Der letzte Auftritt von Rafael Nadal lässt im von Unwettern geplagten Malaga selbst die großen Sorgen vor den Folgen der Klimakatastrophe für ein paar Tage in den Hintergrund treten. An der Fassade des Palacio de deportes José María Martín Carpena ist ein riesiges Plakat angebracht. „GRACIAS, RAFA“ (Danke Rafa) steht in großen Buchstaben darauf geschrieben.
Denn nach 22 Jahren auf der Tour ist für den spanischen Tennis-Titan in dieser Woche Schluss. Geplagt von vielen Verletzungen beendet Nadal bei den Davis Cup Finals seine eindrucksvolle Karriere. „Es geht einfach nicht mehr“, hatte der 38-Jährige im Oktober in einer Videobotschaft gesagt. „Wenn ich könnte, würde ich weiterspielen“, sagte Nadal am Montag in Malaga. Aber es geht eben nicht mehr
Eigentlich wäre Paris der logische Ort gewesen, an dem diese ganz besondere Tennis-Laufbahn zu Ende geht. Auf keinem anderen Platz hat Nadal so große Erfolge gefeiert und die Konkurrenz so sehr dominiert wie auf dem Court Philippe Chatrier im Stade Roland Garros. 14 seiner 22 Grand-Slam-Titel holte der Spanier bei den French Open. Auch seinen letzten im Jahr 2022.
Schon damals waren viele davon ausgegangen, dass Nadal seine Siegesrede dazu nutzen würde, sein Karriereende zu verkünden. Doch die Liebe zum Tennis war beim Mallorquiner einfach noch zu groß, um einen Schlussstrich zu ziehen. So versuchte es Nadal noch zwei weitere Jahre lang immer wieder, sich zurückzukämpfen. Doch sein so kräftezehrendes Spiel über all die Jahre hat einfach zu großen Tribut gezollt.
Den perfekten Abschied gebe es nicht, sagte Nadal, der in seiner Karriere 1080 Matches gewonnen hat. „Die Film-Enden sind für amerikanische Filme. Ich habe schon vor langer Zeit erkannt, dass ich nicht so einen haben werde“, gab der langjährige Weltranglisten-Erste zu. Ein Triumph im Davis Cup mit Nadal auf dem Platz wäre aber schon noch einmal etwas ganz Besonderes. „Das wäre ein schöner Abschied für mich und eine Freude für uns alle.“
Sein letztes offizielles Spiel bestritt Nadal bei den Olympischen Spielen in Paris in der zweiten Runde gegen seine langjährigen Rivalen Novak Djokovic. Schon da war er Ende Juli kein ebenbürtiger Gegner mehr.
Nun kehrt er in seiner spanischen Heimat ein letztes Mal auf den Tennisplatz zurück. In welcher Verfassung, das ist die große Frage. „Ich habe mich ganz gut vorbereiten können“, berichtete Nadal über die jüngsten Trainingstage in seiner eigenen Akademie auf Mallorca.
„Ich bin hier, um diese Woche zu genießen und dann schauen wir, was passiert“, sagte Nadal bei seiner Ankunft in Malaga. Der Fokus soll auf dem Sport, nicht auf seinem Karriereende liegen. „Das wird mich nicht ablenken. Ich bin nicht hier, um zurückzutreten, sondern um dem Team zu helfen.“ Ob er das kann und darf, will Teamchef David Ferrer erst kurz vor der Partie gegen die Niederlande verkünden.
Alle hoffen natürlich, dass Nadal im Laufe der Woche noch einmal in einem Einzel zum Einsatz kommen wird. Die Tickets für das Spiel der Gastgeber gegen die Niederlande am Dienstag (17.00 Uhr) waren innerhalb weniger Stunden ausverkauft. „Wir hätten auch das Estadio Santiago Bernabéu füllen können“, sagte Turnierdirektor Feliciano Lopez mit Blick auf das rund 80.000 Zuschauer fassende Fußball-Stadion von Real Madrid.
Doch in Malaga werden nur etwa 10.000 Zuschauer dabei sein, darunter Stars aus Sport, Show und Politik. „Natürlich planen wir einen ganz besonderen Abschied für diesen ganz besonderen Sportler und Menschen“, sagte Lopez. Die Schwierigkeit dabei: Keiner weiß genau, wann Nadals letzter Auftritt sein wird.
Schon am Dienstag gegen die Niederlande? Oder erst im Halbfinale, womöglich gegen Deutschland? Oder sogar erst im Finale am Sonntag? Und spielt Nadal überhaupt noch mal? Oder geht seine Zeit als Ersatzmann zu Ende? „Wenn es keinen Sinn macht, dann werde ich der Erste sein, der das sagte“, versprach Nadal, der in engem Austausch mit Spaniens Teamchef Ferrer steht.
Bis zu einer Entscheidung wird jeder Auftritt Nadals ganz besonders unter die Lupe genommen. Jede Bewegung wird in Spanien genau analysiert. Die Nadal-Mania kennt fast keine Grenzen. Die spanische Tennis-Legende versucht, die letzten Tage seiner Karriere trotz des Hypes so gut es geht zu genießen. „Ich bin aufgeregt, einen langen und wunderbaren Teil meines Lebens zu einem Ende bringen“, sagte Nadal. „Man muss akzeptieren, dass alles einen Anfang und ein Ende hat.“
Nadal ist nach Roger Federer der Zweite der großen Drei, der sich in den sportlichen Ruhestand verabschiedet. „Ich habe immer gehofft, dass dieser Tag nie kommen würde“, sagte der Schweizer. „Danke, dass du mich in unserer Rivalität, die mich als Spieler am meisten geprägt hat, so oft an meine Grenzen gebracht hast“, sagte der Serbe Novak Djokovic, der anders als Nadal trotz seiner 37 Jahre auch im kommenden Jahr noch spielen wird.
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