Ein starker Beckenboden hat viele Vorteile: Beim Niesen muss man keine Sorge haben, dass ein paar Tropfen in der Unterhose landen. Weniger Schmerzen. Und vielleicht wird auch das Liebesleben lustvoller.
Klingt gut, wirft aber eine Frage auf: Wie sorgt man dafür, dass die Muskelplatte, die das Becken nach unten hin abschließt, stark wird?
Geht es um Beckenbodentraining, fällt oft ein Wort: Aktivierung. Wie die genau funktioniert und wie sich der Beckenboden überhaupt anfühlt - das weiß nicht jeder.
„Der Beckenboden ist einfach etwas anderes als der Bizeps“, sagt Franziska Liesner, Physiotherapeutin in Hamburg. Diesen unsichtbaren Bereich des Körpers muss man meist erstmal kennenlernen - und herausfinden, wie sich das anfühlt.
Die Autorin („Der kleine Beckenboden-Coach“) erklärt, wie die Aktivierung funktioniert: „Man verschließt einmal alle Öffnungen - den After, die Scheide, die Harnröhre. Man stellt sich vor, zum Beispiel eine Blähung festzuhalten, einen Tampon oder Urin.“ Diese drei geschlossenen Öffnungen hebt man dann in sich hoch. Ganz knapp ausgedrückt: zu und hoch.
Doch damit ist es nicht getan: „Das anschließende Loslassen gehört genauso dazu wie das Anspannen“, sagt Liesner. Die Anspannung der Muskulatur soll schließlich kein Dauerzustand sein.
Wer den Beckenboden regelmäßig auf diese Weise aktiviert, stärkt die Muskulatur. Doch: Im Alltag gibt es genug, an das zu denken ist - wie soll man da auch noch den Beckenboden im Blick behalten?
Die gute Nachricht: Für Beckenbodentraining muss man sich kein Zeitfenster im Kalender blocken. Man kann im Büro, im Wartezimmer, an der Supermarktkasse Gutes für seinen Beckenboden tun. Und zwar ohne, dass andere es mitbekommen.
Der Tipp von Physiotherapeutin Liesner: Am besten knüpft man die Mini-Trainingseinheit an Tätigkeiten, die man mehrmals am Tag macht. Hinsetzen und Aufstehen zum Beispiel. „Ganz nach dem Motto: Der Beckenboden setzt sich zuletzt hin - und er steht zuerst wieder auf“, sagt Liesner. Nebeneffekt: So wird der Druck auf die Organe und den Beckenboden reduziert.
Oder: „Immer, wenn man auf der Toilette war, zieht man mit der Hose auch den Beckenboden hoch“, sagt Liesner. Ist der Reißverschluss zu, lässt man wieder los.
Für die Physiotherapeutin ist wichtig: Beckenbodentraining darf spielerisch sein. Das kann auch bedeuten, ihn im Rhythmus des Songs anzuspannen und loszulassen, der gerade im Radio läuft. „Es gibt kein Richtig oder Falsch“, sagt Liesner. „Hauptsache, man macht etwas für den Beckenboden und sitzt nicht nur platt drauf.“
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