Er zieht die Augenbraue fragend in die Höhe. „Das habe ich leider nicht verstanden“, sagt er mit freundlicher Männerstimme. Es ist auch eine ziemlich fiese Situation für „Furhat“. Eine ganze Menschentraube hat sich in das „Data Lab“ geschoben und redet wild durcheinander.
Das kann eine Künstliche Intelligenz (KI) schon an ihre Grenzen bringen. Dennoch ist es beeindruckend, was die Programmierer in der Rettistraße in Ansbach mit dem dezent von innen beleuchteten Kopf anstellen können. „Furhat“ hat die finnische Herstellerfirma den Kopf genannt.
Die Zeiten, in denen ein vernünftiges Gespräch mit einem Computerprogramm allenfalls in Science-Fiction-Filmen funktioniert hat, sind vorbei. Das, was Alexa und Co. heute können, ist nur die Spitze des Eisbergs, wie das Ansbacher „Data Lab“ zeigt.
Die Hochschule Ansbach hat im einstigen Telekom-Gebäude ihr interdisziplinäres Forschungs- und Transferzentrum für angewandte KI aufgebaut. Ankit (das Kürzel steht für Ankommen, KI erleben, eintauchen) nennt sich die Einrichtung.
Michelle Skorski schaltet die Sprachausgabe ab. Die vielen Menschen im Raum bringen „Furhat“ durcheinander. Doch im Zwiegespräch funktioniert das Ganze schon sehr gut, versichert sie. Zum Beleg wirft sie auf einen Monitor einen Text.
Der Kopf war schon auf einer Ausbildungsmesse und im Einsatz und hat Fragen zu einer Firma gestellt, die Antworten verarbeitet und eine Zusammenfassung erstellt. Die lässt sich nun auf dem Monitor nachlesen. „Da waren die Leute schon sehr erstaunt“, erzählt Wirtschaftsinformatiker Johannes Scholl von Ankit sichtlich zufrieden.
Die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz sind immens, trotz aller Fortschritte steht die Forschung aber noch immer ziemlich am Anfang. Als Normalmensch ist man heute schon erstaunt, wenn einem im Restaurant, ein Roboter das Essen an den Tisch bringt.
Doch wer meint, es dabei mit echter KI zu tun zu haben, irrt. Das sind eher Spielereien mit klassischen Robotern, erklärt Professor Dr. Sigurd Schacht. Er ist an der Hochschule Ansbach für Sprachtechnologien und kognitive Assistenzsysteme zuständig. Da fällt beispielsweise auch das autonome Fahren mit hinein.
„Wir möchten zeigen dass die KI mitten unter uns ist, also in unser aller Alltag angekommen, und eine Plattform bilden, um diese Technologie regional einzubetten und voranzubringen“, erklärt Scholl. Michelle Skorski und Sudharshan Kamath Barkur sind zwei der Verantwortlichen für „Furhat“. Professor Schacht betreut das Projekt. Zusammen mit Kamath erforscht er die Anwendung von KI-Systemen unter Verwendung von natürlicher Sprache.
Das nächste Projekt, das sie angehen wollen ist eine Zusammenarbeit mit einem Krankenhaus in Mittelfranken. Dabei geht es um die Idee, die KI fit für die Notaufnahme zu machen. Das System soll die Patienten als eine Art Erstanamnese befragen und aus den Antworten eine Rangliste erstellen: Zu wem muss der Arzt zuerst? Wer kann noch warten? Das ist grob die Aufgabenstellung.
Der Weg dorthin wird noch steinig, weiß Michelle Skorski. Allein die unterschiedlichen fränkischen Dialekte erfordern Unmengen an Daten. Hinzu kommt, dass Menschen in der Notaufnahme natürlich auch oft in einer Stresssituation sind und sich deshalb möglicherweise unklar ausdrücken. Da hilft dann möglicherweise auch die Empathie nicht mehr, die dem KI-Kopf einprogrammiert wurde.
Die Bauweise als Kopf mit menschlichen Gesichtszügen hat übrigens einzig den Zweck, die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Denn der sprechende Assistent soll ja mit Menschen interagieren. Der „soziale Roboter“ soll einen „intuitiven Zugang zu dieser spannenden und innovativen Technologie, sowie zur Erforschung von Mensch-Maschinen Interaktion“ möglich machen, heißt es von der Ankit-Truppe.
Schacht ist es wichtig, dass bei allen technischen Möglichkeiten die ethischen Fragen nicht außen vor bleiben. Er sieht vor allem bei Tätigkeiten im Hintergrund, Chancen für die KI. Angst davor, dass die künstlichen Wesen Menschen um ihre Arbeitsplätze bringen könnten hat Scholl nicht. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass jede Automatisierung eher zu zusätzlichen Arbeitsplätzen geführt hat.“
Die Anfänge Künstlicher Intelligenz sind mitunter simpel und lassen sich auf einem Monitor im „Data Lab“ beobachten. „Super Mario“ hüpft fröhlich durch seine virtuellen Welten. Das Besondere: Die Figur steuert ein Computer. Ein zweiter Monitor zeigt die schematische Darstellung, die der Rechner verarbeitet. Ganz ohne grafischen Schnickschnack. Mit jedem Fehler lernt er dazu und arbeitet sich so Stück für Stück vorwärts.
Bei Ankit in der Ansbacher Rettistraße gibt es neben dem „Data Lab“ auch ein „Robotix Lab“ und ein „Embedded Lab“. Dort lassen sich verkleinerte Industrieroboter testen oder mit Bausteinen selbst welche schaffen. Aber auch das Ätzen von Platinen ist möglich. In einem „Open Lab“, das immer am Montag und Dienstag jeweils von 14 bis 18 Uhr stattfindet, kann jeder selbst – gegebenenfalls mit Unterstützung der Ankit-Fachleute – Dinge ausprobieren.
Darüber hinaus bietet die Hochschul-Einrichtung auch verschiedene Aktivitäten für Kinder an. Angst vor Technik soll so erst gar nicht aufkommen. Für Professor Schacht sind auch das ganz wichtige Bausteine, um einem der Hochschul-Aufträge gerecht zu werden: dem Wissenstransfer zu den Menschen und in die Wirtschaft.