Rentner als Verlierer bei Energieentlastungen? | FLZ.de

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Veröffentlicht am 22.04.2022 16:26

Rentner als Verlierer bei Energieentlastungen?

Gerade Menschen mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen. (Foto: Jens Wolf/zb/dpa)
Gerade Menschen mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen. (Foto: Jens Wolf/zb/dpa)
Gerade Menschen mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen. (Foto: Jens Wolf/zb/dpa)

Viele Rentner drohen vor dem Hintergrund stark gestiegener Energiepreise bei einem geplanten Entlastungsschritt leer auszugehen - deswegen steigt nun der Druck auf die Ampel-Koalition.

Sozialverbände sowie Ökonomen forderten die Bundesregierung auf, dass die geplante Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro auch für Rentner gelten soll. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, sagte am Freitag in Berlin, bei der Pauschale vergesse die Koalition wieder einmal die Rentnerinnen und Rentner.

„Gerade Seniorinnen und Senioren mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen, weil sie am Ende des Monats nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen“, so Bentele. „Die Preissteigerungen sind für diese Menschen ein großes Problem.“ Deshalb fordere der VdK einen Aufschlag auf die Rente von 300 Euro, der direkt ausgezahlt werde.

Die Chefs der Wirtschaftsforschungsinstitute DIW und IW sagten der „Rheinischen Post“, die Energiepreispauschale dürften nicht nur Erwerbstätige bekommen. „Die Energiepauschale ist ein sehr gutes Instrument. Allerdings sollte es nicht nur Beschäftigten, sondern allen Menschen zugutekommen“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Auch müsse die Pauschale deutlich erhöht werden. „Denn über die kommenden zwei Jahre werden die zusätzlichen Energiekosten der meisten Menschen die 300 Euro um ein Vielfaches übersteigen.“ Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, sagte: „Es gibt keinen Grund, die Rentnerhaushalte davon auszunehmen.“

Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, hatte bereits direkt nach den Beschlüssen darauf verwiesen, dass die Energiepauschale nur steuerpflichtigen Erwerbstätigen zugutekommen solle. „Das schließt den weit überwiegenden Teil der Rentnerinnen und Rentner aus“, hieß es in einem offenen Brief an die Vorsitzenden der Ampel-Parteien sowie Bundesminister. Dies sei eine „große Leerstelle“, die nicht akzeptabel sei.

Der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth, sagte der dpa am Freitag, in der Tat sei es sehr bedauerlich, dass die Rentnerinnen und Rentner nicht bei der Energiepreispauschale Berücksichtigung gefunden hätten. „Augenscheinlich gab es da große Widerstände aus dem Finanzministerium“, sagte er mit Blick auf Ressortchef Christian Lindner (FDP).

Kurth verwies aber auf die Rentenerhöhung zum 1. Juli. Die Renten steigen um 5,35 Prozent in Westdeutschland und um 6,12 Prozent in Ostdeutschland. Diese Erhöhung sollte trotz der hohen Inflation „nicht kleingeredet“ werden. Kurth nannte außerdem die temporäre Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe sowie die drastische Ticketpreissenkung im Bereich des ÖPNV für drei Monate.

Der FDP-Angeordnete Christoph Meyer sagte, auch die Rentner würden von der Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe sowie dem 9-Euro-Monatsticket profitieren. Er verwies ebenfalls auf die kräftige Rentenerhöhung. Die Koalition lasse die Rentner nicht im Stich.

In einem ersten Entlastungspaket hatte die Koalition bereits beschlossen, dass im Sommer die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms über die Stromrechnung abgeschafft wird - davon profitieren auch Rentner. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam in einer Studie aber zum Ergebnis, dass für Rentnerinnen und Rentnern nur ein geringer Teil der energiepreisbedingten Mehrausgaben staatlich ausgeglichen werde. Die steigenden Renten würden die gestiegenen Preise nicht ausgleichen. Auch müsse man mit beachten, dass die Renten im vergangenen Jahr nicht gestiegen seien.

© dpa-infocom, dpa:220422-99-06269/2

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