Auffällig sind die gelben Straßenschilder mit dem Elch. Auffällig vor allem in ihrer Häufigkeit an den Highways in und um Anchorage. Dazu stehen überall Elchzäune, damit die massiven Tiere mit den dünnen Beinen nicht auf die Schnellstraßen rennen.
Auch Bären schaffen es immer wieder, den Verkehr zu stören. Auf dem internationalen Flughafen etwa, wo sie sich in schöner Regelmäßigkeit auf die Start- und Landebahn verirren.
Es geht noch größer: Einige Meilen aus Alaskas größter Stadt heraus, am Beluga Point entlang des Seward Highway nach Süden, schwimmen im Sommer die Weißwale durch das Wasser des Turnagain Arm, in dem James Cook einst die Nordwestpassage suchte.
Alaska, im äußersten Nordwesten Nordamerikas, ist mit Abstand der größte US-Bundesstaat. Deutschland würde fast fünf Mal hineinpassen. Dafür leben nicht einmal eine Million Menschen in Alaska. Viel Platz und viel Freiheit, auch für die Tiere. Die scheren sich nicht darum, ob sie außerhalb der Stadtgrenzen in der arktischen Natur unterwegs sind oder eben in Ortschaften hineinmarschieren - nachts und tags.
An der Point Woronzof Road etwa, von wo aus man startende und landende Flugzeuge aus nächster Nähe beobachten kann, stehen öfter Elche am Straßenrand. Auch der Kincaid Park und das Campbell Creek Estuary sind gute Orte, in denen man in Anchorage auf nordisches Wildlife treffen kann.
Wer kein Glück hat in der Stadt, setzt sich ins Auto und fährt den Seward Highway entlang. 100 Kilometer südlich von Anchorage werden im Alaska Wildlife Conservation Center verletzte Tiere gesund gepflegt oder zur späteren Auswilderung gezüchtet.
Bären, Wölfe, Moschusochsen, Elche, Büffel, Rentiere: alles Arten, denen man auch in freier Natur begegnen könnte. Sie haben viel Platz auf ihrem jeweiligen Stück Land und einen Lebensraum wie draußen.
Kobuk, ein Schwarzbär, verbringt seine Zeit am liebsten chillend in einem Baum. Die Elche verziehen sich gerne auf ein Schläfchen unter das Dach ihrer Bleibe. Und die Moschusochsen stehen genügsam auf ihrer matschigen Wiese und rupfen die Gräser aus dem Boden.
Insgesamt befinden sich in Alaska schätzungsweise 100.000 Gletscher. Am höchsten ist ihre Dichte im Wrangell-St.-Elias-Nationalpark, der zugleich der größte Nationalpark der USA ist. Die Schweiz fände locker einmal Platz in seiner Fläche.
Aber auch die Gletscher im Prince William Sound, einer großen Bucht im Golf von Alaska, sind einen Trip wert: Der geht in Whittier los - gut 90 Kilometer südöstlich von Anchorage. Whittier ist ein kurioses Dorf, das durch einen einspurigen Tunnel für Autos und Eisenbahn zu erreichen ist und in dem die meisten Einwohner in einem einzigen Hochhaus leben. Viel zu sehen gibt es hier an Land nicht.
Vom Wasser aus kommt man aber aus dem Staunen kaum heraus. „26 Glacier Cruise“ heißt die rund fünfstündige Tour schlicht, auf Deutsch 26-Gletscher-Fahrt - der Anbieter gibt dabei eine Garantie, dass niemand an Bord seekrank wird. „Wir fahren mit modernen Katamaranen in die Fjorde, es schaukelt kaum“, sagt Kapitän Cody Hanna.
Damit die Fahrgäste die 26 Gletscher zu sehen bekommen, kurvt das Schiff mit dem schönen Namen Klondike Express mehr als 200 Kilometer durch das ganzjährig kalte Wasser. An Bord ist ein Ranger, der zur Entstehung der Gletscher und ihrem Kalben erzählt, also wenn Teile von ihnen abbrechen und ins Meer krachen.
Das ist das Spannendste an dieser Tour: als Kapitän Hanna nah an einen Gletscher fährt, ein lautes, dumpfes Rumpeln zu hören ist und auf einmal riesige Eismassen ins Meer stürzen. So passiert es auf unserer Tour etwa am College Fjord und in der Blackstone Bay.
Viele Passagiere sind überrascht, wie die steil aufsteigenden Gletscher von nahem aussehen. Oft sind sie mit Schotter und Dreck durchzogen und nicht so türkis wie auf manchen Bildern. Denn das Eis ist in Bewegung und treibt auch Steine mit sich. Neben den Gletschern sieht man vom Schiff aus verschiedene Vogelarten, Otter, Seelöwen und Schweinswale. „Und wenn die Lachse da sind, dauert es nicht lange, bis auch die Bären und die Wale kommen“, sagt Kapitän Hanna.
Zurück in Anchorage. Wer den Lake Hood direkt neben dem internationalen Flughafen umrundet, findet viele kleine, bunte Holzhütten. Und in jedem Vorgarten: ein Wasserflugzeug. Cessnas stehen da, Otters oder Beavers des Herstellers De Havilland.
Der Lake Hood sei der größte Wasserflughafen auf der Welt, erzählt Pilot Gary Terrazzo von Rust’s Flying Service. So eine Hütte hier wollten viele Leute haben, die Warteliste sei lang. „Bis zu zehn Jahre kann es dauern, bis man eine bekommt.“
Auch Urlauber können vom Lake Hood abheben. Geflogen wird im Sommer, je nachdem, wie es das Wetter zulässt. Der Wind und die Wolken sind ausschlaggebend. Gary, der seit mehr als 35 Jahren fliegt, stattet seine Fluggäste mit dicken Kopfhörern aus, gegen den Lärm in dem kleinen Flieger und für die Kommunikation.
Er schmeißt den Propeller an, und der Flieger gleitet über das Wasser. Ein Gefühl wie in einem Schnellboot. Als die Maschine eine Geschwindigkeit von etwa 100 Stundenkilometern erreicht hat, hebt sie in einer eleganten Kurve mit dem Wind ab. „Das ist der Vorteil eines Wasserflugzeugs“, sagt Gary. „Auf einer Startbahn kann ich nur in zwei Richtungen abheben, hier in 360 Grad.“
In dem kleinen Sechssitzer fühlt sich das Fliegen komplett anders an als in den großen Verkehrsmaschinen. Gary fliegt auf rund 1000 Fuß Höhe, das sind etwa 300 Meter. „Ihr wollt ja etwas sehen“, knackt seine Stimme durch den Kopfhörer.
Das bleigraue Meer, die kleinen Inselchen, die hellgrünen Moose - und plötzlich das gewaltige Geweih eines Elchs zwischen den Nadelbäumen. Die Passagiere sind begeistert und Gary versucht, allen einen guten Blick nach unten zu verschaffen. Robben tummeln sich am Ufer des Pazifik, und immer wieder sind die flachen weißen Köpfe der Belugawale zu sehen, die kurz aus dem Wasser auftauchen.
Der Flug ist aufregend und schnell vorbei. In der guten halben Stunde aber bekommt man ein Gefühl dafür, wie es ist, mit dem Wasserflugzeug die raue Landschaft Alaskas zu erkunden. Und mit 150 Dollar ist dieser Kurztrip noch vergleichsweise erschwinglich.
Reiseziel: Anchorage ist die größte Stadt in Alaska. Sie liegt im Süden des US-Bundesstaats. Rund 300 000 Menschen leben hier, das sind etwa 40 Prozent aller Bewohner Alaskas.
Anreise: Mehrere Airlines fliegen in den Sommermonaten direkt von Deutschland nach Anchorage. Linienflüge gibt es das ganze Jahr mit mindestens einem Umstieg in den USA.
Einreise: Deutsche Urlauber und Urlauberinnen benötigen einen gültigen Reisepass und müssen sich im Internet eine Einreiseerlaubnis (Esta) besorgen. Weiterhin muss in aller Regel eine vollständige Covid-19-Impfung nachgewiesen werden. (Stand: 20.03.2023)
Währung: 1 US-Dollar = 0,94 Euro (Stand: 20.03.2023)
Klima: Die Sommersaison in Alaska ist kurz - und von kühlen Temperaturen geprägt. Im August gibt es oft viel Regen. Wetterfeste und warme Kleidung gehört auch im Sommer ins Gepäck.
Informationen: Travel Alaska (www.travelalaska.com) und Visit Anchorage (www.anchorage.net)
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