Schon als kleiner Bub war Michael Hauer von Comics fasziniert und investierte sein Taschengeld in den Aufbau einer Sammlung. Vor 30 Jahren hat der heute 57-Jährige sein Hobby zum Beruf gemacht und einen kleinen, aber gut sortierten Comicladen in Ansbach eröffnet. Seine Kunden nehmen weite Anfahrtswege in Kauf.
„Michas Comic-Chaos“ herrscht auf 19 Quadratmetern. Größer ist der gleichnamige Laden von Michael Hauer in der Ansbacher Innenstadt nicht. „Ich habe alles, außer Platz“, scherzt er und zeigt auf ein Labyrinth von Regalen, die sich unter Comicheften und -büchern schier biegen. Neben Neuware verkauft er auch gebrauchte und antiquarische Comics.
Ein großer Bücherleser war er nie, aber Comics haben ihn von klein auf begeistert. Sein Vater Benno hatte früher einen Lebensmittelladen in der Feuchtwanger Straße – mit einem Comicregal. „Da habe ich mir immer ein paar Hefte nehmen dürfen. So legte ich den Grundstock meiner Sammlung“, erzählt der 57-Jährige.
Als er als Auszubildender sein erstes eigenes Geld verdient hat, baute er diese Sammlung aus. Damals habe es noch landauf, landab Comicmessen gegeben, auf denen er Doubletten verkauft und seinen Bestand erweitert habe.
1988 veranstaltete er zusammen mit seinem Freund Andreas Utschig zum ersten Mal die Ansbacher Comicmesse, die sich bis zur Coronakrise gehalten hat. „Seit 2020 konnte die Messe nicht stattfinden, doch für nächstes Jahr planen wir wieder eine“, sagt Hauer. Er habe deswegen schon Kontakt mit den Verantwortlichen des Brücken-Centers aufgenommen, wo die Messe an einem Maisamstag stattfinden soll. Ein konkretes Datum stehe allerdings noch nicht fest.
Als Comicsammler und Messeveranstalter habe er sich im Laufe der Zeit viele wertvolle Kontakte in der Szene aufgebaut und im Jahr 1992 letztendlich seinen Job als Sozialversicherungsangestellter gekündigt, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Damals hatte sich die Möglichkeit ergeben, dass er sich im Haus seiner Oma in der Pfarrstraße einen Laden einrichtet. „Die Lage ist fantastisch“, findet er noch heute. Er hat viele Stammkunden, die er schon seit Jahrzehnten betreut. Sie kommen aus ganz Süddeutschland zu ihm nach Ansbach, andere lassen sich Pakete schicken, um ihre Sammlungen zu erweitern.
Was ihn an Comics begeistert, ist die Vielfältigkeit der Genres, der Stoffe und der Art und Weise, wie die Geschichten gezeichnet sind. Es gibt Comics für Kinder und Erwachsene, in Schwarz-Weiß oder in Farbe, reduziert gezeichnete oder realistisch gemalte. Manche dienen dem trivialen Zeitvertreib, in anderen werden schwere Stoffe – etwa aus der Geschichte – behandelt. Die Bandbreite ist riesig.
Hauer selbst mag frankobelgische Comics besonders gerne – etwa „Spirou und Fantasio“ oder „Asterix“.
Gerade erlebten Comics aus den 1970er und 1980er Jahren in Hardcover eine Renaissance, erzählt er. Schöne Sammelausgaben mit Abenteuern von „Buck Danny“ oder „Der rote Korsar“ sowie Westerngeschichten mit „Leutnant Blueberry“ seien stark nachgefragt. „In den Sammelausgaben wird den Lesern viel geboten.“ Nicht nur die Comics an sich, sondern auch Informationen zu Entstehungshintergründen oder den Zeichnern und Textern.
Ungefähr alle 15 Jahre ändere sich der Markt gewaltig. „Die Leute ändern sich, der Zeitgeist, und damit auch die Sprache.“
Ende der 1990er-Jahre hätten Mangas den deutschen Markt überrollt. Die Begeisterung für die aus Japan stammenden Comics sei hierzulande ungebrochen, weiß Hauer. Der Mangakult habe durch Animes und Serien Unterstützung erfahren. Durchs Internet hätten sich die Interessenten vernetzen können und es gebe viele Cross-Promotion-Artikel wie Spiele oder Kleidung mit Manga-Helden. Derzeit würden sich Manhwas aus Korea auf dem europäischen Markt breitmachen.
Allgemein gehe der Trend weg von kleinen Taschenbüchern hin zu großen Formaten und zu Papertoons. Darunter versteht man Printausgaben von Webcomics.
Als Urvater des Comic werde Wilhelm Busch gesehen, zu dessen bekanntesten gezeichneten Geschichten aus dem späten 19. Jahrhundert „Max und Moritz“ gehören. Der eigentliche Startschuss für Comics sei aber erst im 20. Jahrhundert gefallen – in den USA – mit den ersten Superheldencomics wie „Batman“ und Disney-Geschichten über „Donald Duck“ und „Mickey Mouse“.
Dass sich Figuren im Laufe der Zeit verändern, sei typisch. „Mickey und Donald haben am Anfang ganz anders ausgesehen als jetzt.“
Früher seien eher Slapstickfiguren gezeichnet worden, mit minimalistischen Strichen. Dann seien die Figuren rundlicher geworden und heute handle es sich bei manchen Comics um Kunstwerke perfektionistischer Malerei.
Ursprünglich seien in Comics schnelle Geschichten zur Kurzweil erzählt worden. Heute seien Graphic Novels, also Comicromane in Buchformat sehr beliebt, die auch mal einen anspruchsvollen Stoff auf 200 Seiten behandeln.
Die Szene verändere sich ständig. Daher werde es ihm nie langweilig. Allerdings gibt es auch Trends, die Hauer nicht gefallen: „Die Superheldencomics haben leider an Brutalität gewonnen.“
Als er seinen Laden vor 30 Jahren eröffnete, hatte er gebrauchte Spielsachen als zweites Standbein im Sortiment. Das läuft heute nur noch nebenher. Allerdings hat sich Hauer 2018 dahingehend verändert, dass er die Öffnungszeiten seines Ladens reduziert hat, um einen Halbtagsjob bei der Ansbacher Kreisgruppe des Bund Naturschutz annehmen zu können. Denn in seiner Brust schlagen zwei Herzen: eines für Comics, eines für den Umweltschutz. „Die Bewahrung der heimischen Natur ist mir wichtig“, sagt der Schalkhäuser.
Er betont, er sei nicht der einzige Comicexperte in Ansbach. Sein Freund Andreas Utschig hat sich vor Jahren mit einem Webshop für Comics namens Duckburg Enterprises selbstständig gemacht. „Wir haben ein harmonisches Geschäftsverhältnis und helfen uns gegenseitig.“