Der Praxis- für Kinder und Jugendpsychiatrie in Herrieden droht das Aus. Übergangsweise hatte Facharzt Jörg Mangold die Leitung übernommen. Wenn sich nicht rasch noch ein Nachfolger findet, wird die Praxis Ende Februar aber geschlossen. Mit dramatischen Auswirkungen auf die Versorgungssituation in Westmittelfranken.
„Ende Februar ist für mich Schluss.“ Das steht für Jörg Mangold, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und viele Jahre lang selbst Leiter der Praxis in Herrieden, fest. Eigentlich hatte er seinen Posten bereits 2020 an die langjährige Oberärztin am Bezirkskrankenhaus Ansbach, Martina Vogler-Oehler, abgegeben, um sich anderen Herausforderungen zu widmen. Doch diese erkrankte. Und Mangold übernahm die Leitung übergangsweise erneut, damit sie inzwischen genesen könne. Nun steht jedoch fest, dass Martina Vogler-Oehler krankheitsbedingt nicht mehr in ihren Job zurückkehren wird.
Neben Mangold sind momentan zwei weitere Fachärztinnen als Angestellte im Praxisteam. Eine davon ist ebenfalls erkrankt und verlässt die Praxis zum Jahresende. Aktuell gibt es also niemanden, der die Rolle als Inhaber der Fachärztepraxis übernimmt.
„Wenn sich nicht doch noch rasch eine Nachfolgelösung findet, hätte das besorgniserregende Folgen für die Versorgungssicherheit in Westmittelfranken“, erklärt Mangold. „Das ist restlos bitter. In erster Linie für die Patienten. Sie würden sich dann an Praxen in Ballungsräumen wie Nürnberg, Fürth oder Erlangen wenden müssen. Denn es gebe in Stadt und Landkreis Ansbach sowie im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim insgesamt nur zwei weitere Kassensitze, weiß Mangold. Dazu kommt die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Bezirksklinikum Ansbach.
Das bestätigen die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). In deren Versorgungsatlas sind alle in Bayern zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen, angestellten und ermächtigten Ärzte gelistet. Im Gebiet Westmittelfranken – dazu gehört nach Definition der Kassenärztlichen Vereinigung neben der Stadt Ansbach und den Landkreisen Ansbach und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim auch der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen – liege der Versorgungsgrad derzeit zwar bei 117 Prozent und damit noch „deutlich über den Zahlen die der Bundesgesetzgeber, der Gemeinsame Bundesausschuss in Berlin statistisch vorschreibt.“
Laut KVB muss aber klar betont werden, dass „die Bedarfsplanung ein rein rechnerisches Konstrukt auf Basis von Vorgaben des Gesetzgebers darstellt“. Mangold sieht, dass ein großer Teil der Versorgung verlorengeht, wenn die Praxis in Herrieden mit drei Ärzten wegfällt. Pro Quartal würden dort 500 bis 600 Kinder und Jugendliche behandelt. Viele Patienten seien dazu gekommen, weil im Sommer eine Facharztpraxis in Gunzenhausen schloss.
Neue Patienten zur Diagnostik könnten nicht mehr aufgenommen werden – nur Notfälle. Und das gerade in einer Zeit, in der Krisen geeignete Behandlungsmöglichkeiten so dringend machen: „Die Pandemie belastet Kinder und Jugendliche psychisch besonders stark, insofern ist hier ein höherer Bedarf an fachlicher Hilfe durch Ärzte und Psychotherapeuten gegeben“, betont ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern.
Deshalb wurde im Bundesausschuss in Berlin eine Erhöhung der zur Verfügung stehenden Vertragsarztsitze für Kinder- und Jugendpsychiater beschlossen. „Bundesweit wurden 60 Plätze mehr zugelassen“, weiß Mangold.
In Herrieden gestaltet es sich schwer, einen Vertragsarzt als Nachfolger in der leitenden Funktion von Jörg Mangold zu finden. Er weiß, dass die Verantwortung eine eigene Praxis zu führen, viele zurückschrecken lässt. Auch weil der bürokratische Aufwand zunehme. Außerdem stünde die Work-Life-Balance stärker im Fokus. „Die neue Generation an Medizinern arbeitet vermehrt angestellt und in Teilzeit“, bestätigt die Kassenärztliche Vereinigung.
Gerade in seinem Bereich kann Mangold jedoch Ängste nehmen: Anders als etwa beim klassischen Hausarzt am Land, sei es als Kinder- und Jugendpsychiater sehr gut möglich, im Team zu arbeiten und Aufgaben aufzuteilen.
„Wenn sich jetzt noch ein Nachfolger melden würde, könnten wir die Zukunft der Praxis sichern.“ Aber gerade bleibe nichts anderes übrig, als sich darauf einzustellen, dass sie Ende Februar geschlossen werde.
Wer Probleme hat, einen Arzttermin für sich oder seine Kinder zu bekommen, den verweist die Kassenärztliche Vereinigung Bayern an die Terminservicestelle unter der Rufnummer 116117. Dort gibt es Unterstützung dafür, Termine bei Hausärzten, Fachärzten oder Psychotherapeuten zu finden. Mehr Infos unter www.kvb.de/service/patienten/terminservicestelle/.