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Veröffentlicht am 01.08.2023 16:43

Neukauf: Den richtigen Motorradhelm finden

Ein Helm ist keine Jeans: Selbst wer sich auf ein ganz spezielles Modell eines Herstellers in einer bestimmten Größe eingeschossen hat, probiert den nächsten Helm besser vor dem Neukauf an. (Foto: Ina Fassbender/dpa-tmn)
Ein Helm ist keine Jeans: Selbst wer sich auf ein ganz spezielles Modell eines Herstellers in einer bestimmten Größe eingeschossen hat, probiert den nächsten Helm besser vor dem Neukauf an. (Foto: Ina Fassbender/dpa-tmn)
Ein Helm ist keine Jeans: Selbst wer sich auf ein ganz spezielles Modell eines Herstellers in einer bestimmten Größe eingeschossen hat, probiert den nächsten Helm besser vor dem Neukauf an. (Foto: Ina Fassbender/dpa-tmn)

Knallig bunt oder einfarbig matt, ganz geschlossen, zum Aufklappen oder vorn stets offen - Helme fürs Motorrad gibt es unzählige und einen geeigneten zu tragen ist seit 1976 Pflicht. Worauf muss man beim Kauf besonders aufpassen?

„Der größte Fehler ist sicherlich, dass man einfach nur aufs Design achtet und dann die Passform außer Acht lässt“, sagt Matthias Haasper vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz). „Die ist aber entscheidend dafür, dass der Helm im Fall des Falles am besten schützen kann.“

Der beste Weg zu einem optimal sitzenden und im Endeffekt sicheren Motorradhelm führt direkt in ein Fachgeschäft, sagt Klaus Herder. „Das Wichtigste ist schlicht und einfach die Anprobe“, sagt der Redakteur der Zeitschrift „Motorrad“.

Größen können von Hersteller zu Hersteller anders ausfallen

Vom pauschalen Onlinekauf rät Redakteur Herder ab. „Das geht in den meisten Fällen schief. Das fängt schon damit an, dass Sie Größen überhaupt nicht miteinander vergleichen können.“

Selbst Biker, die sich seit Jahren auf eine bestimmte Größe eines Modells eines Herstellers eingeschossen haben, können nicht immer blind neu kaufen. Manchmal verändern Hersteller auch hier Details.

Manche bieten zudem typischerweise eher größere oder kleinere Formen. So hilft auch der oft zusätzlich zur Größe angegebene Kopfumfang in Zentimetern nicht verbindlich weiter. Denn auch Ohren-, Kinn- und Nasenform, Stirnhöhe oder Wangenbreite spielen eine wichtige Rolle. Der Umfang kann als Anhaltspunkt bei der Anprobe dienen, ob man zuerst eher ein Modell beispielsweise in L oder XL probiert.

Das A und O - die gründliche Anprobe

Auch bei der Anprobe lauern Fehler - der größte: Die Leute fühlen sich zu wohl darin, sprich der Helm sitzt schön kuschelig und locker. Klar ist auch: „Natürlich darf er nicht drücken“, sagt Herder.

„Knackig“ soll er sitzen und das prüft man etwa so: Mit den Enden der Riemen links und rechts in Händen wird der Helm auf den Kopf gestreift. Mit geschlossenem Riemen und geradem und starrem Kopf fassen beide Hände dann an den Helm und versuchen, ihn auf dem Kopf nach links und rechts zu verdrehen. Ist hier eine spürbare Bewegung möglich, ist der Helm zu groß. Nur eine minimale Bewegung von maximal ein bis zwei Zentimetern ist okay.

An der Stirn sollten keine zwei Finger Platz haben, wenn man den Helm von hinten nach vorn drückt. Der Kopf darf sich bei mit geschlossenem Verschluss auch nicht vom Kopf ziehen lassen. Der Kinnriemen sollte bequem gepolstert sein und nicht etwa gegen den Kehlkopf drücken.

Wer aber nach der Anprobe im Laden nach rund zehn Minuten oder nach einer Probefahrt auf dem Motorrad rote Flecken im Gesicht hat, weil er scheuert und drückt, weiß: Der Helm ist zu klein.

Zubehör mitbringen und auf gewünschte Ausstattung achten

Wer oft mit Brille, Sonnenbrille, Sturmhaube oder Ohrstöpseln fährt, bringt solche Sachen zur Anprobe mit. Eine Probefahrt ist stets sinnvoll. Denn neben der passiven Sicherheit - Schlagdämpfung - sind ein gutes Sichtfeld, gute Belüftung und angenehmes Verhalten im Fahrtwind, geringe Windgeräusche und wenig Gewicht wichtig.

Und besser prüfen, wie gut Zubehör bedienbar bleibt. Praktisch ist eine verbaute Sonnenblende im Helmvisier, speziell für Brillenträger, die nicht extra auf eine Sonnenbrille wechseln müssen. Auch ein beschlagfreies Doppelvisier hält Herder für sinnvoll.

Verschlusssache Helm

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten von Kinnverschlüssen. Beim sogenannten Doppel-D-Ringverschluss zieht man den Riemen durch zwei D-förmige Ringe. Vorteil: Er hält sehr fest. „Und eine zufällige Öffnung ist eigentlich ausgeschlossen“, sagt Ruprecht Müller vom ADAC. Manch einer empfindet das Schließen als etwas zu kompliziert.

Komfortabler ist der Ratschenverschluss: „In meinen Augen der ideale Verschluss“, sagt Müller. Der lässt sich einfacher festziehen, auch mit Handschuhen, aber jedes Mal wieder in der optimalen Länge. Für Ersthelfer wichtig: „Er lässt sich mit einem Zug schnell öffnen.“

Der Klickverschluss ähnelt einem Sicherheitsgurt und wird in der Länge einmal eingestellt. Wenn man aber mal kein Halstuch, Schal oder Sturmhaube unter dem Helm trägt, kann ein engerer Sitz erforderlich sein, so Haasper. Wer dann einen einmal eingestellten Klickverschluss nicht nachspannt, läuft Gefahr, den Helm nicht stramm genug zugemacht zu haben. Auch kann das Drücken der Öffnungstaste mit Handschuhen schwierig sein.

Der ideale Helm für alle?

„Es gibt nicht den idealen Helm, es gibt den idealen Helm für den entsprechenden Einsatzzweck“, so Herder. Auch das Komfortbedürfnis spielt eine Rolle. Ein Klapphelm kann praktisch für Brillenträger sein, die nicht immer die Brille ein- oder ausfädeln wollen, einfach das Oberteil hochklappen, praktisch auch für Raucherpausen.

Wer aber seine Maschine gern mal auf Rennstrecken bei Trackdays bewegt, braucht einen leichten Integralhelm mit guter Aerodynamik. „Da kommt es auf jedes Gramm an“, sagt Herder. Das kann schnell mehrere Hundert Euro kosten und auch in vierstellige Bereiche gehen.

Am anderen Ende kann aber auch ein Aktionshelm vom Discounter etwa für Wenigfahrer auf einem Roller ausreichen. Dieser muss dann für einen zweistelligen Betrag in Bezug auf die Schlagdämpfung nicht unsicherer sein als teurere Modelle. Typische gute Mittelklassehelme, wie Herder sie auch für „Motorrad“ mit mehr Komfort und verschiedenen Eigenschaften testet, sind oft zwischen 200 und 300 Euro zu haben.

Welche Helmform und welche Farbe wählen?

Ob offener Jet-, Klapp- oder voll geschlossener Integralhelm: „Letztlich ist es wirklich eine persönliche Ermessenssache“, sagt Haasper. Allerdings gelte der Integralhelm schon als Maß der Dinge in der passiven Sicherheit, weil er eben das Rundumpaket liefert - sprich auch den Gesichtsbereich schützen kann. Das kann der Klapphelm auch, wenn er geschlossen bleibt. Auch ein Moto-Cross-Helm hat in der Regel ein Kinnteil. Herder gibt zu bedenken: „Aber vielleicht bleibe ich im Sommer bei über 30 Grad mit offenen Jet-Helm konzentrierter, mache keine Fehler oder erkenne frühzeitig die anderer.“

Geachtet werden sollte aber stets auf die ECE-Prüfnorm. Die aktuelle Norm lautet ECE-R 22.06. Aber auch noch Helme der Vorgänger-Norm 22.05 sind noch im Handel zu finden. Bei guter Passform und passender Ausstattung kann aber beiden Normen gegriffen werden.

„Man braucht nicht gleich bunt wie ein Papagei durch die Gegend fahren“, sagt Haasper. Aber der Helm sollte als höchster und nicht durch Gepäck oder Verkleidung verdeckter Punkt abwechslungsreiche Farben, bestenfalls Signalfarben zeigen. Auch auf den Kontrast kommt es an, etwa eine dunklere Kombi zusammen mit einem hellen Helm.

© dpa-infocom, dpa:230706-99-305838/3


Von dpa
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