Wenn die Karriere festhängt, die Gedanken sich im Kreis drehen oder eine neue Jobposition für Unsicherheit sorgt, suchen sich viele Menschen einen Coach. Der Markt ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Allein in Westeuropa stieg die Zahl der Coaches innerhalb von drei Jahren um mehr als die Hälfte, zeigt eine Studie der International Coaching Federation.
Allerdings ist nicht jeder, der sich Coach nennt, seriös. „Besonders bei Business-Coachings ist das ein sehr großes Problem“, berichtet Karolina Wojtal, Co-Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland. „Gerade wer im Internet unterwegs ist, gerät über Werbung, wie etwa auf Youtube, schnell an unredliche Angebote.“
Eine total sichere Business-Methode oder passives Einkommen über mehrere tausend Euro pro Monat - das sind Versprechen, die manche der Coaches machen. Oft sind es junge Männer, die teure Autos fahren oder ihre Videos in schicken Hotels aufnehmen. Allerdings erfüllen sich die Verheißungen für ihre Kunden kaum.
Allein beim Europäischen Verbraucherzentrum haben sich Verbraucher mit Verlusten von insgesamt mehr als 250.000 Euro gemeldet. „Oft steckt hinter solchen Coachings ein Schneeball-System. Die Kunden zahlen viel Geld für ein Coaching, das lediglich ganz banale Inhalte vermittelt. Dann im zweiten Schritt sollen sie wiederum neue Kunden werben. An diesen Einnahmen werden sie beteiligt.“
Das Problem ist: Coach darf sich in Deutschland jeder nennen. Vom Achtsamkeits- übers Business- bis zum Naturcoaching ist alles möglich. Eine einheitliche Ausbildung, Kontrolle oder eine Aufsicht gibt es nicht. „Eine Abgrenzung zu den seriösen Coaches ist dadurch schwierig“, sagt auch Lutz Salamon, Vorstandsvorsitzender des Roundtable Coaching, dem Dachverband der Coaching-Verbände. Nach Schätzungen des Dachverbands gibt es in Deutschland etwa 14 000 ausgebildete und professionelle Coaches, dazu kommen weitere 50.000, die sich selbst so nennen.
Unter einem Coaching versteht Salamon auch etwas gänzlich anderes als es manche Business-Coaches im Internet versprechen. Statt ums schnelle Geld gehe es um eine persönliche Entwicklung, die ein Coach in einem Prozess begleite. Seriöse Anbieter sind häufig in Verbänden organisiert - doch in der Coaching-Branche gibt es etwa 35 Stück. Auch das trägt nicht dazu bei, den Markt transparenter zu machen.
Salamon empfiehlt die fünf Verbände als erste Anlaufstelle, die Mitglied im Roundtable Coaching sind. „Die Mitglieder haben gemeinsame Standards vereinbart und schauen sich bei der Umsetzung gegenseitig auf die Finger.“ Coaches müssen zum Beispiel konkrete Anforderungen an ihre Coaching-Kompetenz erfüllen und ihre Arbeitspraxis nachweisen. Allerdings sind bislang nur etwa 2000 Berater so zertifiziert worden.
Wer sich für einen Anbieter entscheidet, sollte am besten einen schriftlichen Vertrag schließen, der genau aufschlüsselt, was im Coaching geplant ist. Also zum Beispiel die Stundenzahl, die voraussichtlich nötig ist, in welchen Abständen sich Coach und Kunde treffen und wie lange sich das Coaching insgesamt wahrscheinlich hinziehen wird. Auch Verschwiegenheitsregeln und Vereinbarungen bei Absagen sollten sich darin finden.
„Wichtig ist, dass beide Seiten das Coaching jederzeit beenden dürfen, damit es keine Zahlungsverpflichtung ohne Leistung gibt“, rät Salamon. Auf Nachfrage sollte außerdem jeder Anbieter erklären können, wie sich das Honorar zusammensetzt. Durchschnittlich verlangen Coaches knapp 170 Euro pro Stunde, zeigt die aktuelle Rauen Coaching-Marktanalyse. Allerdings kann das Honorar, je nach Berufserfahrung, deutlich davon abweichen.
Zur Vorsicht rät Verbraucherschützerin Wojtal, wenn ein Kunde einen Vertrag sofort unterschreiben oder die Kreditkartendaten herausrücken soll. „Verdächtig ist auch, wenn ein Coach auf eine große Vorkasse oder den Kauf eines großen Pakets besteht. Da sollte man lieber die Finger von lassen oder sich noch mal mit Familie oder Freunden beraten.“
Wer dennoch auf ein unseriöses Angebot hereingefallen ist, sollte möglichst schnell dem Vertrag widersprechen. „Man darf auf keinen Fall am Coaching teilnehmen und sich auch nicht vom Coach am Widerruf hindern lassen. Das versuchen nämlich einige.“ Manche Anbieter wollen gar das Widerrufsrecht aushebeln.
Normalerweise kann ein Vertrag, der per Fernabsatz geschlossen wurde, innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden. Dazu zählen auch Verträge, die online vereinbart worden sind. Das geht einfach schriftlich und formlos, eine E-Mail reicht. Falls die Leistung, in diesem Fall das Coaching, aber sofort beginnt, ist das nicht mehr möglich.
„Das entsprechende Häkchen beim Abschluss setzen die Coaches oft sogar selbst, ohne den Verbraucher ausreichend auf die rechtlichen Folgen eines solchen Verzichts hinzuweisen. Das ist rechtlich unwirksam, Verbraucher sollten sich davon also nicht irritieren lassen und weiterhin auf ihr Widerrufsrecht beharren“, so Wojtal.
Um sich gegen mögliche Forderungen zu wehren, ist es sinnvoll - falls möglich - die Kommunikation mit dem Coach zu dokumentieren. Alle Unterlagen, gegebenenfalls Konversationen in Chats oder selbst die Anzeige können gespeichert werden. Wer alleine nicht weiterkommt, kann sich für Hilfe an die Verbraucherzentralen oder Schlichtungsstellen wenden.
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