Viele Chancen für deutsche Talente und Filmproduktionen bei den diesjährigen Oscars - eine ganze Reihe Anwärter aus Deutschland könnten bei der Trophäengala am 2. März Gold holen. Rein zahlenmäßig liegen bei der 97. Oscarvergabe der Musical-Thriller „Emilia Pérez“, das Drama „Der Brutalist“ und das Musical „Wicked“ vorn. Die französische Produktion „Emilia Pérez“ wurde 13 Mal nominiert, „Der Brutalist“ und „Wicked“ jeweils 10 Mal.
Das Drama „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ des in Hamburg lebenden iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof wurde für Deutschland in der Sparte International Feature Film nominiert. Der heimlich gedrehte Film handelt von den Massenprotesten im Iran nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022.
Im Zentrum steht ein Ehepaar mit zwei Töchtern im Teenager-Alter. Der Film wurde hauptsächlich in Deutschland produziert und konnte daher für das Land ins Rennen gehen. Nach Anklagen und Haftandrohung hatte Rasoulof im vergangenen Frühjahr den Iran verlassen.
Die Produzenten Rozita Hendijanian und Mani Tilgner haben das Filmteam um Rasoulof für ihren Mut gelobt. „Wir fühlen uns sehr geehrt, dass „Die Saat des heiligen Feigenbaums” für den Oscar nominiert wurde“, teilten sie über German Films, die Auslandsvertretung des deutschen Films, mit. Die Produzenten freuten sich, dass der Film und die Mühen des gesamten Teams, welches bereit gewesen sei, jedes Risiko einzugehen, „nun auch von der Academy Anerkennung findet“.
„Emilia Pérez“ schreibt nach Angaben der Filmakademie Oscar-Geschichte als nicht englischsprachiger Film mit den meisten Nominierungen überhaupt. „Der Brutalist“ ist die Geschichte eines jüdischen Architekten aus Ungarn, der nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA ein neues Leben beginnen will.
Hauptdarsteller Adrien Brody setzt sich über 20 Jahre nach seinem Oscar-Gewinn für „Der Pianist“ in „The Brutalist“ wieder mit den Folgen des Holocaust auseinander. Im Kontrastprogramm dazu steht die Verfilmung des Broadway-Musicals „Wicked“ mit US-Superstar Ariana Grande als Hexe Glinda und Cynthia Erivo als Elphaba. Die beiden wurden ebenfalls nominiert - Grande als beste Nebendarstellerin, Erivo als beste Hauptdarstellerin.
Auch der Vatikan-Thriller „Konklave“ des in Wolfsburg geborenen Regisseurs Edward Berger ist mit acht Nominierungen einer der Spitzenkandidaten. „Konklave“ ist einer von zehn Anwärtern in der Topsparte „Bester Film“, zudem winken Trophäen für Hauptdarsteller Ralph Fiennes, Nebendarstellerin Isabella Rossellini, Filmmusik (Volker Bertelmann), Kostümdesign (Lisy Christl) sowie für adaptiertes Drehbuch, Bühnenbild und Schnitt. Ebenfalls acht Nominierungen hat die Bob-Dylan-Filmbiografie „Like A Complete Unknown“.
Berger triumphierte schon 2023 mit seinem Kriegsfilm „Im Westen Nichts Neues“ bei der Oscar-Gala mit vier Preisen, darunter als bester Internationaler Film. Gold gab es damals auch für die beste Filmmusik des Düsseldorfer Komponisten Bertelmann.
Auch der deutsche Film „September 5“ über das Olympia-Attentat 1972 in München hat Chancen auf einen Oscar. Regisseur und Autor Tim Fehlbaum, Drehbuchautor Moritz Binder und Co-Autor Alex David sind für das beste Drehbuch nominiert.
Der deutsche Spezialeffekte-Künstler Gerd Nefzer, der bereits zwei Oscars hat, könnte für seine Mitarbeit an „Dune: Part Two“ eine weitere Trophäe holen.
In den Schauspiel-Sparten gehören Adrien Brody, Timothée Chalamet, Ralph Fiennes, Kieran Culkin, Edward Norton, Jeremy Strong, Cynthia Erivo, Demi Moore, Ariana Grande, Felicity Jones, Isabella Rossellini und Zoe Saldaña zu den Nominierten.
Gerade bei den Frauen sind viele zum ersten Mal im Oscar-Rennen. Demi Moore holte mit 62 Jahren ihre erste Anwartschaft mit ihrem furchtlosen Einsatz in dem Body-Horrorfilm „The Substance“ - als ältere Schauspielerin, die sich ein Wundermittel spritzt, um jünger auszusehen.
Erstmals dabei ist auch die spanische Trans-Schauspielerin Karla Sofía Gascón, die in „Emilia Pérez“ einen mexikanischen Kartellboss spielt, der sein Geschlecht zur Frau angleichen lässt. Newcomer Mikey Madison glänzt in „Anora“ als selbstbewusste Sexarbeiterin, auch die Brasilianerin Fernanda Torres (59) feiert ihre Oscar-Premiere.
Die Brasilianerin überzeugt mit ihrer Rolle in „I'm Still Here“ von Regisseur Walter Salles. Der Film erzählt von einer Familie, die die grausamen Auswirkungen der brasilianischen Militärdiktatur in den 1970er Jahren miterlebt.
Der Schock nach den verheerenden Großfeuern in Los Angeles mit mindestens 28 Todesopfern und mehr als 15.000 zerstörten Gebäuden sitzt tief. Die Katastrophe hatte zum Aufschub der Bekanntgabe der Nominierungen geführt. Doch an dem lange geplanten Gala-Termin am 2. März möchten die Veranstalter festhalten. Akademie-Chefin Janet Yang und Geschäftsführer Bill Kramer betonten, im Rahmen der Zeremonie auch den vielen Feuerwehrleuten und Helfern Tribut zu zollen und die Film-Community „in dieser schwierigen Zeit“ zu feiern und zu unterstützen.
Diese Aufgabe fällt teilweise auch einem Oscar-Neuling zu. Der US-Comedian Conan O'Brien steht bei der Gala zum ersten Mal als Moderator auf der Bühne, als Nachfolger des Comedians Jimmy Kimmel. O'Brien hatte jahrzehntelang seine eigene Late-Night-Show und arbeitet derzeit vor allem als Podcast-Gastgeber.
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