Es gibt das „Ehe-Aus“, das „Beziehungs-Aus“ - und seit 2024 auch das „Ampel-Aus“: Die Bezeichnung „Ampel-Aus“ für den Bruch der Koalition von SPD, Grünen und FDP ist das „Wort des Jahres“ 2024. Das teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden mit. Sprachlich interessant sei bei „Ampel-Aus“ die sogenannte Alliteration: Beide Wortbestandteile begännen mit einem großen „A“, sagte der Vorstandschef der Gesellschaft, Peter Schlobinski.
Auf dem zweiten Platz der zehn „Wörter des Jahres“ 2024 landet „Klimaschönfärberei“, also das Bestreben etwa von Unternehmen, Maßnahmen zum Klimaschutz beschönigend hervorzuheben.
Auf Platz drei folgt „kriegstüchtig“, ein Begriff, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim Dringen auf mehr Tempo bei der Modernisierung der Bundeswehr verwendet hat. Anschließend seien Panikmache und Militarisierung befürchtet worden, erklärt Sprachwissenschaftler Schlobinski. „Argumentiert wurde jedoch auch, dass eine realistische Einschätzung von Bedrohungen und entsprechende Vorbereitungen notwendig seien, um Frieden zu sichern.“
Eine rund zehnköpfige Jury der GfdS hat in eineinhalbstündiger Diskussion die Rangfolge der zehn „Wörter des Jahres“ festgelegt, die in den vergangenen Monaten in der gesellschaftlichen und politischen Debatte dominant, prägend und sprachlich interessant waren. Die Häufigkeit ihres Auftauchens sei nicht entscheidend gewesen. Die aus rund 2500 Belegen ausgewählten Wendungen seien auch mit keiner Wertung oder Empfehlung verbunden. Die Vorschläge stammten aus Medien, zudem konnte jeder Begriffe einsenden.
Der Begriff „Rechtsdrift“ belegt Platz vier der „Wörter des Jahres“. Die Verschiebung der politischen Stimmung nach rechts zeige sich schon länger, sagt Schlobinski - 2024 zum Beispiel bei der Europawahl, mehreren Landtagswahlen und bei der US-Präsidenten-Kür.
Bereits 2023 hat die Jury „KI-Boom“ als ein Jahreswort gesehen - nun greift sie die rasante Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz erneut auf: Platz fünf ist 2024 die „generative Wende“, also der Übergang von traditionellen zu fortschrittlicheren KI-Systemen, die laut Schlobinski etwa auch „künstlerische oder kreative audiovisuelle Werke jeder Art produzieren“ können.
Platz 6 belegt die Abkürzung SBGG - sie steht für das neue Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag. Demnach können Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen einfacher ändern lassen. Dafür braucht es nur noch eine Erklärung beim Standesamt.
„Life-Work-Balance“ auf Platz sieben in Abkehr von der „Work-Life-Balance“ bezieht sich auf wohl verschobene Prioritäten besonders jüngerer Frauen und Männer: „Sie sehen es oft nicht mehr ein, zu leben, um zu arbeiten, sondern allenfalls umgekehrt“, erläutert Schlobinski.
Auf Platz acht findet sich das „Messerverbot“ als Bestandteil des verschärften Waffengesetzes, das beispielsweise auf Weihnachtsmärkten greift. Platz neun belegt „angstsparen“, also der Konsumverzicht aus Unsicherheit hinsichtlich der eigenen finanziellen Zukunft, was aber, wie Schlobinski sagt, auch zu einer rückläufigen Zahl verschuldeter Bürger geführt habe. „Deckelwahnsinn“ steht auf Platz zehn - gemeint ist die Vorgabe, dass sich im Sinne des Umweltschutzes Deckel nicht mehr von Plastikflaschen lösen lassen sollen.
2023 stand „Krisenmodus“ bei der Wörter-Zehnerliste der GfdS auf Platz eins. Es folgten damals „Antisemitismus“ und „leseunfähig“. Die GfdS ist eine politisch unabhängige Vereinigung zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache mit Sitz in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Das „Wort des Jahres“ wurde von ihr erstmals 1971 und seit 1977 regelmäßig gekürt.
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