Verstappen-Triumph im Regen-Chaos - „In einer eigenen Welt“ | FLZ.de

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Veröffentlicht am 03.11.2024 13:38, aktualisiert am 03.11.2024 23:54

Verstappen-Triumph im Regen-Chaos - „In einer eigenen Welt“

Verstappen liefert eine weltmeisterliche Leistung ab.  (Foto: Andre Penner/AP/dpa)
Verstappen liefert eine weltmeisterliche Leistung ab. (Foto: Andre Penner/AP/dpa)
Verstappen liefert eine weltmeisterliche Leistung ab. (Foto: Andre Penner/AP/dpa)

Max Verstappen schrie seine Freude laut heraus, stieg auf seinen Red Bull mit ausgebreiteten Armen und herzte seine Crew. „Jaaaaaa! Was für ein unglaubliches Rennen, Jungs. Wisst ihr, was das ist: Einfach wundervoll“, funkte der Triumphator nach einem chaotischen und vor allem denkwürdigen Rennen in São Paulo noch aus Wagen. „Er war in einer eigenen Welt“, sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko dem TV-Sender Sky: „So eine Demonstration hat alles gesprengt und ist die richtige Antwort auf alles, was in den letzten Wochen war.“

 

Mit einer weltmeisterlichen Aufholjagd zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg nach 133 Tagen brachte sich der 27 Jahre alte Niederländer im Red Bull für die vorzeitige WM-Krönung schon in drei Wochen im Glücksspielparadies Las Vegas in Position. An einem von Unwettern, Crashs und Safety-Car-Phasen sowie Roten Flaggen geprägten Fomel-1-Wochenende auf dem Drama-Kurs von Interlagos raste Verstappen von Platz 17 zum Sieg beim Großen Preis von Brasilien vor begeisterten Fans. „Ich hoffe, sie hatten ihren Spaß“, sagte der Gewinner, dessen brasilianische Freundin Kelly Piquet ihm mit Tränen in den Augen auf dem Siegerpodest zuschaute. 

WM-Vorentscheidung nach Norris' Patzern? 

Verfolger Lando Norris verpasste nach einem vom Teamkollegen geschenkten Erfolg im Sprintrennen tags zuvor und der Pole für den Großen Preis, den Rückstand auf Verstappen weiter zu verringern. Im Gegenteil: Er musste die womöglich vorentscheidende Niederlage nach mehreren Patzern im WM-Duell mit dem Niederländer hinnehmen. Der 24-Jährige kam im McLaren nicht über Rang sechs hinaus - und musste am Ende noch froh sein, nicht noch weiter nach hinten zu rutschen. Ein Vergehen bei einem Startabbruch ahndeten die Rennkommissare einige Stunden nach dem Rennende mit einer Verwarnung und 5000 Euro Bußgeld. 

Im Klassement liegt Norris nun 62 Punkte hinter Verstappen, der sich auch noch den Extra-Zähler für die schnellste Runde schnappte. In der Wüste von Nevada kann es sich Verstappen nun sogar leisten, zwei Punkte auf Norris einzubüßen, und sich dennoch zum vierten Mal in Serie zum Weltmeister zu küren. Alpine-Pilot Esteban Ocon und Teamkollege Pierre Gasly rasten völlig überraschend auf das Podium. Nico Hülkenberg kam im Chaos von Interlagos nicht ins Ziel, er sah die Schwarzen Flaggen, nachdem er Hilfe von außen bekommen hatte und musste vorzeitig aus seinem Haas aussteigen. 

Verstappen und die Rennkommissare: „Wir fühlen uns unfair behandelt“

Für Verstappen endet ein Wochenende mit der maximalen Versöhnung, das lange nach einem weiteren Wut- und Frust-Grand-Prix für ihn aussah.  „Meine Emotionen waren heute eine Achterbahnfahrt“, sagte er. 

Nachdem er vor einer Woche in Mexiko-Stadt zwei Zeitstrafen bekommen hatte, musste er schon vor dem Hauptrennen wieder zu den Rennkommissaren. Diesmal brummten sie ihm fünf Sekunden nach dem Sprint auf, er fiel von Platz drei auf vier zurück. Das kostete ihn nochmal einen Punkt im Duell mit Norris, dem der Sieg über die 100 Kilometer von Teamkollege Oscar Piastri geschenkt worden war.

Doch damit nicht genug. In der Qualifikation, die nach einem Unwetter am Samstag auf Sonntagmorgen 7.30 Uhr Ortszeit verschoben worden war, sah sich Verstappen als Leidtragender einer eher spät eingeleiteten Rot-Phase nach einem von insgesamt fünf Unfällen auf der erneut nassen Strecke: „Das ist Bullshit“, fluchte er und haute wütend auf sein Lenkrad. Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko betonte: „Die Gemütslage ist nicht sehr erfreulich, wir fühlen uns unfair behandelt. Das gibt uns zu denken.“

Weil er auch noch einen neuen Motor in Brasilien brauchte und dafür um fünf Plätze zurückversetzt wurde, musste Verstappen von Platz 17 starten. Und wie schon am Vortag zogen dunkle Wolken auf. Weil erneut heftiger Regen vorhergesagt war, wurde das Rennen anderthalb Stunden früher angesetzt. Dennoch leuchtete auf der Anzeigentafel: „Regenrisiko für das Formel-1-Rennen 100 Prozent.“

Norris verpatzt einmal mehr den Start

Dass es den Ersten dann auf noch leicht abtrocknender Strecke erwischt, war ebenso überraschend wie peinlich. Aber nachdem Lance Stroll leicht in die Reifenstapel gefahren war, blieb er auch noch im Kiesbett stecken. Der Start wurde abgebrochen, ohne Drama und Chaos ging auch an diesem Wochenende auf dem legendären Kurs in Interlagos wieder nicht. 

Das Problem: Norris und einige hinter ihm fuhren los, nachdem der Start abgebrochen war. Nun wurde unter anderem gegen Briten ermittelt, obwohl noch nicht mal eine Rennrunde gefahren war. Die Rennkommissare wollten eine Entscheidung aber erst nach dem Grand Prix treffen.

Als es endlich losging, kam Norris einmal mehr nicht optimal weg und innen zog George Russell im Mercedes vorbei. Der Start bleibt ein Problem des WM-Herausforderers. Vier seiner sechs Poles vor diesem Rennen konnte Norris nicht in Siege umwandeln. 

Verstappens beeindruckende Aufholjagd

Hinten machte Verstappen binnen kürzester Zeit sieben Plätze gut und arbeitete sich auch danach immer weiter vor. Welche Klasse der 27 Jahre Niederländer hat, zeigte er bei diesen Verhältnissen. Auch ohne die Überholhilfe DRS schnappte er sich einen nach dem anderen, auch Piastri musste dran glauben, er wehrte sich aber auch kaum. Vorne klagte Norris, er sei auf den Geraden zu langsam, um Russell zu überholen.

Ehe der Regen stärker wurde, sorgte Hülkenberg für eine virtuelle Safety-Car-Phase, die Russell und Norris zum Reifenwechsel nutzten. Verstappen blieb draußen und lag nun auf einmal auf Rang zwei hinter dem überraschend führenden Ocon und vor Gasly, Norris und Russell. 

Dann schickte die Rennleitung aber das Safety Car raus, es war wieder zu nass. So sehr sogar, dass es schon wieder einen erwischte. Franco Colapinto zerstörte dabei seinen Williams - schon in der Quali hatten er und Teamkollege Alexander Albon jeweils mit heftigen Abflügen für Rotphasen gesorgt. 

Verstappen kann mit Vettel gleichziehen 

Albon hatte nicht mal starten können wegen der zu umfangreichen Reparaturarbeiten. Für Shootingstar Colapinto endete eine Woche, die für ihn auch vom Tod des Opas überschattet war, mit einer ersten ganz großen Enttäuschung. 

So wie der Restart nach der Unterbrechung für Norris. Statt an Gasly vorbeizukommen, verbremste er sich, kam von der Strecke ab und musste Russell wieder überholen lassen. An der Spitze schien Verstappen bei den heiklen Bedingungen auf Nummer sicher zu gehen, eher nach einer erneuten Safety-Car-Phase an Ocon vorbeizog, und sich Norris weiter hin noch mal verbremste.

Für Verstappen, der mittlerweile auch länger in der WM vorne liegt, als es der bisherige Rekordinhaber Michael Schumacher jemals war, könnte es das vorentscheide Rennen auf dem Weg zum vierten WM-Titel gewesen sein, mit dem er mit den Ex-Piloten Sebastian Vettel und Alain Prost gleichziehen würde. Nur die Rekordchampions Lewis Hamilton und Schumacher (7) sowie Juan Manuel Fangio (5) holen noch mehr Titel.

© dpa-infocom, dpa:241103-930-277724/5


Von dpa
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