Am Horizont war die Erdkrümmung zu erkennen und die Sonne wanderte scheinbar rückwärts: Die Erfahrung eines Flugs mit der Concorde war ein einzigartiges Erlebnis. Vor 20 Jahren, am 24. Oktober 2003, hob das legendäre Passagierflugzeug ein letztes Mal zu einem kommerziellen Flug ab - von New York nach London. Seitdem ist der zivile Überschallflug, auf dessen Entwicklung sich Großbritannien und Frankreich 1962 geeinigt hatten, Geschichte.
Im Cockpit saß damals Mike Bannister. Aus der Sicht eines Piloten sei das Fliegen einer Concorde „wundervoll“ gewesen, erinnert sich der frühere Chefpilot der Concorde-Flotte von British Airways. „Man kann den Atlantik in drei Stunden und zwanzig Minuten überqueren, man fliegt schneller als die Erde sich dreht, (...) man ist am Rande des Alls, wo der Himmel dunkler wird und die Erdkrümmung sichtbar ist“, schwärmt Bannister im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Concorde, die seit 1976 im Liniendienst unterwegs war, resümiert er, sei ein „spektakulärer technologischer Erfolg“ gewesen. Das Vermächtnis lebe in vielen heutigen Flugzeugen weiter, besonders denen des Airbus-Konzerns.
An den allerletzten Flug erinnert er sich jedoch als Balanceakt. „Ich wollte sichergehen, dass wir eine Ausgewogenheit hatten und die 27 Jahre feierten und gleichzeitig dessen gedachten, was in Paris geschehen war“, sagt Bannister.
Der tragische Absturz einer Concorde bei Paris im Juli 2000 mit 113 Toten, davon 97 Deutschen, hatte einen Schatten auf die einst so prestigeträchtigen Flieger geworfen. Dabei war die Ursache nicht die Concorde selbst, sondern ein Metallteil auf der Rollbahn, das von einem anderen Flugzeug abgefallen war. Das Aus bei British Airways, betont Bannister, habe nichts mit dem tragischen Unglück zu tun gehabt. „Die Kosten waren in die Höhe geschossen und die Einnahmen gesunken“, sagte er. Es sei eine rein kommerzielle Entscheidung gewesen.
„Der fliegenden Kugelschreiber“, wie die schlanke Concorde auch genannt wurde, war in die Jahre gekommen, das erhöhte die Wartungskosten. Mit ihrem im Vergleich zu einem herkömmlichen Flieger stark erhöhte Kerosinverbrauch war die extrem laute Concorde ohnehin teuer im Einsatz.
Auf französischer Seite kam das Aus für die Überschall-Flieger einige Monate vor dem allerletzten Flug nach London. Zunächst hieß es in Paris Anfang April noch, Air France werde die Concorde vermutlich ab 2007 nicht mehr fliegen - am 10. April 2003 dann aber verkündeten British Airways und Air France zeitgleich das Ende des Linienverkehrs mit der Concorde, in Frankreich Ende Mai und in Großbritannien Ende Oktober. 2003 verfügte Air France noch über fünf Concorde-Jets, British Airways über sieben Maschinen. Die Fluglizenz lief damals noch bis 2009.
Am Pariser Flughafen Charles de Gaulle setzte der letzte Jet mit der charakteristisch spitzen Nase und den elegant auffächernden Tragflächen am 31. Mai aus New York kommend auf. Hunderte Schaulustige erwarteten die letzte Concorde. Das Menü des letzten Fluges, kreiert von Star-Koch Alain Ducasse, bestand aus Kaviar, Gänseleber und Champagner, Rindfleisch, edlen Weinen und kleinen Törtchen. Serviert wurden sie von der dienstältesten Stewardess, Pierrette Cathala. „Ich werde nie wieder Schauspieler, Prominente, Reiche und Berühmte in diesem schönen weißen Vogel hoch über dem Atlantik bedienen“, sagte sie damals gefasst.
Für Mike Bannister ist noch nicht ausgemacht, dass die Ära des zivilen Überschallflugs ein für alle Mal vorbei ist. Er setzt auf das US-Projekt Boom, das an einem modernen Überschallflugzeug arbeitet, bei dem sowohl die Vorgaben zum Klimaschutz eingehalten werden sollen als auch die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten wird. Bis Ende des Jahrzehnts könnten wieder Passagiere mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit über den Himmel jagen, glaubt er. Der Traum ist noch nicht ausgeträumt.
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