Pogrom-Gedenken: Knobloch sieht Zeit der Desillusionierung | FLZ.de

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Veröffentlicht am 09.11.2023 21:55

Pogrom-Gedenken: Knobloch sieht Zeit der Desillusionierung

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, nimmt an einem Fest- und Gedenkakt zur Pogromnacht teil. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, nimmt an einem Fest- und Gedenkakt zur Pogromnacht teil. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, nimmt an einem Fest- und Gedenkakt zur Pogromnacht teil. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

85 Jahre nach den Novemberpogromen der Nationalsozialisten fühlt sich die Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch angesichts des zunehmenden Antisemitismus desillusioniert. „Was vor 20 Jahren undenkbar gewesen wäre, ist heute Tatsache: Rechtsextreme in unseren Parlamenten. Offener Judenhass auf deutschen Straßen. Kämpfe gegen Deutschlands Erinnerungskultur von rechts und von links. Jüdische Menschen, die am liebsten wieder unsichtbar sein möchten. Und noch etwas, das wir nie für möglich gehalten hätten: Ein Pogrom an Juden in Israel“, sagte am Donnerstag die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) bei einem Festakt in München, bei dem auch an die Grundsteinlegung der Hauptsynagoge Ohel Jakob 20 Jahre zuvor erinnert wurde.

„Jüdische Normalität bedeutet heute, im Jahr 2023: Überwachungskameras, Metall-Detektoren, kugelsicheres Glas. Die Sicherheit, die wir haben, müssen wir uns schaffen“, sagte Knobloch, die auch mal Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland war. Dennoch hofft die 91-Jährige auf eine Zukunft für Jüdinnen und Juden in Deutschland. Ein jüdisches Leben ohne Angst und ohne Aber müsse möglich sein, „weil wir uns gemeinsam weigern, aufzugeben, woran wir so fest glauben“.

Das Gedenken stand unter dem Eindruck der Terrorangriffe der Hamas auf Israel, die mit einer Attacke am 7. Oktober begonnen hatten, bei der mehr als 1000 Männer, Frauen und Kinder getötet und mehr als 200 Menschen als Geiseln genommen wurden. Bei einer Schweigeminute wurde der Opfer gedacht.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisierte Versuche, die Angriffe zu relativieren. Das sei kein Freiheitskampf, das sei menschenverachtender Terrorismus. „Wer jüdisches Leben angreift, greift unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung an und das werden wir uns nicht gefallen lassen.“

In vielen weiteren Städten waren Gedenkveranstaltungen geplant, etwa Gedenkveranstaltungen in Bamberg und Schweinfurt sowie eine Solidaritätskundgebung mit Israel in Hof. Bereits am Mittwoch hatte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in Würzburg vor aufflammendem Judenhass in Deutschland gewarnt.

© dpa-infocom, dpa:231109-99-891414/2


Von dpa
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