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Veröffentlicht am 03.08.2023 08:58

Warum Hornissen dieses Jahr oft gesichtet werden

Eine Hornisse frisst eine Honigbiene. (Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa)
Eine Hornisse frisst eine Honigbiene. (Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa)
Eine Hornisse frisst eine Honigbiene. (Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa)

Sie ist auffallend gelb gestreift und beim Fliegen gibt sie ein tiefes Brummen von sich. Dass eine Hornisse manchen Menschen Angst einjagt, kann die Insektenexpertin Tarja Richter verstehen. „Sie ist groß, summt laut, und das klingt auch sehr bedrohlich.“

Und dann ist da noch der verbreitete Irrglaube, dass sieben Hornissenstiche ein Pferd töten könnten - und drei einen Menschen. Dabei sind Hornissen nicht nur sehr friedfertig, sondern auch viel scheuer als ihre lästigen Wespen-Verwandten, die im Sommer oft beim Grillen oder Eisessen stören.

Trotzdem wurden in diesem Frühsommer deutlich mehr Europäische Hornissen (Vespa crabro) bei der Mitmachaktion „Insektensommer“ gesichtet. Der bayerische Naturschutzverband LBV und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hatten dafür die Menschen in Deutschland aufgerufen, in einem Zeitraum von zehn Tagen im Juni die Insekten in ihrer Umgebung zu zählen. Im Vergleich zum Vorjahr flog die Hornisse 19 Plätze nach vorne und landete auf Rang 11 der am häufigsten beobachteten Insekten.

Zählaktion geht in zweite Runde

Vom 4. bis 13. August geht die Zählaktion in eine zweite Runde. Die Wahrscheinlichkeit, Hornissen zu beobachten, könnte dann sogar noch höher sein, heißt es vom LBV. Denn im Spätsommer erreiche ein Hornissenvolk sein Maximum von bis zu 700 Tieren.

Aber sind Hornissen in diesem Jahr tatsächlich häufiger? Und wenn ja, warum? Im Vergleich zur Gemeinen und zur Deutschen Wespe sei die ebenfalls zu den Faltenwespen zählende Hornisse seltener, erläutert die LBV-Expertin Richter in Hilpoltstein. „Die Bestände haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt aber erholt.“ Das bestätigt der Münchner Bienen- und Wespenkundler Leander Bertsch, der gerade mit anderen Fachleuten die Roten Liste für Wespen überarbeitet. „Hornissen sind besonders geschützt. Gefährdet sind sie aber mittlerweile nicht mehr.“

Dass man die großen Brummer häufiger zu sehen bekommt, könnte nach Ansicht von Richter auch daran liegen, dass Hornissen aus ihrem natürlichen Lebensraum vermehrt in Siedlungen ziehen. Normalerweise nisten sie in Baumhöhlen in lichten Wäldern und an Waldrändern. Weil aber natürliche Baumhöhlen selten geworden seien, suchten sie andere Nistplätze, von denen es in der Nähe des Menschen reichlich gibt: zum Beispiel in Rollladenkästen, alten Schuppen, zwischen Wänden oder in Nischen auf dem Dachboden.

Mit Glück konnte man im Frühsommer - also während der ersten Zählaktion - die bis zu 3,5 Zentimeter große Königin dabei beobachten, wie sie die Umgebung nach einem geeigneten Nistplatz erkundet und weiches Holz als Baumaterial sammelt. Aus den ersten Eiern schlüpfen Arbeiterinnen, die dann den weiteren Nestbau und die Pflege der Larven übernehmen, wie Richter berichtet. Später schlüpfen aus den Eiern Jungköniginnen und Männchen, Drohnen genannt.

Hornissenstich nicht giftiger als der einer Wespe

„Die ausgewachsenen Hornissen sind Vegetarier. Sie ernähren sich von Nektar und Pflanzensäften“, erläuterte Richter. Die Larven werden dagegen mit Insektenfleisch gefüttert. Etwa ein halbes Kilogramm Insekten vertilgt ein Hornissenvolk dem Umweltbundesamt zufolge am Tag - und hält den Menschen damit auch Plagegeister wie Stubenfliegen, Bremsen und Wespen vom Leib. Hornissen sind deshalb äußerst nützlich und keinesfalls so gefährlich, wie der Volksmund ihnen nachsagt: Ihr Stich ist nach Angaben der Fachleute nicht giftiger als der einer Biene oder Wespe.

Entdeckt man ein Nest im Garten oder am Haus, müsse man im Prinzip nichts unternehmen, meint der Wildbienen- und Wespenexperte Christian Schmid-Egger von der Deutschen Wildtier Stiftung in Berlin. „Hornissen sind relativ friedlich. Wenn man ein bis zwei Meter Abstand zum Nest hält, ist das kein Problem.“

Ohnehin stehen die Tiere unter Artenschutz und dürfen nicht getötet werden. Nester dürfen Fachleute nur im Ausnahmefall nach Rücksprache mit den Naturschutzbehörden umsiedeln. Normalerweise erledige sich das Problem im Herbst aber von alleine, erläutert Schmid-Egger. Denn dann sterben alle Hornissen im Nest. Nur die jungen Königinnen überwintern in einem Unterschlupf und bauen im nächsten Jahr in der Regel ein neues Nest an einer anderen Stelle.

Mehr Hornissen gezählt wegen Verzerrung?

Dass mehr Hornissen beim diesjährigen „Insektensommer“ gezählt wurden, könnte auch an einer Verzerrung liegen, meint Schmid-Egger. „Hornissen sind gerade massiv in den Medien.“ Das liegt vor allem an einer invasiven Art, der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina). Diese habe sich in Rheinland-Pfalz und teilweise in Hessen und Baden-Württemberg ausgebreitet. Einzelne Vorkommen gebe es auch in Hamburg. Der Ökologe geht davon aus, dass sich die Art in den nächsten Jahren in ganz Deutschland verbreiten wird. Eine Gefahr für die heimische Hornisse sieht er dadurch bisher nicht.

Die größte Bedrohung für sie sei der Verlust von Lebensräumen, sagt der Münchner Experte Bertsch. „Sie ist angewiesen auf funktionierende Ökosysteme, in denen sie ausreichend Insekten für ihre Larven findet.“ Auch er hält es für möglich, dass die Menschen diesmal beim „Insektensommer“ wegen der Asiatischen Hornisse mehr auf Hornissen geachtet haben. Gleichzeitig gebe es natürliche Schwankungen. „Wenn das Frühjahr warm und insektenreich ist, dann können sich Hornissen gut entwickeln“, sagt er. „Mag auch sein, dass beides zusammenkommt.“ Also ein gutes Hornissen-Jahr und mehr Aufmerksamkeit.

© dpa-infocom, dpa:230803-99-675522/3


Von dpa
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