Für Wärmepumpen kann sich Robert Habeck begeistern, in einem fast schon erstaunlichen Ausmaß. „Ein Superprodukt Made in Germany, das sich in jeder Hinsicht rechnet“, nennt er die Anlagen, die Wärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich nutzen. Dabei hat ihm das monatelange Gewürge um das Heizungsgesetz massiv geschadet im vergangenen Jahr.
Braun gebrannt und gut gelaunt geht Habeck ein Jahr später in die Offensive. Drei Tage lang ist er auf Pumpen-Tour durch Norddeutschland. Den Ton setzt er beim Werksbesuch beim Wärmepumpen-Spezialisten im niedersächsischen Holzminden: „Die Wärmepumpe sorgt dafür, dass der Wert von Gebäuden zunimmt. Eine Wärmepumpe spart Geld.“
Solche Unterstützung kann die Branche gut gebrauchen, wenn sie denn hilft. Denn der Absatz der Geräte ist zuletzt massiv eingebrochen, das Ziel der Bundesregierung von jährlich 500.000 installierten Wärmepumpen ab 2024 dürfte schon im ersten Jahr krachend verfehlt werden.
Gerade einmal 90.000 Wärmepumpen wurden nach Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) im ersten Halbjahr verkauft. Das ist ein Minus von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bis zum Jahresende rechnet der BDH mit maximal 200.000 verkauften Wärmepumpen.
Das trifft auch Stiebel Eltron, wo sich zu Habecks Besuch rund 25 Vertreter von IG Metall und Betriebsrat versammelt haben, die um ihre Stellen fürchten. „Wir wollen einfach nur, dass die Politik zu ihrem Wort steht“, sagt die Holzmindener Betriebsratsvorsitzende Elke Grimme. Zu unberechenbar sei das alles, meint sie und verweist auf die jüngste Förderkürzung für Energieberatungen. Außerdem müssten die Strompreise runter. Auf dem Vorplatz diskutiert Habeck mit Grimme und ihren Mitstreitern.
Um Stellenabbau werde das Unternehmen nicht herumkommen, räumt der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Stiebel ein - wenn auch nicht in der Größenordnung von 1.000 Stellen, über die das „Handelsblatt“ schrieb. Seit März ist ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit. Stiebel Eltron hat an seinen deutschen Standorten nach Angaben von Unternehmenssprecher Henning Schulz ungefähr 2.600 bis 2.700 Mitarbeiter und weltweit ungefähr 5.500.
Der Kuchen sei kleiner geworden, aber Stiebel Eltron halte mittlerweile ein größeres Stück, sagt Schulz. Seine Firma sei gar nicht darum herumgekommen, in den vergangenen Jahren massiv Stellen aufzubauen. „Die haben uns die Wärmepumpen aus der Hand gerissen.“ Ohne den Aufwuchs hätte man Marktanteile verloren.
Die aktuelle Flaute folgt auf ein Rekordjahr: 356.000 Wärmepumpen wurden 2023 verkauft. Und der Einbruch trifft auch Gasheizungen, hier fiel der Absatz im ersten Halbjahr um 42 Prozent auf 223.000 Geräte. Für die Käufer im vergangenen Jahr dürften die als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stark gestiegenen Gaspreise eine Rolle gespielt haben - aber auch Unsicherheiten über das damals heftig diskutierte Heizungsgesetz.
Das neue Heizungsgesetz sieht generell vor, dass von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Die Regelungen greifen aber zunächst nur für Neubauten in einem Neubaugebiet. Funktionierende Heizungen können weiter betrieben werden. Unklar ist in vielen Kommunen noch, ob Fernwärme eine Alternative für Betroffene sein könnte.
Die ganze Branche ist in Sorge. „Die aktuelle Marktsituation ist für die Heizungsindustrie eine Herausforderung“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), Markus Staudt, auf Anfrage der dpa. Viele Unternehmen hätten in den vergangenen zwei Jahren umfangreiche Investitionen in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten getätigt in der Erwartung einer politisch gewollten Entwicklung.
Wie sehr sich der Markteinbruch auf die einzelnen Unternehmen auswirke, hänge auch vom Grad der Spezialisierung und der eingeschlagenen Strategie ab. „Dies hat aktuell zu weitreichenden Maßnahmen hinsichtlich der Nutzung von Kurzarbeiterprogrammen und weiteren Einsparmaßnahmen geführt.“
Wie weit diese ausgeweitet oder verschärft werden müssten, hänge von der Entwicklung in den kommenden Monaten und der jeweiligen Strategie der Unternehmen ab. Der Industrieverband bleibt vorsichtig optimistisch: „Wir rechnen mit einer Stabilisierung des Marktes, sehen aber bis dato noch keine Anzeichen für eine signifikante Besserung.“ Allein der Anstieg der genehmigten Förderanträge im Juni lasse vorsichtig hoffen.
Nicht nur Stiebel hat zu kämpfen. Die Klimatechnik-Tochter von Bosch hat zuletzt eine deutliche Delle bei den Wärmepumpen-Bestellungen verzeichnet. Hierzulande war die Nachfrage Ende 2023 und zu Beginn dieses Jahres nach früheren Angaben von Spartenchef Jan Brockmann stark eingebrochen - unter anderem wegen der lange unklaren Heizungsförderung und der Krise im Bausektor. Für die zweite Jahreshälfte hatte er sich aber vorsichtig zuversichtlich gezeigt.
Zu Jahresbeginn hatte Bosch-Chef Stefan Hartung die Wechselhaftigkeit der Politik auch beim Thema Wärmepumpe als „Gift für langfristige Kaufentscheidungen“ kritisiert. Mit der vollständigen Wirkung des Heizungsgesetzes in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts rechnet der schwäbische Technologiekonzern mit einem nachhaltigen Schub für die Elektrifizierung im Heizungsmarkt. Verkaufszahlen nennt die Bosch Home Comfort Group, die bis Frühjahr 2023 Bosch Thermotechnik hieß, nicht.
Bis Ende des Jahrzehnts will Bosch mehr als eine Milliarde Euro in seine Wärmepumpen-Produktion in Europa stecken. So wird etwa ein Standort in Portugal ausgebaut, und in Polen entsteht bis 2027 eine neue Fabrik. Stellenstreichungen wie in anderen Bosch-Geschäftsbereichen in Deutschland waren zuletzt kein Thema.
Im Gegenteil: Erst Ende Juli hatte Bosch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimatisierung den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte verkündet. Für 7,4 Milliarden Euro übernimmt die Gruppe Teile des irischen Gebäudetechnik-Konzerns Johnson Controls - unter anderem, um sich global besser aufzustellen. Das Unternehmen geht davon aus, dass der weltweite Markt für Produkte in dem Bereich bis 2030 um 40 Prozent wachsen wird.
Auch der Heiztechnik-Hersteller Vaillant hat mit der Absatzflaute zu kämpfen. Schon Mitte Mai kündigte der Familienkonzern an, weltweit rund 700 Stellen in der Verwaltung abbauen zu wollen, davon 300 in Deutschland. Begründung: Man wolle das Unternehmen damit an die neue Nachfragesituation und die künftigen Markt- und Kundenanforderungen ausrichten.
Auswirkungen hat die verhaltene Nachfrage auch auf die Produktion bei Vaillant: Mitte Juli sagte der Geschäftsführer von Vaillant Deutschland, Tillmann von Schroeter, dem Medienhaus Ippen, dass man sich mit rund 100 Personen in Teilen der Produktion noch in Kurzarbeit befinde - von insgesamt 5.000 Beschäftigten in Deutschland. „Mittelfristig rechnen wir damit, dass das Geschäft mit Wärmepumpen wieder anziehen wird“, sagte von Schroeter in dem Interview weiter.
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