Tausende demonstrieren für Geiseln und gegen Netanjahu | FLZ.de

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Veröffentlicht am 09.03.2024 04:32

Tausende demonstrieren für Geiseln und gegen Netanjahu

Angehörige der israelischen Geiseln, die im Gazastreifen von der Hamas festgehalten werden, protestieren in Tel Aviv für deren Freilassung. (Foto: Ariel Schalit/AP/dpa)
Angehörige der israelischen Geiseln, die im Gazastreifen von der Hamas festgehalten werden, protestieren in Tel Aviv für deren Freilassung. (Foto: Ariel Schalit/AP/dpa)
Angehörige der israelischen Geiseln, die im Gazastreifen von der Hamas festgehalten werden, protestieren in Tel Aviv für deren Freilassung. (Foto: Ariel Schalit/AP/dpa)

Tausende Menschen haben in Tel Aviv und anderen israelischen Städten für die Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der Hamas und gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstriert. Die Kundgebung der Geiselfamilien im Zentrum von Tel Aviv stand im Zeichen des Internationalen Frauentages, der weltweit am Vortag begangen worden war. Unter dem Motto „19 Frauen in der Gewalt der Hamas“ sprachen Verwandte von weiblichen Geiseln und Opfern der Hamas-Gewalt und eine junge Frau, die im November freigekommen war, zu den Teilnehmern der Kundgebung.

Wenige Hundert Meter entfernt demonstrierten mehrere Tausend Menschen gegen die Netanjahu-Regierung. Nahe dem Sitz des Verteidigungsministeriums hielt sie die Polizei davon ab, eine Stadtautobahn zu blockieren, berichteten israelische Medien. Die Behörde nahm 16 Demonstranten fest. Die Regierungsgegner werfen Netanjahu eine verfehlte und nur auf die eigenen Interessen bedachte Politik vor. Diese habe dazu geführt, dass das Land unvorbereitet war, als die islamistische Hamas und andere extremistische Gruppen am 7. Oktober den Süden Israels überfielen. Die Terroristen töteten 1200 Menschen und verschleppten weitere 250 als Geiseln. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen.

Hunderte Menschen demonstrierten vor der Residenz von Staatspräsident Izchak Herzog in Jerusalem. Auch sie verlangten Freiheit für die Geiseln. In Caesarea nahe Tel Aviv zog eine große Menschenmenge vor eine private Villa Netanjahus. Einer der Redner, ein ehemaliger General, sagte auf den Regierungschef bezogen: „Deine Politik zielt nur auf eines ab: um jeden Preis an der Macht zu bleiben, und der Krieg dient deinen Zwecken bestens.“

Mossad sieht kein Interesse der Hamas an Feuerpause

Etwas mehr als 100 Geiseln waren im vergangenen November bei einem Austausch gegen Palästinenser in israelischen Gefängnissen freigekommen. Die Umstände, unter denen die Hamas die verschleppten Menschen im Gazastreifen festhält, werden als horrend beschrieben. Nach israelischen Schätzungen befinden sich noch 134 Geiseln, unter ihnen rund 20 Frauen, in der Gewalt der Terroristen. Von den Geiseln dürften aber nach israelischen Angaben nur noch rund 100 am Leben sein. Indirekte Verhandlungen über eine zeitweilige Waffenruhe und eine weitere Geiselfreilassung stecken derzeit in einer Sackgasse.

Die Hamas ist nach Einschätzung des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad derzeit an keiner Waffenruhe im Gaza-Krieg interessiert. Vielmehr sei die islamistische Organisation bestrebt, „die (Nahost-)Region im (muslimischen Fastenmonat) Ramadan in Brand zu setzen“, sagte Mossad-Chef David Barnea in einer Erklärung, die das Ministerpräsidentenamt am Samstagabend veröffentlichte. Zugleich bleibe Israel mit den Vermittlern USA, Katar und Ägypten in Verbindung und kooperiere mit ihnen, hielt die Erklärung fest.

Israel will Bau von Schiffsanlegestelle koordinieren

Die israelische Armee hat sich bereiterklärt, zusammen mit den US-Streitkräften den Bau einer provisorischen Schiffsanlegestelle an der Mittelmeerküste des Gazastreifens zu koordinieren. Humanitäre Hilfe könne dann nach entsprechender Inspektion durch Israel auf dem Seeweg nach Gaza gelangen, sagte Militärsprecher Daniel Hagari auf einer Pressekonferenz. Die Verteilung der Hilfsgüter würden anschließend internationale Organisationen übernehmen. Der Krieg gegen die islamistische Hamas gehe unabhängig davon bis zur Zerschlagung ihrer militärischen Fähigkeiten weiter, fügte er hinzu.

Die US-Regierung hatte angekündigt, angesichts der humanitären Notlage in Gaza einen temporären Hafen einrichten zu wollen, um Lebensmittel, Wasser und Medikamente in das Kriegsgebiet zu bringen. Bis dieser einsatzfähig ist, werde es etwa 60 Tage dauern, sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums.

Die humanitäre Lage der Menschen in Gaza spitzt sich seit Wochen dramatisch zu. UN-Vertreter hatten zuletzt vor dem Hungertod Tausender Zivilisten im Gazastreifen gewarnt. Auslöser des Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben.

Israels Militär: Dutzende Hamas-Kämpfer getötet

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben in den vergangenen 24 Stunden im Gazastreifen Dutzende Kämpfer der islamistischen Hamas getötet. In der südlichen Stadt Chan Junis schalteten israelische Truppen in Nahkämpfen und durch Luftschläge 20 Hamas-Milizionäre aus, teilte die Armee mit. Bei gezielten Einsätzen seien militärische Einrichtungen des Gegners zerstört und eine nicht näher genannte Zahl von Kämpfern gefangen genommen worden. Im mittleren Gazastreifen töteten israelische Truppen der Mitteilung zufolge mindestens zehn Hamas-Terroristen.

Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Palästinensischen Quellen zufolge bombardierten israelische Kampfjets in der Nacht ein Hochhaus in Rafah, der am südlichsten gelegenen Ortschaft in dem abgeriegelten Küstenstreifen. Die Bewohner hätten im Vorfeld Warnungen erhalten und sich nicht in dem Gebäude im Zentrum der Stadt aufgehalten, das zerstört wurde, hieß es. Dennoch sei eine nicht näher genannte Zahl von Zivilisten bei dem Angriff auf den Al-Masri-Turm verletzt worden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf örtliche Quellen.

Das israelische Militär bestätigte den Angriff auf das Hochhaus. Es habe eine Planungszelle der Hamas beherbergt, erklärte es der „Times of Israel“ zufolge. Die Terrororganisation habe dort Anschläge auf israelische Soldaten und Raketenangriffe auf Israel vorbereitet.

Infolge des Kriegs kamen in den vergangenen 24 Stunden 82 Palästinenser ums Leben, gab die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde bekannt. 122 weitere Menschen erlitten Verletzungen. Die Zahl der getöteten Palästinenser seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober sei auf 30.960, die der Verletzten auf 72 524 gestiegen. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die in den Krankenhäusern erhobenen Zahlen unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und bewaffneten Kämpfern. 70 Prozent der Opfer sollen aber Frauen, Minderjährige und alte Männer sein. Auslöser des Gaza-Kriegs war ein beispielloses Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im Süden Israels verübt hatten. Bei dem Überfall töteten sie 1200 Menschen und verschleppten weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen.

Habeck ermahnt Israel

Hintergrund der Not im Gazastreifen sind massive Bombardierungen und eine Bodenoffensive Israels in dem Küstengebiet. Das Militär reagiert damit auf das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, bei dem Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel rund 1200 Menschen ermordet und 250 entführt hatten. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bei Israels Militäroffensive bisher mehr als 30.000 Menschen getötet. Die Angaben machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und bewaffneten Kämpfern. Eine große Mehrheit der Opfer seien jedoch Frauen, Minderjährige und alte Männer.

Israel müsse sein Vorgehen im Gazastreifen ändern, sagte Vizekanzler Robert Habeck in New York nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres. „Das heißt nicht, dass sie die Hamas nicht bekämpfen müssen. Aber die Zahl der zivilen Opfer ist zu hoch und die Strategie muss geändert werden.“ Auch die anderen Berliner Kabinettsmitglieder würden die Lage so sehen, fügte er hinzu.

© dpa-infocom, dpa:240309-99-274533/8


Von dpa
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