Seine Europa-Grafik diente als Vorlage für Milliarden von Euro-Geldscheinen, doch die Vergütung für den Schöpfer bleibt mager: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wies im Berufungsverfahren die Klage eines inzwischen 87 Jahre alten Kartografen ab, der von der Europäischen Zentralbank (EZB) in erster Instanz 5,5 Millionen Euro für die Nutzung seines Werkes verlangt hatte.
„Der für Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat kommt zu dem Ergebnis, dass dem Kläger auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Urheberschaft an der Datei und der Annahme eines urheberrechtsschutzfähigen Werks kein Nachvergütungsanspruch zusteht“, teilte das OLG am Donnerstag mit. Nach Ansicht des OLG, vor dem es im Rahmen einer Teilklage um eine Forderung von 25.000 Euro ging, stellt die auf den Euro-Scheinen abgebildete Landmasse tatsächlich ein anderes Werk dar.
Revision wurde nicht zugelassen, möglich wäre jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof (BGH). Der Anwalt des Kartografen, Philip M. Jakober, sagte in einer ersten Reaktion, er halte es für „sehr wahrscheinlich“, dass er den Weg zum BGH beschreiten werde. Die ursprüngliche Millionenforderung seines Mandanten sei keineswegs vom Tisch.
Der österreichische Kartograf ist nach Angaben von Jakober sein Leben lang „für die Erstellung seiner Landkarten rund um den Globus gereist“. Für die Darstellung Europas, die nun seit einigen Jahren Juristen beschäftigt, verwendete er demnach verschiedene Satellitenbilder und digitale Dateien, verschob dann Küstenlinien, Fjorde sowie Inseln und überarbeitete Oberflächenstrukturen und Farben.
Im Jahr 1997 übertrug der Kartograf nach Angaben seines Anwalts gegen Zahlung von 30.000 Schilling - umgerechnet 2180 Euro - die Nutzungsrechte für die so geschaffene Europa-Darstellung an die österreichische Zentralbank. Später ging diese Lizenz auf die EZB über, die das Europa-Relief auf die Rückseiten sämtlicher Euro-Banknoten drucken ließ.
Die jetzt in zweiter Instanz entschiedene Auseinandersetzung mit der EZB kam durch eine eigentlich unverfängliche Anfrage des Kartografen ins Rollen: 2014 sei sein Mandant mit dem Wunsch an die EZB herangetreten, ihm ein neues Kartenprojekt zu finanzieren, schilderte Anwalt Jakober. Die Notenbank habe daraufhin eine Auflistung seiner Ansprüche und Forderungen angefordert. Bei einer Prüfung des Falls kam die Kanzlei dann zu dem Schluss, der Kartograf habe keine angemessene Vergütung für die Nutzung seines Werkes erhalten.
Das Landgericht Frankfurt hielt die nach dem Urheberrecht erhobene Nachforderung von 2,5 Millionen Euro sofort und weiteren 3 Millionen Euro für die kommenden 30 Jahre nicht für rechtmäßig. Die Bilddatei sei zwar bei der Gestaltung der Banknoten verwendet worden, weiche aber gleichzeitig so weit ab, dass ein selbstständiges neues Werk geschaffen worden sei, begründeten die Richter im Mai 2022 ihr Urteil. Unter anderem seien die Farbe verändert und bestimmte geografische Elemente nicht übernommen worden.
Dem schloss sich das Oberlandesgericht inhaltlich an. Zudem sah der OLG-Senat keinen Kausalzusammenhang zwischen der Nutzung der Europa-Karte auf den Banknoten und der Höhe der sogenannten Seigniorage-Einkünfte der EZB, an denen der Kläger beteiligt werden wollte. Diese Einkünfte für das Banknotenhandling wären nach Ansicht des Gerichts so auch entstanden, wenn die Karte nicht für die Euro-Banknoten genutzt worden wäre.
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