Die SPD will nach einem Sieg bei der Bundestagswahl fast alle Bürger entlasten, massiv Investitionen anschieben und dafür sorgen, dass das Leben bezahlbar bleibt. „Als SPD sind wir fest davon überzeugt: Soll es Deutschland besser gehen, dann muss es jedem Einzelnen im Land besser gehen“, heißt es im Entwurf für das Wahlprogramm, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Am Dienstag soll er im Willy-Brandt-Haus vom Parteivorstand beschlossen werden.
„Wir kämpfen für dich“, verspricht die SPD darin. Diese kämpferische Haltung dürfte angesichts der aktuellen Umfragen auch nötig sein - denn die Sozialdemokraten liegen weiter deutlich hinter der Union. Zuletzt allerdings holte die SPD in mehreren Umfragen leicht auf. Demnach kommt die Partei von Kanzler Olaf Scholz auf 15 bis 17 Prozent, die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf 31 bis 34 Prozent. Mit diesen Themen blasen die Sozialdemokraten zur Aufholjagd:
95 Prozent der Steuerzahler sollen entlastet werden. Wie das genau passieren soll, bleibt aber vage. Unter anderem soll die Mehrwertsteuer auf die meisten Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent gesenkt werden. Zugleich will die SPD bei denen stärker zulangen, die viel Geld haben: Superreiche mit Vermögen über 100 Millionen Euro sollen eine Vermögensteuer zahlen.
Auch die Besteuerung von Erbschaften, Immobiliengewinnen und Finanztransaktionen soll neu geregelt werden. Der Solidaritätszuschlag für Bürger mit höheren Einkommen soll bleiben.
Für mehr Investitionen in Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungsbau will die SPD einen sogenannten Deutschlandfonds einrichten, aus dem Beteiligungen und Darlehen finanziert werden. Der Staat soll 100 Milliarden Euro einzahlen, die kreditfinanziert sind, aber als finanzielle Transaktion außerhalb der Schuldenbremse laufen. Zugleich soll der Fonds auch privates Kapital zum Beispiel von Versicherungen und Pensionskassen aufnehmen können.
Außerdem plant die SPD eine Investitionsprämie: Investitionen in Maschinen und Geräte sollen mit zehn Prozent der Anschaffungssumme über eine Steuererstattung gefördert werden.
Die SPD verspricht bezahlbare Energie für Unternehmen. Dafür will sie die wegen des Stromnetzausbaus steigenden Netzentgelte zuerst stabilisieren, dann „schnellstmöglich“ auf drei Cent pro Kilowattstunde deckeln.
Zur Unterstützung der Autoindustrie soll der Kauf eines in Deutschland produzierten E-Autos zeitlich befristet mit einem Steuerabzug gefördert werden, nicht nur für Neuwagen, sondern auch für junge Gebrauchte und Leasingmodelle.
Die SPD will spätestens ab dem Jahr 2026 einen Mindestlohn von 15 Euro. Die Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachliche Gründe soll untersagt werden - und die Sachgründe kritisch überprüft.
Bei Arbeitslosen sollen Zeiten für Qualifizierung nicht mehr auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds angerechnet werden. Außerdem will die SPD ein Recht auf Weiterbildung und beruflichen Neustart in allen Lebensphasen durchsetzen.
Die SPD findet es richtig, für langfristige Investitionen Kredite aufzunehmen. In der Schuldenbremse sollen dafür Ausnahmen geschaffen werden. Außerdem sollen die Länder auch Kredite aufnehmen dürfen. Regelungen für Notlagen und Wirtschaftsflauten sowie Vorgaben zur Tilgung sollen angepasst werden.
Die im nächsten Jahr auslaufende Mietpreisbremse soll entfristet werden. Indexmieten sollen statt an die Inflationsrate an die Entwicklung der Kaltmieten gekoppelt werden. In angespannten Wohnlagen sollen die Mieten innerhalb von drei Jahren nur noch um sechs Prozent steigen dürfen. Der Vermieter soll nicht mehr die gesamte Grundsteuer auf seine Mieter umlegen dürfen. Außerdem sollen Einheimische, vor allem junge Familien, von ihren Kommunen vergünstigtes Bauland bekommen.
Die SPD will das Rentenniveau bei 48 Prozent festschreiben - dazu gab es in der zerbrochenen Ampel-Koalition bereits einen Vorstoß, der aber aktuell auf Eis liegt. Staatliche Förderung für private Altersvorsorge sollen vor allem die bekommen, die sich das sonst nicht leisten könnten. Eine Anhebung des Rentenalters lehnen die Sozialdemokraten ab.
Die SPD will eine Familienstartzeit: Für die ersten zwei Wochen nach der Geburt sollen sich Partner und Partnerinnen bei voller Lohnfortzahlung freistellen lassen können. Bei Fehlgeburten soll es einen gestaffelten Mutterschutz geben.
Beim Elterngeld soll es stärkere Anreize für Väter geben: Jeder Elternteil soll Anspruch auf sechs nicht übertragbare Monate Elterngeld haben - und zusätzlich sollen sechs Monate frei auf beide Elternteile verteilt werden können.
Es soll für privat und gesetzlich Versicherte keine Unterschiede bei Wartezeiten und Behandlungsmöglichkeiten mehr geben. Die SPD verspricht eine „Termingarantie der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen“. Der Eigenanteil für die stationäre Langzeitpflege soll auf 1.000 Euro im Monat gedeckelt werden.
In allen Großstädte sollen Fernzüge halten, es soll mehr ICE-Sprinter, Nachtzüge und europaweite Schnellzugverbindungen geben. Das Deutschlandticket soll dauerhaft angeboten werden.
An jedem Supermarktparkplatz und an jeder Tankstelle soll es Schnellladesäulen für E-Autos geben. Auf Autobahnen soll ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde gelten. Der Führerschein soll billiger werden - durch einen staatlichen Zuschuss von 500 Euro für alle jungen Leute im 17. Lebensjahr. Das Geld sollen sie aber auch für Bahntickets nutzen dürfen.
Die SPD will beim Klimaschutz mehr auf gemeinschaftliche Lösungen wie stadtteilübergreifende Wärmenetze setzen und weniger auf den einzelnen Bürger. Staatliche Förderung sollen vor allem diejenigen bekommen, die sich den Umstieg auf klimafreundliche Technologien wie eine Wärmepumpe oder ein E-Auto sonst nicht leisten können. „Dann aber auch so viel, wie gebraucht wird“, verspricht die SPD.
Die Personalstärke bei den Sicherheitsbehörden soll weiter ausgebaut und der Schutz vor sexueller Gewalt und vor Hasskriminalität durch Gesetzesverschärfungen verbessert werden. Der Schutz vor Diskriminierung im Grundgesetz soll auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität erweitert werden.
Die SPD setzt sich zwar für „rasche wie konsequente Abschiebungen“ insbesondere von Straftätern ein, bevorzugt aber weiterhin die freiwillige Rückkehr von Migranten ohne Bleiberecht in ihre Herkunftsländer. Der Verlagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der Europäischen Union erteilt sie dagegen eine klare Absage.
In die Verteidigung sollen auch künftig „mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ fließen. Das entspricht dem derzeitigen Nato-Ziel mit Luft nach oben. Außerdem enthält das Programm ein klares Bekenntnis zu der auch innerhalb der SPD umstrittenen Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Sommer beim Nato-Gipfel überraschend mit dem scheidenden US-Präsidenten Joe Biden ausgehandelt hat.
Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnt die SPD ab. Sie will aber einen „neuen, flexiblen Wehrdienst“ einführen, der freiwillig ist und sich „am Bedarf der Bundeswehr“ orientieren soll. Details werden allerdings nicht genannt. Junge Leute haben bereits jetzt die Möglichkeit, freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr zu leisten.
Die Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Land sollen „mit Besonnenheit und Augenmaß“ fortgesetzt werden. Dabei soll aber die Maxime gelten, dass Deutschland und die Nato nicht zur Kriegspartei werden. Dazu gehört auch: Die von der Ukraine schon im vergangenen Jahr erbetenen Taurus-Marschflugkörper werden nicht geliefert.
Zur aktuellen Diskussion über einen Nato-Beitritt der Ukraine, eine Friedenstruppe im Fall eines Waffenstillstands oder andere Sicherheitsgarantien für die Ukraine enthält das Wahlprogramm nichts.
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