die SPD wählen können. Wer ihn nicht mehr gewollt habe, habe sich nur die AfD entscheiden können. Darunter habe vor allem die CDU gelitten.
Auch in München hieß es, Brandenburg sei ein Sonderfall. „Da sehe ich jetzt keinen Dämpfer und keine Beeinträchtigung für Friedrich Merz“, versicherte Söder.
Der CDU-Vorsitzende geht davon aus, dass Bundeskanzler Olaf Scholz Spitzenkandidat der SPD bei der Bundestagswahl wird. Er sehe keine Möglichkeit, dass sich das noch einmal ändern könnte. „Ich gehe davon aus, dass das eine Auseinandersetzung wird zwischen Union und SPD und damit zwischen dem Bundeskanzler und mir. Und ganz ehrlich, bei der Performance dieser Bundesregierung freue ich mich auf die Auseinandersetzung.“
Zugleich stellt sich Merz auf einen „sehr harten Wahlkampf“ ein. „Wir werden da ganz konsequent mit Sachthemen antworten und versuchen, dieses Land wieder auf Kurs zu bringen.“ Merz betonte: „Die Substanz in diesem Land ist nach wie vor vorhanden, wenn auch beschädigt, aber sie ist vorhanden. Die Menschen wollen wieder besser regiert werden.“
Merz beschwor mehrfach die große Geschlossenheit von CDU und CSU. „Uns steckt allen noch die Erfahrung des Bundestagswahlkampfes 2021 in den Knochen. Und wir wollen so etwas nicht wiedersehen. Wir wollen diese Wahl gewinnen. Und das geht nur, wenn CDU und CSU in großer Geschlossenheit in diese Wahl gehen.“ 2021 hatte sich NRW-Ministerpräsident Armin Laschet als Kanzlerkandidat der Union durchgesetzt. Der unterlegene Söder trug dann im Wahlkampf durch fortlaufende Sticheleien erheblich zur Wahlniederlage der Union bei.
Nun betonte auch Söder die Gemeinsamkeiten von CDU und CSU. Weder er noch Merz bräuchten Ratgeber von der Seitenlinie, vielmehr würden sie gemeinsam den anstehenden Wahlkampf „rocken“. Er sei sich dabei seiner persönlichen Verantwortung durchaus bewusst. „Die CSU ist gut auf Kurs und wird alles dazu beitragen, dass es ein gesamtdeutsch gutes Ergebnis gibt.“
Bei der Bewertung der Grünen sind allerdings Unterschiede unverkennbar. Während Söder eine Zusammenarbeit mit ihnen kategorisch ausschließt, macht Merz dies nur für die Grünen in ihrer heutigen Verfassung. Söder drohte mit einem CSU-Veto, sollte die CDU nach der Bundestagswahl ein schwarz-grünes Bündnis ins Auge fassen. Eine Koalition gehe nur einvernehmlich. Die CSU kann die Grünen verhindern und wir werden es auch tun, nur dass man das hier an der Stelle sieht“, sagte Söder.
Merz teilte zwar „voll und ganz“ dessen Einschätzung, „dass mit diesen Grünen ein Politikwechsel in Deutschland, insbesondere in der Wirtschaftspolitik nicht möglich ist“. Das gelte auch für die Innen- und die Migrationspolitik. Aber: „Die Grünen haben es selbst in der Hand, darüber zu entscheiden, ob sie wieder ein ernsthafter Gesprächspartner werden, Kooperationspartner werden.“
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